«Arena»-Beitrag über Bergregionen beanstandet

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Mit eingeschriebenem Brief vom 24. Februar 2015 haben Sie als Vorsitzender der NOB – Netzwerk Oberwalliser Berggemeinden – die Sendung „Arena“ vom 6. Februar beanstandet. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 26. Februar bereits bestätigt.

Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stel­lung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die von Ihnen kritisierte Sendung sehr genau angeschaut. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.

1. Sie begründen Ihre Beanstandung wie folgt:

„Am Freitag, 6. Februar 2015 strahlte das Schweizer Fernsehen SRF1 die Sendung Arena zum Thema ‚Bergregionen am Abgrund‘ aus. Die Gäste in der ersten Reihe waren Martin Candinas (Nationalrat Graubünden), Arthur Furrer (Hotelier Riederalp), Anita Fetz (Ständerätin Basel-Stadt) und Benedikt Loderer (Kulturkritiker und Publizist).

Die Bergregionen waren und sind für die Schweiz ein zentrales Identifikationsmerkmal. Die letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass die Schweiz nur als Ganzes einen hohen Stellenwert darstellt. Die Redaktion der Arena hat mit der Auswahl der Gäste den gelebten Föderalismus und das starke Zusammengehörigkeitsgefühl in der Schweiz nicht berücksichtigt.

Wesentliche Meinungsvertreter der Bergregionen wie etwa die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB), Vertreter der Walliser Tourismuskammer oder regionale Interessenvertreter wie unser Netzwerk Oberwalliser Berggemeinden waren weder in den ersten noch in den hinteren Reihen vertreten.

Es stellt sich die Frage, nach welchen Kriterien die Gäste ausgewählt wurden. Gerade solch politisch wichtige Themen, welche den Zusammenhalt der Schweiz betreffen, bedürfen einer guten Ausgewogenheit. Ansonsten verschärft sich die Problematik und es werden Gräben geschaufelt, anstatt Brücken gebaut.

Alleine der Titel der Sendung ‚Berggebiete am Abgrund’, der nicht als Frage, sondern als Feststellung formuliert wurde, zeichnet bereits vor Sendungsbeginn ein negatives Bild der Bergregionen und beeinflusst so die Meinung und Wahrnehmung der Zuschauer. So war es auch nicht überraschend, dass zahlreiche Vorteile der Berggebiete nicht vertieft beleuchtet wurden und ein düsteres Bild der Bergregionen gezeichnet wurde. Die Diskussion war wenig ausgewogen und beschränkte sich fast ausschliesslich auf den Tourismus. Es scheint, als sei das Thema ‚Bergregionen am Abgrund’ nicht seriös recherchiert und die Vertreter des Berggebietes durch die Ausrichtung der Sendung schon von Beginn an in die Defensive gedrängt worden.

Die Sendung war geprägt von privaten Meinungen und subjektiven Standpunkten, wobei die Stimme der Bergregionen nicht gebührend zum Zug kam. Die aufgegriffenen Themen wurden nicht tiefgehend diskutiert. Wenn Frau Fetz wiederholt das The-ma des Finanzausgleichs aufwirft, hätte zumindest der grösste Bezüger aus dem Schweizer Finanzausgleich, wie der Kanton Bern mit einer Milliarde, erwähnt sein müssen.

Das Schweizer Fernsehen als öffentlich rechtliche Organisation hat die Aufgabe, die Schweiz ausgewogen darzustellen.

Aus den oben genannten Gründen erwarten wir eine Neuausstrahlung der Sendung mit sachkundigen, ausgewogenen und konstruktiven Gästen und unter einem neutralen Titel.“

2. Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Ich möchte Ihnen das Schreiben von Herrn Jonas Projer, Redaktionsleiter von „Arena“, nicht vorenthalten. Er schreibt Folgendes:

„Vielen Dank für die Zustellung der Beanstandung von Herrn X, Vorsitzender NOB, zu unserer Sendung vom 24. Januar 2015. Gerne nehmen wir dazu wie folgt Stellung.

