Anmoderation eines «10vor10»-Beitrags zum Ecopop-Nein beanstandet
Mit E-Mail vom 2. Dezember 2014 haben Sie die Sendung „10vor10“ vom 1. Dezember beanstandet. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 2. Dezember bereits bestätigt.
Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die Angelegenheit analysieren können. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.
1. Sie begründen Ihre Reklamation wortwörtlich wie folgt:
„Auf der Website der UBI finde ich die folgenden schönen Grundsätze: ‚Für Radio und Fernsehen schreibt das Gesetz vor, dass die Sendungen die Menschenwürde beachten, dass sie niemanden diskriminieren, ...’
Ich betrachte die Anmoderation in der Sendung ‚10 vor 10’ vom 1.12.2014 als eine Diskriminierung aller, die sich für die Initiative ‚Stopp der Überbevölkerung – zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen’ – so heisst sie nämlich richtig – eingesetzt haben. Allein im Patronatskomitee sassen neun (9) Professoren, darunter der bekannte Ökonome Hans Christoph Binswanger oder der bekannte Jurist Manfred Rehbinder. Auch haben immerhin rund 671'000 Stimmbürger/-innen für die Initiative gestimmt.
Der Ausdruck ‚Ecoflop’ in der Anmoderation ‚Der Bundesrat ist unbestritten der grosse Sieger nach dem Ecoflop ..." ist meines Erachtens nicht frei von Diskriminierung (Definition Wikipedia: ‚Diskriminierung bezeichnet eine gruppenspezifische Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen’). Mit dem herabwürdigenden Wort wird zum Ausdruck gebracht, dass es bei der Initiative nicht um eine ernsthafte Sache gehandelt habe. Es ist verletzend, dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen SRF nicht würdig.
Nun, vielleicht sieht es die Ombudsstelle wie der Rest der ganzen Schweizer Politik inkl. Bundesrat und Staatssekretäre: Es handelt sich bei den Befürwortern der Initiative sowieso um Rassisten, Ökofaschisten, Fremdenfeinde etc. (Liste der von den Gegner/-innen verwendeten Ausdrücke aus infosperber als Beilage). Dann kann man natürlich auch Ausdrücke wie ‚Ecoflop’ als weniger schlimm und deshalb angebracht oder zulässig betrachten.
Auf jeden Fall hat in diesem Fall die Diskussion ein Niveau erreicht, das kaum mehr tiefer sein kann. Dass sich Fernsehen SRF über die m. E. ernsthafte Sache auch noch lustig macht, erstaunt eigentlich nicht.“
2. Wie erwähnt, haben die Verantwortlichen von SRF bereits am 15. Dezember 2014 zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Herr Christian Dütschler, Redaktionsleiter von „10vor10“, schreibt dabei Folgendes:
„ Herr X beanstandet die Ankündigung des Beitrages ‚Das Nein zu Ecopop stärkt dem Bundesrat den Rücken’ in der Sendung 10vor10 vom 1. Dezember 2014. Gerne nehmen wir zu seiner Kritik Stellung.
Konkret kritisiert der Beanstander die Verwendung des Begriffs ‚Ecoflop’ in der Themenankündigung zu Beginn der Sendung. Wörtlich sagt die Moderatorin:
‚Der Bundesrat ist unbestritten der grosse Sieger nach dem Ecoflop. Nur: Für die Verhandlungen in Brüssel nützt ihm das nichts. Dies unser Fokus heute. Guten Abend. Ansonsten haben wir diese Themen für Sie:
Energiestrategie 2050: Der Nationalrat hat die epische Debatte über den Atomausstieg aufgenommen.
Umstrittene Komplementärmedizin: Wissenschaftler kritisieren den einzigen Lehrstuhl für Alternativ-Medizin.
