Sketch über Winterthurer Dschihadisten in «Giacobbo/Müller» beanstandet

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Mit E-Mail vom 5. April 2015 kritisieren Sie die Sendung Giacobbo/Müller des gleichen Tages. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 6. April bereits bestätigt.

Wie angekündigt, habe ich die Verantwortlichen von SRF eingeladen, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die von Ihnen beanstandeten Sendungen sehr genau analysieren können. Ich bin somit heute in der Lage, Ihnen meinen Schlussbericht zu senden.

1. Sie begründen Ihre Beanstandung wie folgt:

„Normalerweise gehe ich tatsächlich mit der Ansicht, dass Satire alles darf, mehr oder weniger einig, insbesondere bin ich dezidiert der Ansicht, dass kein Halt von Religionen gemacht werden soll, unabhängig davon, welcher.

Der Bericht über die IS Kämpfer aus Winterthur in der obengenannten Sendung, hat meinem Verständnis davon, was Satire darf, deutlich die Grenzen aufgezeigt, ich war mir nicht bewusst, dass ich tatsächlich so empfinden würde. Nach dem Bericht, war ich wie betäubt, ich konnte tatsächlich zuerst nicht einordnen, was hat mich nun in den Grundfesten erschüttert. Nach ca. 30 Minuten konnte ich es definieren,

SICH AUF KOSTEN DER OPFER LUSTIG ZU MACHEN

Die Opfer können sich nicht mehr wehren, einem Menschen das Leben zu nehmen ist das Unwiderruflichste und Verwerflichste, was Menschen einander antun können. Ungeachtet dessen unter welchem Deckmantel dies geschieht, es ist abscheulich und es darf nicht dazu dienen, dass wir uns 5000 km vom Ort des Geschehens entfernt, darüber lustig machen, dass der IS über Ostern Schoggihasen köpfe im Nahen Osten und dergleichen Sprüche...etc. (sehen Sie die Sendung vom 05.04.2015 an)

Es ist dies ein Humor, der in einer zivilisierten Welt keinen Platz haben darf. Es ist unter dem Niveau von Stammtischpolitik und es zeugt davon, dass absolut kein Feingefühl vorhanden ist geschweige denn, Respekt gegenüber den Opfern gezollt wird.

Wir müssen (und sollen auch, nur damit wir uns bewusst werden, wie viel uns unsere Freiheit zu bedeuten hat) uns am Fernseher Videos des IS ansehen, wie Menschen auf die widerlichste Art durch ‚köpfen’.....vor laufender Kamera umgebracht werden und unsere Lokalmatadore Giacobbo und Müller erlauben sich mit solchen Vorkommnissen solche saloppen, völlig unhaltbare Jokes.

Und dies alles finanziert mit durch die Billag bei uns einkassierten Gebühren.......

Dieser Joke muss Folgen haben für die beiden Herren Komiker, denn es gibt tatsächlich Grenzen, welche durch die Ethik aufgezeigt wird, ist diese Grenze nicht mehr vorhanden, so können wir uns wieder in die Anarchie begeben.

Ich bin zu tiefst enttäuscht vom Niveau der beiden Herren, bis heute hatte ich einen gewissen Respekt vor der Arbeit die diese Beiden wöchentlich ablieferten, doch nach diesem entwürdigenden Scherz, kann ich das nicht mehr.“

2. Wie erwähnt, haben die Verantwortlichen des Schweizer Fernsehens zu Ihrer Beanstandung Stellung bezogen. Die Redaktionsleiterin „Comedy“, Frau Andrea Weber, schreibt dabei Folgendes:

„Gerne nehme ich zu der Beanstandung von Herrn X Stellung.

Bei der Sendung ‚Giacobbo / Müller’ handelt es sich um eine Satiresendung. Inhalt sind die aktuellen Themen der Woche, welche Viktor Giacobbo und Mike Müller verbal, mit Bildern oder Einspielfilmen sowie mit ihren Gästen satirisch behandeln.

Dies ist auch in der Sendung vom 5. April 2015 geschehen. Viktor Giacobbo und Mike Müller thematisieren eine Pressemeldung über Dschihadisten aus Winterthur.

Wie Herr X in seinem Brief erklärt, hat er die Pointe so verstanden, dass ‚der IS über Ostern Schoggihasen köpfe im Nahen Osten’, und er ist erschüttert, dass wir uns über Opfer lustig machen.

