Weltsignal Leichtathletik-EM: Meisterhafter Marathon der SRG

An den Leichtathletik-Europameisterschaften im Zürcher Letzigrund-Stadion gab es nicht nur sportliche Sieger. Denn als Host Broadcaster gehörte auch die SRG zu den Gewinnern des Anlasses. Für das Grossprojekt arbeiteten alle SRG-Unternehmenseinheiten zusammen.

– Von Julia Konstantinidis

Sekunden bevor der Startschuss für das ­Finale der 4×400-Meter-Staffel der Damen fällt, überspringt eine Hochspringerin die Latte, während zeitgleich im Kugelstossring die Europameisterin ausgemacht wird. An der Leichtathletik-Europameisterschaft vom 12. bis 17. August im Zürcher Letzigrundstadion laufen die Wettkämpfe meist parallel. Wer alle Entscheidungen mitverfolgen will, muss mit den Augen an vielen Orten gleichzeitig sein. Was für das Publikum unmöglich ist, schafft die SRG: Im Auftrag der European Broadcasting Union und der European Athletics ­Association produziert die SRG als Host Broadcaster das Weltsignal für den Anlass und nimmt in diesem Rahmen auch alle Sportwettbewerbe auf. Ob in Sizilien oder Schweden: Das Fernsehpublikum sieht überall die Produktionen der SRG.

Gemeinsames Projekt

Verantwortlich für die Technik zeichnet die SRG-Tochtergesellschaft technology and production center switzerland ag (tpc). Sie realisiert Broadcast-Lösungen im Kundenauftrag – vor allem für die SRG. Das Projekt Leichtathletik-EM wird mit ­einem Team der SRG-SSR-Unternehmenseinheiten (SRF, RTS und RSI) durchgeführt. Nebst der Produktion der TV-­Bilder sind die 250 Mitarbeitenden zudem für die Betreuung von 37 in- und ausländischen TV- und Radiostationen zuständig. Insgesamt wurden 70 TV- und Radio­kommentatoren-Plätze sowie fünf TV-­Studios und drei ­Moderationspodeste von ausländischen Stationen gebucht.

Das bis auf Adrian Boss vollständige Projektteam (von links): Andreas Lattmann, Philippe Leuenberger, Thomas Meier, Roland Mägerle, Robin Troxler, Karin Nussbaumer, Beat Zumstein, Karin Appius Reinhard, Stefan Koch, René Salvini und Daniel Oeschger.

Weltweite Ausstrahlung

Auf dem riesigen TV-Compound, wie das Areal hinter dem Stadion heisst, stehen nebst 110 Containern, die Technik und ­Arbeitsplätze beherbergen, auch 26 Reportagewagen. Fünf davon sowie zwei Regiecontainer benutzt die SRG, um die inter­nationalen Signale zu produzieren. Im Hauptregiewagen werden an unzähligen Bildschirmen die Tageshöhepunkte zum «integrated feed» (Signal) verarbeitet. «Jede Disziplin wird von mehreren Kameras aufgenommen, im Ganzen sind 80 davon im Einsatz. Pro Tag werden zehn Disziplinen-­Signale ­produziert», erklärt Daniel Oeschger, Leiter Marketing Events Business Unit Sport. ­«Zusätzlich zu den offiziellen Signalen ­können ausländische Stationen länderspezifische Aufnahmen machen», fügt er an.

Viel Erfahrung im Rucksack

Herzstück des TV-Compounds ist der Container mit dem Schild «Switching Center» an der Tür. Im Inneren stehen Reihe an ­Reihe Servertürme, von denen eine Vielzahl von Kabeln abgeht. «Hier sind alle TV- und Radiostationen angeschlossen», so ­Oeschger. Acht Tage dauerte der Aufbau des TV-Compounds – inklusive der Verlegung von 200 Kilometern Kabel. Für das ambitionierte EM-Projekt kann die SRG-Crew auf wertvolle Erfahrungen als Host Broadcaster zurückgreifen: Sie fungiert regelmäs­sig bei grösseren Sportanlässen in der Schweiz in dieser Rolle – etwa an der ­Lauberhorn-Abfahrt, während der Tour de Suisse oder an der Ruderwelt Luzern. Zudem übernahm die SRG im Auftrag des ­Internationalen Olympischen Komitees das Host Broadcasting für alle alpinen Skirennen sowohl 2010 bei den olympischen ­Winterspielen in Vancouver als auch 2014 in Sotschi.

«Die Leichtathletik-EM ist jedoch das bisher grösste Projekt», betont Oeschger. Um ein Vorhaben dieser Grössenordnung durchzuführen, müsse man technisch auf dem neusten Stand sein und sich laufend weiterentwickeln. Die tpc als Produktionsunternehmen besitze eine umfassende Ausrüstung an Kameras, so der Eventprofi. Diverse Spezialkameras standen dabei für die EM im Einsatz. Darüber hinaus wurden einige Mittel dazu gemietet, wie etwa die Seilbahnkamera, die quer über das Stadion-Oval läuft, oder Hyper-Motion-Kameras, die bis zu 1000 Bilder pro Sekunde wieder­geben können und so imposante Slow ­Motions ermöglichen.

SRG in den Rängen

Was vor vier Jahren mit ersten Vorbereitungen begann, dürfte angesichts bis­heriger Erfolge als Host Broadcaster zur ­Zufriedenheit der Leistungsbezüger ab­­­gewickelt werden: In Vancouver ge-wann die SRG die Silbermedaille der Host Broadcaster.

«Trotz der Planbarkeit eines solchen Anlasses braucht es eine grosse Flexibilität, denn Änderungen in den Abläufen der Wettbewerbe sind immer möglich», weiss Oeschger. So spielte in Zürich das Wetter an einem Wettkampftag verrückt und der Zeitplan kam durcheinander – eine Herausforderung für das Host Broadcasting. Die sprichwörtlichen Stürme wurden jedoch gut gemeistert, sodass Karin Nussbaumer, Projektleiterin Host Broadcasting SRG SSR, bereits am letzten Tag der Veranstaltung ein positives Fazit zieht: «Wir freuen uns, dass das Projektkonzept und die überregionale und unternehmensübergreifende Zusammenarbeit funktioniert haben. Diese Erfahrungen helfen uns bei zukünftigen Projekten.» Und von denen gibt es einige, allen voran die Ski-Weltmeisterschaften 2017 in St. Moritz. Dann steht die SRG wieder als Host Broadcaster eines grossen internationalen Sportanlasses in der Schweiz am Start.

Julia Konstantinidis

Bilder: Imagopress / Patrick Lüthy / SRG / Peter Jucker

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