Und: Brennende Stadien: Wir fragen, wer stoppt den Pyro-Wahnsinn in unseren Fussball-Arenen?“
Nach der Themenankündigung wird das Thema Ecopop erst wieder in der Anmoderation zum eigentlichen Beitrag aufgegriffen. Der Beitrag selbst geht der Frage nach, ob das deutliche ‚Nein’ zur Ecopop-Initiative ein Zeichen gewachsener Glaubwürdigkeit gegenüber dem Bundesrat sei. Dabei kommen die für das Dossier verantwortliche Bundesrätin und Vertreter aus verschiedenen Parteien zu Wort. Der Beitrag mündet schliesslich in die Erkenntnis, dass das klare Ergebnis bei Ecopop dem Bundesrat zwar den Rücken stärke, die Bewährungsprobe bei der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative aber noch längst nicht bestanden sei. Der Begriff ‚Ecoflop’ wird dabei in der Berichterstattung nur an einer Stelle, nämlich in der Themenankündigung, verwendet.
Wir haben mehrmals sachlich und ausführlich über die Ecopop-Initiative berichtet. Unter anderem haben wir im Vorfeld der Abstimmung ein längeres Studiogespräch mit Andreas Thommen, dem Geschäftsführer der Ecopop-Initiative, geführt. Es kann also keine Rede davon sein, dass wir die Initiative in unserer Berichterstattung nicht als ‚eine ernsthafte Sache’ dargestellt hätten. Daran ändert auch die Tatsache nicht, dass wir am Tag nach der Abstimmung in unserer Berichterstattung an einer Stelle den unserer Meinung nach unproblematischen Begriff ‚Ecoflop’ verwendet haben.
Alle Stände und fast drei Viertel der Stimmenden haben sich am 30. November 2014 gegen die Ecopop-Initiative ausgesprochen. Mit 25,9 Prozent Ja-Stimmen hat die Initiative deutlich schlechtere Abstimmungswerte erzielt als von Gegnern und Befürwortern gemeinhin erwartet. So liegt das Resultat deutlich unter den Umfragewerten der SRG (39 Prozent Ja-Stimmen) und anderer Medien (20min: 36 Prozent Ja-Stimmen). Die Ecopop-Initianten selbst haben gemäss Tagesanzeiger sogar mit über 40 Prozent Zustimmung gerechnet (Tagesanzeiger vom 1.12.2014, siehe Anhang).
§ Die Verwendung des Begriffs ‚Ecoflop’ finden wir aufgrund dieser Faktenlage gerechtfertigt. Die Themenankündigung – wo der Begriff verwendet wurde – hat Schlagzeilencharakter und beinhaltet naturgemäss eine gewisse Zuspitzung, wobei die Wortwahl inhaltlich natürlich nicht falsch sein darf.
§ Der Duden definiert ‚Flop’ umgangssprachlich schlicht als ‚Misserfolg’. Ein Misserfolg ist für die Betroffenen nie erfreulich, als Journalisten gehört es aber zu unseren Aufgaben, einen Misserfolg auch als solchen zu bezeichnen. Die Kombination des Wortes ‚Flop’ mit dem Begriff ‚Ecopop’ mag etwas salopp sein, despektierlich ist es sicher nicht. Im Zusammenhang mit der Ecopop-Initiative wurde der Begriff ‚Ecoflop’ sogar zu einer Art Schlagwort, das von verschiedensten Medien verwendet wurde. Dazu einige Beispiele:
Zuletzt bleibt doch nur ein Ecoflop
§ (Basler Zeitung, 1.12.2014)
L’Initiative Ecopop se termine en Ecoflop dans les urnes
§ (Tribune de Genève, 1.12.2014)
Aus der Volksinitiative Ecopop wird der Ecoflop: Die Schweizer haben den Plänen für weniger Zuwanderer eine deutliche Absage erteilt.
§ (Spiegel online, 30.11.2014)
Ecopop wurde an der Urne zu einem einzigen Ecoflop.
§ (Der Landbote, 1.12.2014)
Nach Ecoflop ist vor Ecopop.
