Waren Dienstag-Krimis für Jugendliche gefährdend?

Zwei TV-Zuschauer stossen sich an der dargestellten Gewalt der Krimiserien «Maria Wern, Kripo Gotland» und «Die Chefin». Sie finden den Sendeplatz um 20 Uhr für Jugendliche nicht geeignet. Gemäss Ombudsmann Achille Casanova wurden mit der Ausstrahlung der Krimiserien keine Gewalt- und Jugendschutzbestimmungen verletzt.

Der Beanstander des Krimis «Und die Götter schweigen» findet die Programmierung zu Beginn des Hauptabends um 20.05 Uhr «äusserst deplatziert und im Widerspruch mit den SRF-Jugendmedienschutzrichtlinien». Aufgrund von Szenen wie einer geköpften Leiche oder blossen Köpfen auf einem Tisch plädiert er für die Kennzeichnung der Sendung sowie eine Ausstrahlung nach 22 Uhr.

Heinz Schweizer, Redaktionsleiter Einkauf Film und Serien, schreibt in seiner Stellungnahme, dass sich das Hauptabendprogramm ab 20 Uhr an ein mündiges bzw. beaufsichtigtes Publikum ab 12 bzw. 14 Jahren richte. Bei der zeitlichen Programmierung von Spielfilmen stütze sich SRF auf die Altersfreigaben im Schweizer Kino bzw. die deutsche FSK-Einstufung (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft). Die FSK gibt die beanstandete Folge ab 12 Jahren frei.

Schweizer räumt ein, dass es sich bei «Maria Wern, Kripo Gotland» um ein «etwas härteres Krimiformat» handle. Er gibt zu bedenken, dass Kriminalfilme «per Definition keine leichte Unterhaltung» seien. Ausserdem könne man in den vergangen Jahren bei solchen Formaten eine Entwicklung hin zu expliziteren Darstellungen von Gewalt und ihren Folgen beobachten.

Ombudsmann Achille Casanova zeigt ein gewisses Verständnis für die kritische Reaktion des Beanstanders. Allerdings habe sich SRF gemäss den eigenen Jugendschutzrichtlinien «bei der Einstufung von Spielfilmen grundsätzlich an die Altersfreigaben im Schweizer Kino» zu halten. Die dafür zuständige Kommission orientiere sich «an bestehenden Entscheiden der FSK in Deutschland». Zudem gewährten sowohl die rechtlichen Bestimmungen als auch die SRF-Richtlinien einen gewissen Interpretationsspielraum. SRF habe bei der Programmierung der beanstandeten Krimireihe die Jugendschutz-Bestimmungen nicht verletzt.

Der Beanstander bezeichnet den Krimi «Das vierte Opfer» als «menschenverachtend» und als «Verherrlichung der Gewalt insbesondere gegen Frauen». Zudem findet er die Ausstrahlung der Serie «um diese Sendezeit» für Jugendliche ungeeignet.

Thomas Lüthi, Redaktor Fiktion, schreibt in seiner Stellungnahme, dass in Krimis grundsätzlich mit Gewaltdarstellungen zu rechnen sei. Aussergewöhnlich sei die beanstandete Folge im Bereich der Suggestion. Die Morde würden beschrieben, der Zuschauer erhalte einen «deutlichen Eindruck der Taten, des Tathergangs» sowie der Tatwaffen. Die Schlussszene liege in dieser Hinsicht «an der Grenze des für einen Dienstagskrimi noch Zumutbaren». Eine solche Schlussszene sei jedoch eher selten und «als Einzelfall legitim, auch auf diesem Sendeplatz».

Den Vorwurf, der Krimi sei menschen- und frauenverachtend, kann Lüthi nicht bestätigen. Vielmehr werde «anhand eines Kriminalfalls (...) ein gesellschaftspolitisches Problem thematisiert. Nämlich dass Opfer von Gewalt (meistens Frauen) häufig allein gelassen, nicht ernst genommen» würden.

Ombudsmann Achille Casanova teilt die Ansicht des Beanstanders, dass der in der Episode gezeigte Täter menschenverachtend handelt. Die Schlussszene bewege sich selbst für einen Krimi an der «Grenze des Zulässigen». Allerdings seien bei der Beurteilung nicht einzelne Gewaltdarstellungen, sondern die Gesamtaussage des Films massgebend. Dieser gehe umsichtig mit Gewaltdarstellungen um und ästhetisiere die Gewalt nicht.

Die von SRF gezeigten Folgen der Krimireihe «Die Chefin» seien von der deutschen FSK nicht bewertet worden. Andere Episoden der Reihe hätten die Altersfreigabe 12 bzw. 16 Jahre erhalten. Die gesetzlichen Bestimmungen sowie die SRF-Jugendschutzrichtlinien, die einen gewissen Ermessensspielraum erlaubten, seien durch die Ausstrahlung der Krimiserie nicht verletzt worden.

Der Ombudsmann erachtet beide Beanstandungen als unberechtigt.

Quelle: Ombudsstelle SRG.D, Achille Casanova
Text bearbeitet durch: Inside SRG, dl
Bild oben: Screenshot aus «Und die Götter schweigen» («Maria Wern, Kripo Gotland») vom 8.7.14, SRF 1 (Copyright SRF/ARD Degeto/Eyeworks Film Gemini/Calle Persson)

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