«Mit der allgemeinen Abgabe werden einige Probleme gelöst»

Prisca Birrer-Heimo, Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz, äussert sich zu kritischen Punkten der neuen Gebührenordnung.

– Interview: Fabian Gressly

LINK: Jeder und jede kriegt den gleichen Service public für weniger Geld. Trotzdem sieht der Schweizerische Konsumentenschutz auch Gründe gegen die RTVG-Revision. Welche?

Prisca Birrer-Heimo: Die Stiftung für Konsumentenschutz SKS hat Stimmfreigabe beschlossen, weil es bei dieser Vorlage für die Konsumenten Vor- und Nachteile gibt. Dass die Gebühren für die Haushalte von Fr. 462.- auf Fr. 400.- sinken, auch Schwarzseher und –hörer zur Kasse gebeten werden und Kontrollen durch die Billag entfallen, sind wichtige Vorteile. Aber es gibt auch Personen, für die die neue Regelung teurer wird, z.B. wer bisher nur Radio- oder nur Fernsehgebühren bezahlt hat oder wer bewusst auf diesen Konsum verzichtet und nach der fünfjährigen Übergangsfrist bezahlen muss.

Die SKS moniert, dass künftig Radio und TV in eine Abgabe vereint werden. Ist die Trennung der Medienträger im digitalen Zeitalter, in welchem die Geräte immer mehr verschmelzen, nicht illusorisch?

Das ist richtig. Es geht dabei aber auch nicht um die Trennung der Medienträger, sondern um die Frage, ob die bisherige, für einen bestimmten Leistungsbezug geschuldete Gebühr zu einer allgemeinen Abgabe wird. Es gibt gute Gründe dafür, damit in der Schweiz in allen Landesteilen ein guter Service public gewährleistet werden kann. Aber es handelt sich klar um einen Systemwechsel.

Faktisch ist es doch so, dass es ohnehin in jedem Haushalt ein Gerät gibt, mit welchem man fernsehen oder Radio hören kann. Da ist doch eine allgemeine Abgabe gerechtfertigt. Ich bezahle z.B. mit den Steuern auch Leistungen, die ich nicht beanspruche. Zudem löst eine allgemeine Abgabe das Problem mit Schwarzsehern.

Es gibt noch Haushalte, die gar kein empfangsbereites Geräte haben, auch wenn es immer weniger sind. Und es gibt auch jene, die bewusst auf Fernseh- und Radiokonsum verzichten. Deshalb habe ich mich im Parlament für das sogenannte Opting-out eingesetzt, d.h. dass man sich bei der Erhebungsstelle abmelden kann. Der Vergleich mit den Steuern hinkt insofern, da es sich eben nicht um eine Steuer handelt und dafür auch eine Verfassungsgrundlage fehlt. Aber es ist so: Mit der allgemeinen Abgabe werden einige Probleme gelöst. Und der Service public von Radio und Fernsehen ist für die Gesellschaft und Demokratie wichtig, davon profitieren schlussendlich alle. Das war auch mit ein Grund, wieso ich persönlich die Vorteile der Revision höher gewichte und dafür bin.

Bundesrätin Leuthard betonte, dass auch nach dem 5-jährigen Opting-out künftig Härtefälle angeschaut würden. Muss wegen der Medienabgabe also niemand finanzielle Not leiden?

Ich bin klar dafür, dass die Möglichkeit der Abmeldung weiterbestehen muss. Es gibt Personen, die aus finanziellen Gründen auf jeglichen Radio- und Fernsehkonsum verzichten (müssen), und es wird weiterhin einen, vermutlich zunehmend kleineren, Teil geben, der bewusst darauf verzichtet.

Kritiker führen an, die Mediengebühr würde nach Annahme des neuen RTVG in die Höhe schiessen. Wie stehen Sie zu dieser Befürchtung?

Diese Behauptung entbehrt jeglicher Grundlage. Wie bis anhin, legt der Bundesrat die Gebühren fest und muss dabei die Empfehlungen des Preisüberwachers berücksichtigen. In den letzten 20 Jahren wurden die Gebühren nur der Teuerung angepasst, real erfolgte keine Erhöhung.

Interview: Fabian Gressly

Bild: Priska Ketterer Luzern

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