Lieber Radio als Fernsehen

«Seit ich meine Trickfilm-Phase hinter mir habe – also irgendwann zu Jugendzeiten – höre ich lieber Radio, als dass ich ­Fernsehen schaue. Dies ist mir erst im Gespräch mit Freunden bewusst geworden und ich konnte mir auf Anhieb nicht abschlies­send erklären, warum dem so ist. Also habe ich nachgedacht.

– von Mario Stübi

Naheliegend ist sicher meine Vorliebe für Musik, Radios spielen diese dauernd. Auch bevorzuge ich Radionachrichten zur vollen Stunde gegenüber der ‹Tagesschau› am Fernsehen. Für eine ­unspektakuläre Meldung aus der Politik reichen mir drei, vier ­informative Sätze, da braucht es keinen mit Symbol- oder Archiv­bildern unterlegten TV-Beitrag. Zudem kleben meine Augen ­während des Radiohörens nicht an der Mattscheibe, so kann ich mich auf andere Aufgaben konzentrieren, beispielsweise aufs Kochen. Schliesslich gehöre ich zur raren Spezies der Nicht-­Serienjunkies, das interessiert mich einfach nicht. ‹Breaking Bad› beispielsweise mag zwar etwas vom Spannendsten sein, was ­bislang fürs Medium Fernsehen produziert worden ist. Ich halte es hier aber wie mit den Drogen, ich fange gar nicht erst damit an.

‹Ich gehöre ich zur raren Spezies der Nicht-­Serienjunkies. Ich halte es hier aber wie mit den Drogen, ich fange gar nicht erst damit an.›

Eine nicht unwesentliche Ursache für meine Radioliebe ist mir aber erst am Schluss eingefallen: Radios senden keine Werbung – zumindest nicht meine Lieblingssender, das nicht kommerzielle Luzerner Radio 3FACH sowie Virus und Couleur 3 von der SRG. Je älter ich werde, desto mehr geht mir nämlich Werbung und ­insbesondere TV-Werbung auf die Nerven. Nicht selten fühle ich mich für dumm verkauft, wenn ich zum x-ten Mal den selben Spot vorgeführt bekomme. Der Song zur Aldi-Werbung beispielsweise (‹I just wanna be okay, be okay, be okay ...›) macht mich inzwischen fast wahnsinnig. Nicht weil er schlecht wäre, sondern weil ich ihn massiv öfter hören muss als jedes andere Geräusch in ­meinem Alltag. Oder der Schreihals mit seinem ‹Super-Samschtig bi Lidl!›. Oder dass ich ‹Pink› vertrauen und Flecken vergessen soll. Und sowieso: Jeder bislang veröffentlichte Spot für das probiotische Joghurt LC1 gehört für mich auf die Müllhalde ideenloser Werbekonzepte. Es ist mir ein Rätsel, wie Zuschauerinnen und Zuschauer auf diese alte Leier reinfallen können.

So geniesse ich besser weiterhin die Musik und die werbefreie Zone der öffentlichen und nicht kommerziellen Radios der Schweiz und hoffe, dass mir diese Refugien so erhalten bleiben.»

Mario Stübi ist Mitglied der Begleitgruppe srginsider.ch, hat Kulturwissenschaften ­studiert und engagiert sich kulturell und politisch in der Stadt Luzern.

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