Beängstigende Medienentwicklung in Europa

Die grossen amerikanischen Unternehmen der digitalen Welt bedrohen unsere Wirtschaft, aber auch unsere kulturelle Vielfalt und unsere Medienlandschaft. Diesen Schluss zog Gottfried Langenstein, Geschäftsführer von 3sat, an einem Medienforum der SRG Ostschweiz. LINK fragte: Was kann gegen diese wirtschaftliche Dominanz unternommen werden?

– Von Erich Niederer

Gottfried Langenstein: Wir haben gros­sen Regelungsbedarf. Auf politischer Ebene müssen die steuerlichen Vorteile der amerikanischen Unternehmen in Europa abgeschafft werden. Frequenzen müssen von jedem Land als ein hoheitliches Gut behalten und dürfen nicht per Auktion verkauft werden. Und die «Exception culturelle», also das nationale Recht an eigener Kultur, an kulturellen Institutionen und Medien, muss weiterhin gesichert bleiben. All diese Themen müssen im anstehenden Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA geregelt werden.

LINK: Was können Medienunternehmen wie SRG, ARD und ZDF tun?
Sie müssen davon ausgehen, dass man in der digitalen Welt deutlich günstiger produzieren kann als in der analogen. Also muss man lernen, mit dem gleichen Geld mehr Inhalt zu produzieren. Sie müssen ferner schauen, was die spannenden Inhalte sind, die die eigene Kultur tatsächlich produziert. Aber: Wie werden die Inhalte angeboten? In welcher Paketierung? Über welche Vektoren? Soziale Medien müssen viel intensiver genutzt werden. Ferner muss man darüber nachdenken, wie man mit andern Unternehmen Aufmerksamkeit generiert.

Wie aber sollen solche medialen ­Eigenleistungen finanziert werden?
Solche Eigenleistungen wird man in einem Land wie der Schweiz nie kommerziell ­realisieren und finanzieren können. Man wird dazu immer eine Finanzierung in der Art einer Rundfunkgebühr benötigen. So können eigene Autoren, Mitwirkende, Schauspieler und Rechte finanziert und damit kann die eigene Kultur gestützt werden.

Kann 3sat als ein deutschsprachiger ­Medienverbund noch mehr tun?
Wir müssen auch bei 3sat im Onlinebereich besser kooperieren. Von der SRG übernehmen wir die Schriftstellerplattform, die ich hervorragend finde. Wir sind dabei, eine Museumsplattform zu errichten. Wir suchen den Kontakt mit den Museen, damit diese nicht mit Google, sondern mit uns zusammenarbeiten. Man muss innovativ und kreativ Modelle bauen mit denjenigen, die in der Kultur aktiv sind.

Interview: Erich Niederer

Bild: Thomas Züger

Erkenntnisse aus dem Medienforum der SRG Ostschweiz

Die digitalen Grossunternehmen wie ­Microsoft, Amazon, Google, ­Facebook und Netflix zahlen in Europa kaum Steuern und entgehen standortgebundenen Regelungen. Sie haben dadurch unverhältnismässige Wettbewerbsvorteile und ausserordentliche Wachstumschancen ­erhalten und eine global dominierende Position erreicht, die unsere Wirtschaft und industrielle Landschaft sowie unsere kulturelle Vielfalt und unsere Medien ­gefährdet. Die deutschen Kabelnetze ­befinden sich heute vollumfänglich in amerikanischer Hand.

Dank detaillierten Kenntnissen der Kunden und ihrer Interessen können diese digitalen Grossunternehmen Werbung kundengenau platzieren und passgenaue Produkte anbieten.

Nebst ihren ursprünglichen Themen wie Suchmaschinen, ­Vertriebsplattformen, Netzwerke, ­Kommunikation und Verbreitung von Medieninhalten haben sie längst immer mehr wirtschaftliche Funktionen übernommen, so im Banken- und Zahlungswesen.

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