Herr X kritisiert, dass weder die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB), die Walliser Tourismuskammer noch das Netzwerk Oberwalliser Berggemeinden (NOB) in der Sendung vertreten waren. Da sich Nationalrat Martin Candinas (CVP) im Vorstand der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete (SAB) befindet, halten wir diese Kritik für unzutreffend.

Davon abgesehen sind wir generell der Ansicht, dass es bei jedem Thema zahlreiche Politiker, Verbands- und Interessenvertreter gäbe, die auftreten könnten. Ein Anrecht besteht jedoch nicht. Entscheidend ist aus unserer Sicht, dass die Runde in einer Arena ausgewogen besetzt und die Diskussion fair geführt wurde.

Des Weiteren kritisiert Herr X die Auswahl der Gäste. Martin Candinas (Nationalrat GR, Vorstandsmitglied SAB, Mitglied des CVP-Präsidiums) und Art Furrer (erfolgreicher Hotelier) waren ihren Gegenübern (Anita Fetz, Ständerätin BS, und Benedikt Loderer, Publizist) an Rang und Kompetenz ebenbürtig. Herr Candinas hat sich zudem gerade in der Frage der Umsetzung der Zweitwohnungs-Initiative als grosser Fürsprecher der Berggebiete etabliert.

Dass die Vorteile der Bergregionen von diesen beiden Gästen nicht vertieft beleuchtet worden seien, können wir nicht nachvollziehen. Zitiert seien hier zwei Aussagen von Herrn NR Candinas und Herrn Furrer, welche bereits in den ersten Sendeminuten gemacht wurden:

‚Für was sind wir im Ausland bekannt? Wenn man die Bilder ansieht, die immer ausgestrahlt werden, da sind immer Berge drauf. Sie sehen nie die Chemiebauten von Basel oder die Banken von Zürich. Sondern es ist immer diese Bergwelt. Schöne Dörfer, gepflegte Dörfer. Und genau das ist es, was wir machen. Wir versuchen auch, aus den bescheidenen Möglichkeiten, die wir im Berggebiet haben, das Optimum herauszuholen. Indem wir auch Anlässe organisieren, die Weltformat haben. Wie das WEF in Davos... oder auch im sportlichen Bereich.’ (Martin Candinas, NR CVP GR)

‚Es braucht bewohnte Berggebiete aus vielen, vielen Gründen. Wir haben in den Bergen nicht nur den Tourismus. Wir haben auch die Landwirtschaft. Wir haben die Natur. Wir haben Pärke. Wir haben sehr viel Wild. Wir haben Wasser. Ihr hättet ja in den Städten nicht mal Wasser, wenn wir die Gletscher nicht hätten! Die überleben uns beide, die Gletscher. Und wir haben noch anderes in den Bergen: Wir haben das Matterhorn und den Aletschgletscher, der in der ganzen Welt bekannt ist. Viel bekannter als Bern. Und dafür darf man auch etwas machen. Das darf auch etwas kosten. Und: Die Leute, die zu uns in die Ferien kommen, die kommen sich erholen. Das ist besser als ein Aufenthalt im Spital, wenn man zu uns wandern kommt.’ (Art Furrer, Hotelier)

Mit dieser Kompetenz und diesem Feuer argumentierten Martin Candinas und Art Furrer während der ganzen Sendung. Inwiefern die Vorteile der Bergregionen zu wenig Raum erhielten und deren Fürsprecher ‚von Beginn an in die Defensive gedrängt’ worden seien, erschliesst sich uns nicht. So wären beide Gäste auch durchaus fähig gewesen, auf Anita Fetz‘ Erwähnung des Finanzausgleiches mit dem Hinweis auf den Kanton Bern zu replizieren. (Ob diese Replik sinnvoll gewesen wäre, sei dahingestellt – immerhin umfasst der Kanton Bern ja eben gerade auch Bergregionen, was der SVP-Vertreter aus dem Simmental im Übrigen thematisierte.)

