Digitalradios sollen zur Standardausrüstung in Autos werden
Sender und Bund wollen DAB+ über die Fahrzeuge stärker verbreiten. Die Automobilbranche verlangt allerdings bessere Empfangsbedingungen vor allem in Tunnels und einen definitiven Abschalttermin für die herkömmliche Analogtechnologie.
– Von Michael Benzing
Die Vorteile des digitalen Radioempfangs via DAB+ liegen auf der Hand: Grösseres Senderangebot und bessere Tonqualität, lokale Sender lassen sich national empfangen. Sogar ein 5.1-Kanal-Sound, wie er im Home-Cinema Standard ist, ist damit möglich. Zudem kann man dank des Displays neben den Tonsignalen auch Zusatzinhalte, beispielsweise CD-Covers, elektronische Programmführer oder noch präzisere und schnellere Verkehrsinformationen als heute übertragen. Keine Frage: Das analoge Radio über UKW geht dem Ende entgegen, die Zukunft gehört dem digitalen Empfang.
Am holprigen Start vor einigen Jahren hat die Branche allerdings noch jetzt zu beissen. Der erste Standard, DAB, wurde recht schnell durch DAB+ ersetzt – Abwärtskompatibilität war allerdings eine Fehlanzeige, also waren die teuren neuen Digitalempfänger ein Fall für die Elektronikentsorgung. Die Verärgerung der Kunden war verständlicherweise gross, eine gewisse Skepsis bleibt bis heute. So eine Aktion, da sind sich alle Akteure einig, werde man sich nicht noch einmal erlauben können.
Im Mai trafen sich deshalb die Beteiligten aus Deutschland und der Schweiz in Zürich zu einem Workshop, um den Stand der Dinge zu diskutieren.
Im Mittelpunkt stand die Verbreitung des Digitalradios im Auto. Das ist insofern existenziell wichtig für die neue Technologie, weil nirgendwo sonst so viele Menschen Radio hören wie in ihrem fahrbaren Untersatz. Statistiken zeigen, dass rund 75 Prozent der Autofahrer ihren Empfänger eingeschaltet haben, doch derzeit werden lediglich 30 bis 50 Prozent der Neuwagen in der Schweiz mit DAB+ ausgeliefert.
Abschalttermin festlegen und Tunnels umrüsten
Während des Workshops wurde klar, dass es immer noch so manche «Baustelle» gibt. Während der Bund und der Verband der Privatradios von den Autoherstellern fordern, dass DAB+ zur Serienausstattung gehören müsse, schiebt Andreas Burgener, Direktor der Importeurvereinigung Auto Schweiz, den schwarzen Peter dem Bund zu. Erst einmal müsse dieser seine Hausaufgaben machen und einen fixen Abschalttermin für das analoge Radio festlegen. Zudem sollten schnellstens alle Tunnels mit DAB+ versorgt werden. Der Bund möchte die wichtigsten Tunnels bis 2018/19 umrüsten, die restlichen Röhren sollen im Rahmen der Wartungsarbeiten auf den neusten Stand gebracht werden. Auch die Abschaltung des analogen Radios will man schnell terminieren.
Die Arbeitsgruppe DigiMig, der neben der SRG die Privatradioverbände Verband Schweizer Privatradios (VSP), Radios Régionales Romandes (RRR) und die Union nichtkommerzieller Radios (Unikom) angehören und die von Fachspezialisten des Bundesamts für Kommunikation (Bakom), von Swisscom Broadcast und dem Automobilhandel unterstützt wird, hat mittlerweile einen Fahrplan unterbreitet. Dieser soll bis Ende Jahr Bundesrätin Doris Leuthard vorgestellt werden. Danach ist eine definitive Abschaltung bis zum Jahr 2024 geplant. Deutlich später als im Musterland Norwegen, wo das analoge Radio bereits 2017 abgeschaltet wird.
Wer einen neuen Wagen kauft, sollte sich eine Anschaffung eines Digitalradio-Gerätes schon jetzt überlegen. Es dürfte bereits in naher Zukunft den Wiederverkaufswert erhöhen.
Bild: SRF / Oscar Alessio
Kommentar