«Ich entschied mich bewusst dafür, mich so zu geben, wie ich bin»

Ende Juni moderierte Bernard «Beni» Thurnheer nach einem über 40-jährigen Berufsleben bei Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) zum letzten Mal das «sportpanorama». LINK sprach mit ihm über Vergangenheit und Zukunft sowie mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus Unterhaltung und Sport über – Beni.

– Von Cornelia Diethelm

Im Churer Restaurant, wo wir uns fürs ­Gespräch treffen, drehen sich alle Köpfe nach ihm um, als er eintritt. Strahlend ­begrüsst ihn ein Kellner und nennt ihn beim Namen. Und bevor der prominente Gast nach eineinhalb Stunden wieder geht, wollen alle Angestellten noch ein Selfie mit ihm. Bereitwillig lässt er sich foto­grafieren, lächelt in die Handy-Kameras. «Sobald ich zum Haus hinausgehe, werde ich erkannt – das gehört einfach zu ­meinem Beruf», sagt Bernard Thurnheer ­irgendwann während des Interviews. Wobei: «Es ist nicht immer leicht, in der Öffentlichkeit sich selber zu bleiben.»

Vorbild Mäni Weber

Bernard Thurnheer arbeitet seit 1973 für Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). In seinen frühen Fernsehjahren wurde er mit dem Namenszusatz «National» ausgezeichnet: «Beni National». Erst eine Person in der ­Radio- und ­Fernsehgeschichte der Schweiz erhielt bisher diese Ehre – der ­Radiosportredaktor und Fernsehmoderator von Medizin- und Quizsendungen Mäni Weber (1935–2006). «Mäni sah blendend aus, trat in seinen Sendungen immer als derjenige auf, der ­alles wusste, und pflegte sein Star-Sein», meint Bernard Thurnheer. Er habe von Mäni Weber einiges gelernt, betont er, «zum Beispiel auch, meinen eigenen Weg zu gehen. Ich entschied mich bewusst dafür, mich so zu geben, wie ich bin.»

Fleissig und fürsorglich

«Beni ist ein typischer Schweizer, denn er vereint viele der positiven Merkmale unseres Landes wie Zuverlässigkeit, Seriosität, Nüchternheit, Fleiss, Professionalität und Teamgeist», findet Marco Stöcklin, der ehemalige Unter­haltungschef, der während 23 Jahren mit Bernard ­Thurnheer beruflich

«Beni ist ein typischer ­Schweizer, denn er vereint viele der positiven Merkmale unseres Landes.» Marco Stöcklin, ehem. Unterhaltungschef. Bilder: SRF

verbunden war: 1978 bis 1979 beim Quiz «Glücks­kugel», 1980 bis 1991 beim legendären Quiz «Tell-Star» und ab 1991 bei der Spielshow «Benissimo» sowie bei einigen anderen Sendungen. Bernard Thurnheer sei spontan, schlagfertig, ­humorvoll und könne gut improvisieren. Vor einigen Jahren sagte Marco Stöcklin in «Glanz & Gloria»: «Beni, mein Kollege ­Hannes ­Bichsel und ich haben vielleicht mehr Zeit miteinander verbracht als ein Ehepaar bis zur goldenen Hochzeit.»

«Nichts brachte Beni aus der Ruhe. Er war souverän.» Barbara Lustenberger, «Benissimo»-Assistentin . Bild: SRF / Merly Knörle

Nicht ganz so gut lernte Barbara Lustenberger Bernard Thurnheer kennen, auch wenn sie ihm von 2003 bis 2012 sehr nahe war – als seine Assistentin stand sie auf der «Benissimo»-Bühne jeweils direkt neben ihm. (Die «Miss Schweiz»-Teil­nehmerin trug damals noch ihren ledigen Namen Megert.) «Beni war ein sehr ­fürsorglicher Kollege. Er hat mich beruhigt, wenn ich nervös war. Ihn selber brachte nichts aus der Ruhe. Er warsouverän. Und während der Pausen bei den drei halben Probetagen, die wir pro Sendung hatten, war er immer gut für eine Anekdote, einen Witz. Es war nie langweilig mit ihm.»

