Beitrag über die KESB in der Radio-Informationssendung «Rendez-vous» beanstandet
Mit E-Mail vom 8. Januar 2015 haben Sie den Beitrag über Kesb im Rendez-vous am Mittag des gleichen Tages beanstandet. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit mei-nem Brief vom 9. Januar bereits bestätigt.
Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von Radio SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die Angelegenheit analysieren können. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.
1. Sie begründen Ihre Eingabe wie folgt:
„Zum wiederholten Male stelle ich fest, dass die Verantwortlichen von Radio SRF Themen einseitig wiedergeben. So auch heute Mittag zum Thema Kesp. Der Beitrag ging einfach von Befürwortern der Kesp aus. Es fehlt eine sachliche Beurteilung durch Dritte oder eventuellen Kritiker. (Auch im Echo der Zeit vom 6.1.2015 wurde dieses Thema einseitig wiedergegeben). Kritiker der Kesp bekommen keine Sende-zeit!
Mit den gemachten Aussagen sehe ich keine Möglichkeit, mir eine eigene Meinung zu bilden. Laut den Aussagen scheint alles gut zu sein mit der Kesp. Ich erwarte vom Staatsradio eine unabhängige, alle Seiten berücksichtigende Berichterstattung. Sonst sieht es so aus, dass als das Radio die Behörden rein waschen müssen. Die Berichterstattung ist in keiner Weise kritisch, auch werden keine weiteren Schritte aufgezeigt.“
2. Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von Radio SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Herr Mark Livingston, Redaktionsleiter Rendez-vous, schreibt da-bei Folgendes:
„Besten Dank, geben Sie uns Gelegenheit, auf die Beanstandung von Herrn X bezüglich unseres Umgangs mit dem Thema Kindes- und Erwachsenenschutz-Be-hörden (Kesb) Stellung zu beziehen. Herr X beanstandet pauschal, Radio SRF berichte einseitig zum Thema und nennt als Beispiel den Beitrag dazu in der Sendung «Rendez-vous» vom 8. Januar 2015. Herr X schreibt:
«Der Beitrag ging einfach von Befürwortern der Kesp aus. Es fehlt eine sachliche Beurteilung durch Dritte oder eventuellen Kritiker.»
Gleich zu Beginn möchten wir festhalten, dass wir Herrn Xs Kritik nicht nach-vollziehen können. Radio SRF hat zum Thema Kesb einige Beiträge mit unterschied-lichen Fragestellungen und Perspektiven gesendet. Wir sind überzeugt, dem Gebot der Meinungsvielfalt auch bei diesem Thema gerecht geworden zu sein.
Ziel des kritisierten Beitrags war explizit nicht, die politischen Positionen zur Kesb zu präsentieren. Diese Positionen waren zum Zeitpunkt der Ausstrahlung bereits bezo-gen und aus vielen Medien – auch via Radio SRF – zu erfahren. Uns ging es darum, von zwei Fachleuten, die beide Systeme, Vormundschaftsbehörde und Kesb, von innen kennen, zu erfahren, was sich denn ganz konkret mit dem neuen System geändert hat, und dies möglichst anschaulich zu schildern, damit sich die Hörerinnen und Hörer ein eigenes Bild machen können.
Trotzdem schreibt Herr X: «Mit den gemachten Aussagen sehe ich keine Möglichkeit, mir eine eigene Meinung zu bilden. Mit den gemachten Aussagen scheint alles gut zu sein mit der Kesp.»
Das sehen wird anders: Im Beitrag waren zwei sehr kompetente und differenziert argumentierende Personen zu hören, die sowohl über Vor- als auch Nachteile der Kesb sprechen.
So stellt etwa der eine Protagonist im Beitrag fest, dass er heute weniger direkten Kontakt mit schutzbedürftigen Menschen habe, «mit den Leuten, um die es eigentlich geht». Ein Umstand, der ihn störe. Der Grund: Heute decken die Kindes- und Er-wachsenenschutzbehörden meist mehrere Gemeinden ab und treffen Entscheidun-gen oft, ohne dass ihre Mitglieder die Betroffenen persönlich kennen. Die Protagonis-tin im Beitrag, eine erfahrene Sozialarbeiterin, allerdings empfindet diese Anonymität im Vergleich zur früheren Laienbehörde als Vorteil und begründet: «Früher hat es Situationen gegeben, in denen der Nachbar über einen ganz persönlichen Bereich seiner Nachbarin entschieden hat.»
