Die Verwendung eines unkorrekten Symbolbildes in «Tagesschau»-Beiträgen zum Thema Energie beanstandet
Mit eingeschriebenem Brief vom 2. Dezember 2014 hat mir die Unabhängige Beschwerdeinstanz UBI Ihre Eingabe vom 28. November zur Behandlung weitergeleitet. Sie wurden darüber schriftlich informiert. Sie monieren die „bewusste Ausstrahlung von falschen Bildern“ in der Hauptausgabe der Tagesschau vom 27. November. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 3. Dezember bereits bestätigt.
Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die von Ihnen kritisierte Sendung sehr genau angeschaut. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.
1. Sie begründen Ihre Reklamation wie folgt:
„In der Tagesschau um 19.30 Uhr vom 27. November wurde ein Bild mit mehreren Hochspannungsmasten gezeigt. Es gibt keine solchen Schweizer-Leitungen. Das ist eine bewusste Falsch-Information, um das Fernsehpublikum weg zu beeinflussen. Schweizer Master haben nicht so viele Leitungen pro Mast (meistens nur 2, so genannte Doppel-Leitungen). Man will mit diesem Bild bewusst die Bevölkerung gegen Hochspannungs-Leitungen aufwiegeln, die aber für den Transport von grossen Energie-Mengen notwendig und im nationalen Interesse sind (Versorgung ganzer Schweiz). Ich beantrage, den Bildredaktor von Informations-Sendungen auszuschliessen.“
2. Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Ich möchte Ihnen das Schreiben von Herrn Franz Lustenberger, Stv. Redaktionsleiter der Tagesschau, nicht vorenthalten. Er schreibt Folgendes:
„In seiner Beschwerde kritisiert Herr X die Verwendung eines Bildes mit Strommasten. Die Tagesschau habe mit diesem Bild ‚bewusst die Bevölkerung gegen Hochspannungs-Leitungen aufwiegeln’ wollen.
Die Sendung vom Donnerstag 27. November stand ganz im Zeichen des Themas Energie. Die Tagesschau widmete rund 10 Minuten der Sendung verschiedenen Aspekten, angefangen von der aktuellen Opec-Tagung in Wien und den Auswirkungen auf den Benzinpreis in der Schweiz bis zur bundesrätlichen Energiestrategie für die Bundesbetriebe und das Beispiel SBB.
Mit einem Symbolbild werden die Moderationen zu diesen vier Beiträgen gestützt. Es sind Symbolbilder, welche die Thematik umreissen. Ein Ölförderbild bei der Opec-Tagung, das gleiche Ölförderbild und dann das Bild einer Zapfsäule beim Thema Benzinpreis, ein allgemeines Bild mit Strommasten bei der Energiestrategie des Bundesrates, ein Bild mit Strommasten und einem Zug im Hintergrund bei den Stromspar-Bemühungen der SBB.
Symbolbilder umreissen auf den ersten Blick das Thema; sie dürfen nicht kompliziert sein. Beim von Herrn X kritisierten Bild ist sofort erkennbar, da geht es um Energie, konkret um elektrische Energie. Mehr will dieses Bild nicht aussagen. Ob zwei, drei, vier oder mehr Leitungskabel an einem Masten, die Aussage für den Zuschauer ist immer die gleiche – es geht im folgenden Beitrag um elektrische Energie. Die Redaktion wählt ein Bild aus, das zum Inhalt des Beitrages passt, respektive das Thema des Beitrages auf den Punkt bringt. Strommasten stehen bildlich für elektrische Energie.
Herr X wirft der Tagesschau vor, mit einer bewussten Falschinformation die Bevölkerung gegen den Bau von Hochspannungsleitungen aufzuwiegeln. In der ganzen Moderation sowie im anschliessenden Beitrag wird das Thema Hochspannungsleitungen nie angesprochen. Es geht auch nirgends um den Bau solcher Leitungen oder um den Widerstand gegen neue Hochspannungsleitungen. Schon gar nicht ging es im Beitrag um eine Anzahl von Leitungskabeln bei grossen Übertragungsleitungen innerhalb der Schweiz. Die Notwendigkeit von Übertragungsleitungen wird nie in Frage gestellt. Anders verläuft die Diskussion in Deutschland, wo sich betroffene Gemeinden gegen die sogenannten neuen Stromtrassen wehren. Die von Herrn X angemahnte Notwendigkeit von Hochspannungsleitungen wird im Beitrag nirgends thematisiert.