§ (Aargauer-Zeitung, 3.12.2014)
Für Herrn X ist der Begriff ‚Ecoflop’ ‚herabwürdigend’ und eine ‚Diskriminierung’. Er scheint ihn auf dieselbe Ebene zu stellen wie die von ihm erwähnten Begriffe ‚Rassisten, Ökofaschisten, Fremdenfeinde’. Damit sind wir nicht einverstanden. Der Begriff ‚Ecoflop’ ist inhaltlich weder herabwürdigend noch diskriminierend, sondern spiegelt schlicht auf prägnante Art und Weise das Abstimmungsergebnis der Ecopop-Initiative wieder. Er sagt aus, dass Ecopop an der Urne ein Misserfolg war. Der Vorwurf der Diskriminierung oder Herabwürdigung scheint uns in diesem Fall absurd und unzulässig.
Der Beanstander verweist in seinem Schreiben auf eine offenbar von ihm selbst zusammengestellte Liste von verunglimpfenden Bezeichnungen für die Ecopop-Befürworter, die auf Infosperber publizierte worden ist.
Darin enthalten sind Begriffe wie ‚Herrenmenschen’, ‚Ökofaschisten’, ‚Kolonialisten’, ‚Chauvinisten’, ‚Eugeniker’ ect., wobei jeweils die entsprechenden Urheber genannt werden. Solche Begriffe würden wir in unserer Sendung keinesfalls verwenden. Der Begriff ‚Ecoflop’ allerdings ist mit den Begriffen auf der obigen Liste in keiner Weise vergleichbar. Während diese Begriffe auf die Personen hinter der Initiative und ihre Gesinnung abzielen, bezieht sich der Begriff ‚Ecoflop’ ausschliesslich auf die Initiative selbst und macht eine Aussage über deren Abschneiden an der Urne. Im Unterschied zu den anderen Beispielen disqualifiziert der von uns verwendete Begriff die Urheber und Unterstützer der Initiative in keiner Weise.
Wir sind der Meinung, dass die Verwendung des Begriffs ‚Ecoflop’ in der Themenankündigung zulässig und nicht diskriminierend ist. Das Publikum konnte sich jederzeit eine eigene Meinung zum Thema bilden. Wir bitten Sie deshalb, die Beanstandung abzuweisen.“
3. Soweit die sehr umfassende Stellungnahme des Redaktionsleiters von „10vor10“. Nachdem ich die Angelegenheit analysieren konnte, scheinen mir die Argumente von Herrn Dütschler sehr plausibel zu sein. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann ich mich deshalb kurz halten.
Ich stelle fest, dass Sie nicht die Berichterstattung an sich, sondern lediglich die Verwendung des Begriffes „Ecoflop“ in der Anmoderation kritisieren. Ihre Reaktion kann ich durchaus nachvollziehen, denn für Jemanden, der sich für die Initiative engagiert hat, kann das Wortspiel „Ecopop = Ecoflop“ sicher verletzend erscheinen. Gewiss – wie von Herrn Dütschler zugegeben – kann ein solcher Begriff als eine saloppe Überspitzung angesehen werden.
Doch interpretiert man das Wort „Flop“ als „ Misserfolg; etwas, das nicht gelungen ist“ oder gar als Synonym für „Fehlschlag, Reinfall, Enttäuschung“, scheint mir der in der Anmoderation von 10vor10 verwendete Begriff Ecoflop, nach dem für die Befürworter der Ecopop-Initiative sehr enttäuschenden Resultat der Volksabstimmung vom 30. November, zulässig zu sein. Ich glaube auch, dass es vermessen wäre, dieses Wortspiel als Beweis zu interpretieren, dass die Ecopop-Initiative nicht ernst genommen wurde.
Aus dem Gesagten ergibt sich, dass ich zwar für Ihre Enttäuschung Verständnis habe, Ihre Beanstandung aber, soweit ich darauf eintreten konnte, nicht unterstützen kann.
4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 51A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.
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