Dies nur ein Beispiel dafür, dass der Beitrag sehr sorgfältig darauf bedacht war, der Hörerschaft ein sachliches Bild der Tätigkeit der Kesb zu zeichnen. Die Hörerschaft konnte sich also sehr wohl eine eigene Meinung bilden. Auch behauptet im Beitrag niemand, es sei alles gut mit der Kesb, wie Herr X schreibt.
So räumt der Protagonist ein, dass «die Abklärungen noch besser, noch eingehender gemacht werden könnten». Hier fehle oft die Zeit, um etwa auch noch mit dem Arzt über einen schutzbedürftigen Menschen zu sprechen. Umso wichtiger sei, dass die Sozialdienste, welche die Vorarbeit leisten, die Lage vor Ort gründlich abklärten. Doch auch den Sozialdiensten fehlte oft die Zeit, sagt die Protagonisten, da die Zahl der Gefährdungs-Meldungen zugenommen habe. Letztere Entwicklung, also die Zunahme der Meldungen, werten die beiden Fachleute positiv, da damit «mehr Menschen, die Schutz brauchen, diesen auch bekommen». Dies ist keine politische Stellungnahme, sondern unter den Fachleuten in dem Bereich offenbar weitgehend Konsens.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Der kritisierte «Rendez-vous»-Bericht beruht auf Sachlichkeit. Es ist der Beitragsmacherin gelungen, ein differenziertes Bild von den Veränderungen im Umgang mit schutzbedürftigen Personen zu zeichnen – jen-seits jeglicher Vorurteile und Polemik. Der Beitrag war zudem ein Element einer insgesamt vielfältigen Berichterstattung von Radio SRF zur Kesb, in der die unter-schiedlichen Positionen und Perspektiven angemessen thematisiert worden sind. Wir sind deshalb der Ansicht, dass die Beanstandung von Herrn X vollumfänglich zurückzuweisen sei.“
3. Soweit die Stellungnahme der Verantwortlichen von Radio SRF. Nachdem ich die Angelegenheit analysieren konnte, scheinen mir die Argumente von Herrn Mark Li-vingston sehr plausibel zu sein. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann ich mich deshalb kurz halten.
Die Ausgangslage sollte unbestritten sein. Nach dem Tötungsdelikt in Flaach ZH, bei dem die Kinder Alessia (2) und Nicolas (5) starben, wurde die für die Familie zustän-dige Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb mit heftiger Kritik konfrontiert. Presse, Radio und Fernsehen haben über die tragischen Ereignisse in Flaach berich-tet und die Tätigkeit der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde erläutert und kri-tisch hinterfragt.
Im Rahmen dieser umfassenden und umstrittenen Diskussion über die Arbeit der Kesb wollte Rendez-vous vom 8. Januar die Frage vertiefen, ob es früher, ohne diese Behörde, besser gewesen sei. Dies wurde in der Anmoderation auch transpa-rent angekündigt. Um diese Frage zu beantworten, seien Personen angesprochen worden, „die das alte und das neue System kennen“. Eine anonyme Sozialarbeiterin aus dem Kanton Solothurn und Herr Hansueli Schär, der bei der Kesb Emmental tätig ist, schildern, was sich zwischen ihrer früheren Tätigkeit bei der lokalen Vor-mundschaftsbehörde und heute bei der Kesb konkret geändert hat. In diesem Sinne kann ich Ihre Kritik, wonach der Beitrag von Befürwortern der Kesp ausging, durch-aus nachvollziehen.
Doch beide Experten haben sich nicht damit begnügt, die neue gegenüber der alten Praxis zu loben und als besser zu deklarieren. Vielmehr wurde die unterschiedliche Arbeitsweise zwischen Vormundschaftsbehörde und Kesb sachlich und differenziert erläutert. Auch die Schwachstellen der neuen Praxis wurden erwähnt. Wenn heute Profis die Abklärungen vornehmen können, fehlt es öfters am direkten Kontakt mit den Betroffenen sowie auch die nötige Zeit.
Insgesamt gelange ich zur Auffassung, wonach sich das Publikum über das Thema eine eigene Meinung bilden konnte. Das Sachgerechtigkeitsgebot wurde deshalb nicht verletzt. Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, erachte ich deshalb als unberechtigt.
4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.
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