Ich habe in der Abteilung Dokumentation von SRF nachgefragt. Die Abklärungen haben Folgendes ergeben. Das Bild wird von der Schweizer Fotoagentur Keystone mit dem Vermerk ‚Leibstadt’ allen Schweizer Medien zur Verfügung gestellt.“
Ich habe Herrn Lustenberger gebeten, zu präzisieren, ob das umstrittene Bild in der Schweiz gemacht wurde, und die Frage zu beantworten, ob derartige Hochspannungsmasten in der Schweiz überhaupt existieren. Er hat sich deshalb an die Fotoagentur Keystone gewendet und mir am 8. Januar 2015 folgende Präzisierungen übermittelt:
„Offensichtlich wird bestritten, dass es sich bei der unten abgebildeten Aufnahme um Strommasten bei Leibstadt handelt. Wir haben recherchiert, mit dem Fotografen gesprochen und sind zu folgendem Schluss gekommen:
Wie aus den beiden beiliegenden Bildern – die zum gleichen Zeitpunkt vom gleichen Fotografen aufgenommen worden sind – hervorgeht, sind es Strommasten, die sich auf deutschem Boden befinden und mit Blick in Richtung Leibstadt (und in den beiden beiliegenden Bildern) mit einem starken Teleobjektiv, um das Bild zu verdichten, aufgenommen worden sind. Dass es sich um deutsche Strommasten handelt, weist das Detail der Verbreiterung des Mastes hin. Schweizer Masten sind leicht anders konstruiert und weisen keinen Sockel auf.“
Aus dieser Ausgangslage zieht Herr Franz Lustenberger folgende Schlussfolgerungen:
„Herr X hat Recht; die Aufnahme wurde auf deutschem Gebiet gemacht, ganz in der Nähe des Atomkraftwerkes Leibstadt. Keystone hatte es mit dem Schlagwort Leibstadt (Metadaten) versehen. Die Tagesschau hat in der Sendung vom 27. November auf die Angaben der renommierten Fotoagentur Keystone vertraut. Es gibt für uns in der Regel keinen Anlass, an der Vertrauenswürdigkeit der Angaben von Keystone zu zweifeln. Das Bild ist mit der damaligen Legende von Keystone unten angehängt. Die Tagesschau hat dieses Bild also in guten Treuen verwendet. Sicher jedenfalls ohne jegliche Manipulationsabsicht und keinesfalls als bewusste Falschinformation. Der Aspekt Stromleitungen kommt weder in Moderation noch im Beitrag vor.
Wie ich in meiner Antwort vom 11. Dezember bereits geschrieben habe, ging es bei der Verwendung dieses Bildes um eine reine Illustration des Themas Energie und nirgends um Stromleitungen oder allenfalls deren Verhinderung.
Die Verwendung eines Bildes mit deutschen Strommasten zu einem Beitrag zur Schweizer Energiepolitik mag bei absoluten Kennern von Strommasten zu einer Irritation führen. Deshalb habe ich Verständnis für die Reklamation von Herrn X. Bei den allermeisten Zuschauerinnen und Zuschauern wurde das Foto aber als wertfreie Illustration des Themas Energie wahrgenommen.“
3. Soweit die umfassende Stellungnahme des Stv. Redaktionsleiters der Tagesschau. Nachdem er die Angelegenheit klären konnte, gibt Ihnen Herr Franz Lustenberger Recht: Das von Ihnen beanstandete Symbolbild wurde auf deutschem Gebiet gemacht und zeigt deshalb deutsche und nicht Schweizer Strommasten. Er wehrt sich aber glaubwürdig gegen Ihre Unterstellung, wonach „bewusst“ falsche Bilder ausgestrahlt worden seien.
Ich teile die Auffassung von Herrn Lustenberger. Zwar anerkenne ich, dass Sie als Fachmann den Unterschied zwischen deutschem und Schweizer Strommast erkannt haben. Es handelt sich aber um einen Fehler in einem Nebenpunkt, welcher nicht geeignet ist, den Gesamteindruck der Berichterstattung wesentlich zu beeinflussen. Programmrechtlich ist diese Unvollkommenheit deshalb nicht relevant.
Auch wenn ich für Ihre kritische Reaktion Verständnis habe, kann ich Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, nicht unterstützen.
4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.
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