Eine ruhige Zeit ohne Termine

Seit dem 60. Lebensjahr nimmt Bernard Thurnheer sich beruflich schrittweise zurück. Wird es ihm nicht langweilig, jetzt wo er die Moderation des «sportpanorama» abgegeben hat? «Nein, denn jetzt ist es so, wie ich es mir eigentlich schon früher gewünscht hätte: Ich habe mehr Zeit für die einzelnen Sendungen. Und zudem ­geniesse ich es, ab und zu morgens aufzuwachen und mich zu freuen, dass ich ­keine Termine habe.» Für die Zukunft stellt sich Bernard Thurnheer vor, seinen Beruf noch weiter zu reduzieren, «aber nie ganz auf­zuhören, zu arbeiten», und mehr Zeit fürs Reisen, für Konzerte, Literatur, Kunst zu haben – und vor allem für seine Partnerin.

Welcher Bereich seiner Tätigkeit wird Bernard Thurnheer am meisten fehlen? «Die Live-Fussball-Berichterstattung aufzugeben, hat geschmerzt. Es ist auch das, was ich am längsten gemacht habe.» Er habe es geschätzt, beim Kommentieren nicht sichtbar zu sein. «Für meine Fernsehsendungen wurde ich jeweils angefragt – ich musste nur noch ja sagen.» Nein zu ­sagen, scheint ihm schwer zu fallen, und er gibt zu, ein grosses Harmoniebedürfnis zu haben.

Immer der gute Kumpel

«Überall, wo er war, war gute Stimmung», sagt der Abteilungsleiter Sport von SRF, Urs Leutert, über Bernard Thurnheer. «Beni ist ein Star, aber intern blieb er immer der gute Kumpel.» Leutert erzählt, dass er

«Für Beni ist Sprache nicht Werkzeug, sondern Spielzeug.» Urs Leutert, Abteilungsleiter Sport SRF. Bild: SRF

an Bernard Thurnheer besonders auch dessen inhaltliche Kreativität schätzt: «Er hat ein breites Allgemeinwissen, ist an vielem interessiert und nutzt die Sprache nicht als Werkzeug, sondern als Spielzeug. Das zeigen seine unverkrampften, inhalt­lichen Metaphern.»

Bernard Thurnheers junge Kollegin, die Sportjournalistin Steffi Buchli, ergänzt: «Beni ist übrigens nicht nur ein Viel-­Redner, er ist auch ein Viel-Leser – auf seine Buchtipps ist Verlass.» Und zum Stichwort Star sagt sie: «Nur, wer einmal mit Beni Thurnheer quer durch ein ­Fussballstadion gegangen ist, kann beurteilen, was er für die Schweiz bedeutet. Beni ist Kulturgut!»

«Beni ist Kulturgut!» Steffi Buchli, Sportredaktorin SRF. Bild: SRF

Das Star-Sein wird Bernard Thurnheer wohl am wenigsten vermissen. Er sagt dazu: «Wenn ich schaue, was heute in den Medien abgeht, wie in gewissen Internet-Foren über Leute hergefallen wird, die sich nicht wehren können, bin ich froh, muss ich das nicht mehr erfahren.» Und nachdenklich ergänzt er: «Ich bin mit dem Alter nicht gelassener geworden, ­sondern eher dünnhäutiger.»

Cornelia Diethelm

Bernard «Beni» Thurnheer in Kürze
11. Juli 1949 in Winterthur geboren, 1973 Lizenziat in Rechtswissenschaft, 1973 Anstellung bei Schweizer Radio als Sportreporter. Bernard Thurnheer arbeitete im Laufe der Jahre in fast allen Sport­sendungen bei ­Radio und Fernsehen DRS, sowie in mehreren Quiz- und Unter­haltungs­sendungen (siehe Lauftext). Er hat meh­rere Bücher veröffentlicht, unter anderem 2002 «Reden ist immerhin Silber».

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