Original hiess es in der Sendung: ‚Was machen Winterthurer Dschihadisten an Ostern? Das gleiche wie wir: Osterhasen köpfen.’

Es ist ein Unterschied, ob wir von den Geschehnissen im Nahen Osten reden, oder von den Dschihadisten in Winterthur. Wenn wir deren Wirken – und zwar in Winterthur – auf Schoggihasen beschränken, sind sie Ziel der Satire. Wir machen uns über die Winterthurer Dschihadisten lustig.

Sollte diese Absicht in der Sendung zu wenig klar zum Ausdruck gekommen sein, so bedauern wir dies. Eine Pointe, die sich gegen IS-Opfer beispielsweise in Syrien richtet, würde anders lauten und wäre für uns nicht vorstellbar. Selbstverständlich sind die Vorgänge rund um den IS schrecklich. Aber es gehört zum Wesen der Satire, dass sie auch solche Themen anspricht.

Wir bedauern, dass ein Missverständnis entstanden ist.“

3. Soweit die Stellungnahme von Frau Andrea Weber, Redaktionsleiterin „Comedy“ bei SRF. Sie argumentiert glaubwürdig, dass von Dschihadisten in Winterthur und nicht im Nahen Osten die Rede war, und bedauert, wenn ein Missverständnis entstanden sei.

Geht es nun um meine eigene Beurteilung, so kann ich Ihre kritische Reaktion durch-aus nachvollziehen. Denn tatsächlich konnte der Spruch, wonach Winterthurer Dschi-hadisten am Ostern das gleiche wie wir machen – „Osterhasen köpfen“ –, durchaus missverstanden werden. Bedeutet dies aber, dass Viktor Giacobbo und Mike Müller die Grenze des Zulässigen überschritten haben?

Bei der Beurteilung, ob damit die geltenden Programmbestimmungen verletzt wurden oder nicht, hat die Ombudsstelle die geltende Praxis des Bundesgerichtes und der Unabhängigen Beschwerdeinstanz UBI zu berücksichtigen.

Diese Feststellung scheint mir wichtig zu sein, denn in Bezug auf Satire gilt eine grosszügige Praxis. Laut Bundesgericht und UBI ist die Satire ein besonderes Merkmal der Meinungsäusserung, bei dem sich die Form bewusst nicht kongruent zur angestrebten Aussage verhält. Die Form der Satire übersteigt die Wirklichkeit, verfremdet sie, stellt sie um, kehrt wieder zu ihr zurück, banalisiert sie, karikiert sie, macht sie lächerlich. In diesem Sinne profitiert die Satire von der in den Artikeln 16 und 26 der Bundesverfassung sowie in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleisteten Meinungsäusserungs- und Kunstfreiheit.

Der Rahmen, den satirische Sendungen zu beachten haben, ist demnach sehr weit abgesteckt. Diese geltende Praxis lässt in satirischen Sendungen mit anderen Worten sehr vieles zu, was in nicht-satirischen Sendungen nicht mehr als zulässig bezeichnet werden könnte.

Voraussetzung dafür, dass eine Sendung vom „Satireprivileg“ Gebrauch machen kann, ist allerdings, dass diese Sendung als Satire erkennbar sein muss. Dies war in der Sendung „Giacobbo/Müller“ eindeutig der Fall. Für das Publikum war klar, dass es sich um eine Satire handelte.

Aber selbst bei eindeutigen Satiresendungen teile ich grundsätzlich Ihre Auffassung, wonach gewisse ethische Grenzen beachtet werden sollten. Nachdem ich den von Ihnen kritisierten Beitrag analysieren konnte, gelange ich zur Auffassung, wonach diese Grenze nicht überschritten wurde. Gewiss: wenn von „Dschihadisten“ und von „köpfen“ die Rede ist, können die Videos des IS und die widerlichste Art, wie Menschen vor laufender Kamera durch „köpfen“ umgebracht werden, in Erinnerung kommen. Da es sich aber um Winterthurer Dschihadisten handelte, glaube ich nicht, dass mit ihrem Spruch Giacobbo/Müller sich auf Kosten der Opfer lustig machen wollten.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass auch wenn ich Ihre Sorge für Respekt gegenüber den Opfern des IS durchaus verstehe und teile, Ihre Beanstandung aber, soweit ich darauf eintreten konnte, nicht unterstützen kann.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegen zu nehmen. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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