Herr X stört sich schliesslich am Titel der Sendung (‚Berggebiete am Abgrund’) und an der Tatsache, dass dieser nicht als Frage formuliert war. Hierbei sei auf die zweifache Bedeutung des Titels hingewiesen (wo Berge sind, ist immer auch ein Abgrund), welche im Lead fortgeführt wurde (‚Der alpine Tourismus steht am Berg’). Dass die massive Aufwertung des Frankens nach der Aufgabe des Euro-Mindest-kurses für den Tourismus und deshalb insbesondere für Bergregionen ein grosses Problem darstellt, würden wir zudem als unbestrittene und für die Berggebiete in keiner Weise ehrenrührige Tatsache beschreiben. Dieser Frankenschock, welcher Anlass der Sendung war, prägte auch den Titel und das darin enthaltene Wortspiel.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Ausführungen gedient zu haben, und stehe für weitere Auskünfte gerne zur Verfügung.“

3. Soweit die Stellungnahme des Redaktionsleiters von „Arena”. Nachdem ich die von Ihnen kritisierte Sendung analysieren konnte, scheinen mir die Argumente von Herrn Jonas Projer sehr plausibel zu sein. Um Wiederholungen zu vermeiden, kann ich mich in meiner eigenen Beurteilung kurz halten.

Gegenstand Ihrer Beanstandung ist insbesondere die Auswahl der Gäste in der ersten Reihe. Sie kritisieren, dass wesentliche Meinungsvertreter der Bergregionen nicht vertreten waren und den gelebten Föderalismus und das starke Zusammengehörigkeitsgefühl in der Schweiz nicht berücksichtigt wurde. Es seien Graben geschaufelt, anstatt Brücken gebaut worden.

Gewiss: das von Ihnen präsidierte NOB – Netzwerk Oberwalliser Berggemeinden – war in der Arena nicht vertreten. In dieser Hinsicht kann ich Ihre Enttäuschung durchaus verstehen. Sie sind aber sicher mit mir einig, dass in einer derartigen Diskussion nicht sämtliche Organisationen, welche für die Berggebiete tätig sind, vertreten sein können. Dies umso mehr, als sowohl mit dem Bündner Nationalrat Martin Candinas – nota bene Vorstandsmitglieder der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete – sowie mit dem Walliser Hotelier Art Furrer die Anliegen und die Interessen der Bergregionen ausführlich vertreten und begründet werden konnten. Zugegeben: der Architekturkritiker und Publizist Benedikt Loderer hat eine Haltung eingenommen, die von den Bergeregionen geradezu als Provokation empfunden werden konnte. Doch seine Ansichten konnten sowohl von den Vertretern der Bergregionen wie auch von Ständerätin Anita Fetz stets widerlegt und argumentativ in Frage gestellt werden.

Es entstand somit eine interessante und ausgewogene Diskussion über die verschiedenen Facetten der Probleme der Bergregionen. Das Thema „Berggebiete helfen oder sich selber überlassen“ – so der Untertitel der Sendung – wurde vertieft diskutiert. Zwar standen die Probleme des Tourismus im Vordergrund. Doch im zweiten Teil der Sendung kamen auch anderen Fragen wie zum Beispiel der Finanzausgleich, die Zweitwohnungsinitiative, die Abwanderung sowie auch die Infrastrukturprobleme der Bergregionen ausführlich zur Sprache. Dabei – und dies scheint mir wichtig zu betonen – wurde verschiedentlich unterstrichen, dass es notwendig sei, Brücken zwischen Urban- und Berggebieten zu bauen und den Solidaritätsgedanken zu leben.

Anders als Sie gelange ich deshalb zur klaren Auffassung, dass sich das Publikum über das Thema „Berggebiete am Abgrund“ eine eigene Meinung bilden konnte. Das Sachgerechtigkeitsgebot wurde deshalb nicht verletzt. Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, erachte ich als unberechtigt.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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