«Uns muss man den Knochen vor die Füsse werfen»
Radiosendungen auf Instagram anpreisen? Die Schüler der Wirtschaftsmittelschule Reinach brachten den Redaktoren des Regionaljournals die Sicht der Jungen näher. Im Gegenzug erhielten die Jugendlichen Einblicke ins Radiomachen während der Wahlen.
– Von Regina Schneeberger
Eine junge Frau macht schnell mit dem Handy ein Foto. Sie schaut konzentriert auf den Bildschirm. In ihrem Fokus sind vier Klassenkameraden, die an der Diskussion mit den Radioredaktoren und der Programmkommission Region Basel teilnehmen. Das Ergebnis gefällt. Sie zeigt das Foto stolz ihrer Sitznachbarin. Wahrscheinlich werden sie nicht die Einzigen sein, die das Bild zu Gesicht bekommen. Über soziale Medien wie Instagram oder Facebook ist es schnell weiterverbreitet, wird geteilt und kommentiert. Im Internet sind junge Erwachsene täglich unterwegs. Sie schauen sich Videos und Bilder an, lesen Texte und tauschen sich mit Freunden aus. Radio hingegen hören sie sowohl online wie auch offline seltener. In der Altersgruppe ab 60 Jahren wird in der Schweiz im Schnitt drei Mal so lange Radio gehört wie in der Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen. Dies zeigen die Zahlen der Mediapulse AG aus dem Jahr 2013.
Schüler bringen ihre Sicht den Radiomachern näher
Auch die Schülerinnen und Schüler der Wirtschaftsmittelschule Reinach informieren sich nicht primär übers Radio. «Ich höre höchstens im Auto Radio», sagt der 19-jährige Lukas Deger. Doch in den Wochen vor den Wahlen setzten sich die Jugendlichen vertieft mit diesem Medium auseinander. Sie hörten Sendungen des Regionaljournals Basel Baselland
«Ich höre höchstens im Auto Radio» Lukas Deger, Wirtschaftsmittelschüler
zu den Regierungs- und Landratswahlen im Februar 2015. In Gruppen übten sie Kritik an den Sendungen und dem Internetauftritt des Regionaljournals. Ihre Kritik konnten sie dann an der Sitzung vom 3. März gemeinsam mit der Programmkommission Region Basel den Radiomachern näher bringen.
Mehr als Musikradio
Die Programmkommission tauscht sich sechs Mal jährlich mit der SRF Regionalredaktion BS BL, den Redaktionen von SRF 2 Kultur sowie den Basler TV-Korrespondenten von SRF aus. Das Gremium besteht aus acht Mitgliedern. Im Rahmen der offenen Programmbeobachtung wurde es durch die Schüler des Wahlpflichtfachs Medien / Kommunikation ergänzt. «Mit der Zusammenarbeit wollen wir den Jugendlichen zeigen, dass es nicht nur Musikradio gibt Sondern, dass man sich über das Radio zu
«Mit der Zusammenarbeit wollen wir den Jugendlichen zeigen, dass es nicht nur Musikradio gibt Sondern, dass man sich über das Radio zu gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Themen informieren kann» Markus Bodmer, Präsident PK SRG Region Basel
gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Themen informieren kann», sagt der Präsident der Programmkommission der SRG Region Basel, Markus Bodmer. Zudem wolle man ihnen den Service public näherbringen. Ihnen zeigen, dass die SRG einen wesentlichen Teil zum nationalen Zusammenhalt, zur Überbrückung von Sprachgrenzen und somit zum schweizerischen Demokratieverständnis beitrage, so Bodmer.
Und zum Thema Demokratie passte auch die Auswahl der Sendungen. «Als junge Staatsbürger mussten sie sich aktiv mit den Wahlen befassen. Das ist ein Beitrag an die politische Bildung», sagt Lehrerin Marianne Imperiale. Doch stiessen die Wahlen vor dem
«Als junge Staatsbürger mussten sie sich aktiv mit den Wahlen befassen. Das ist ein Beitrag an die politische Bildung», Marianne Imperiale, Lehrerin
Beobachtungsauftrag auf geringes Interesse. Gemäss einer Umfrage, durchgeführt von einer Gruppe von Schülern, informierten sich nur 5 der 40 Jugendlichen vor der Programmbeobachtung über die Wahlen. Nach der Beobachtung ging immerhin ein Viertel der Schüler wählen.
Das Frühstück der Politiker
Mehr über die Kandidatinnen und Kandidaten erfuhren sie beispielsweise in der Sendung «Wahlzmorge ». In Interviews stellten die Politiker einen Zeitungsartikel ihrer Wahl vor und erläuterten ihre Meinung zum Thema. «Mir fehlte bei den Interviews die Nähe zu den Politikern», sagt Marc Waller. Mit Einblicken ins Privatleben hätte man ihn mehr ergreifen können. Was die Politiker vor der Sendung gefrühstückt haben, hätte ihn interessiert, so der Schüler. Redaktor Hansruedi Schär nimmt diesen Kritikpunkt auf. «Mit solchen Aspekten könnten wir sicherlich mehr Nähe schaffen », sagt er.
Mit Instagram Sendungen schmackhaft machen
Die Schülerinnen und Schüler entsprächen vom Alter her nicht der Stammhörerschaft des Regionaljournals, so Schär. Doch seien insbesondere ihre Rückmeldungen zum Webauftritt und zum Twitterkanal wertvoll. «Denn damit wollen wir auch ein jüngeres Publikum ansprechen», sagt der Regi-Redaktor. Die Tweets seien informativ und aktuell, so die
«Wenn ich auf Instagram den Trailer zu einer Sendung und darunter den Link sehe, werde ich darauf aufmerksam» Intusha Gnanasegaran, Wirtschaftsmittelschülerin
Rückmeldungen der Jugendlichen. Doch beim Webauftritt fiel es einigen schwer, die gesuchten Sendungen schnell zu finden. «Unserer Generation muss man den Knochen direkt vor die Füsse werfen, damit wir ihn aufgreifen», sagt Marc Waller. Über Instagram könnte man ihnen die Sendungen eher schmackhaft machen, meinen einige. «Wenn ich auf Instagram den Trailer zu einer Sendung und darunter den Link sehe, werde ich darauf aufmerksam», sagt die 18-jährige Intusha Gnanasegaran.
Jugendfestival oder Altersheim?
«Instagram ist keine geeignete Plattform für uns», sagt Hansruedi Schär. Sie seien Radiomacher und keine Videojournalisten oder Fotografen. Und qualitativ schlechte Videos könnten der Marke SRF schaden, meint Schär. «Zudem fehlen uns die Ressourcen, um verschiedene Social-Media- Plattformen mit aktuellen Informationen zu speisen und auf Reaktionen und Kommentare einzugehen», sagt er. Deshalb konzentriere man sich auf Twitter. Bei einem Event wie dem Wahlsonntag vermehrt Fotos über Twitter zu verbreiten, könnte er sich jedoch vorstellen. Doch nicht nur über den Kanal, auch über die Themenwahl spricht das Regionaljournal unterschiedliche Altersgruppen an. «Wollen wir mehr Jugendfestival- oder mehr Altersheimthemen? Diese Frage stellt sich uns immer wieder», sagt Schär. Die richtige Mischung mache es aus.
Regina Schneeberger
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