Horoskop-Rubrik «Madame Etoile» auf Radio SRF 3 beanstandet

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Mit E-Mail vom 26. Mai 2015 haben Sie die Sendung „Madame Etoile“ des gleichen Tages auf Radio SRF 3 kritisiert. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 26. Mai bereits bestätigt.

Wie üblich, habe ich die Verantwortlichen von Radio und Fernsehen SRF gebeten, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die Angelegenheit studieren können. Ich bin somit in der Lage, Ihnen heute meinen Schlussbericht zu senden.

1. Sie begründen Ihre Beanstandung wie folgt:

„Ich habe gerade (26.5.) die Sendung ‚Madame Etoile‘ finde diese erfüllt den Tatbe­stand der Irreführung und ist gefährlicher Aberglaube. Es wurde empfohlen, diese Woche auf keinen Fall Verträge zu unterschreiben, weil die Sterne zeigen würden, dass alles unstet sei. Zudem sei es eine Zeit der Intrigen. Und in Beziehungen laufe es schlecht. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei diesen Aussagen um reine Spekulation handelt, die in keiner Weise belegbar sind, finde ich es verantwortungs­los, solche Aussagen in einem öffentlich-rechtlichen Sender zu bringen, da dies den Anschein erweckt, dass dieser Blödsinn stimmt. Es unterstellt zum Beispiel jedem, der diese Woche einen Vertrag erstellt, implizit böse Absichten, so etwas finde ich nicht rechtens. Leute die verunsichert sind und weniger gut reflektieren, könnten dazu verleitet werden, so etwas zu glauben und zu unüberlegt zu handeln. Ich finde so ein Sender hat eine Verantwortung gegenüber dem Publikum und die Pflicht, vor so was zu schützen und vorgängig mindestens auf dies hinzuweisen.“

2. Wie bereits erwähnt, haben die Verantwortlichen von SRF zu Ihren Kritiken Stellung bezogen. Ich möchte Ihnen das Schreiben von Herrn Pascal Scherrer, Publizistischer Leiter Radio SRF 3, nicht vorenthalten. Er schreibt Folgendes:

„Gerne nehmen wir wie folgt Stellung zu den beiden zentralen Kritikpunkten von Herrn X:

‚Tatbestand der Irreführung‘

Horoskop-Rubriken sind in Massenmedien seit Jahrzehnten ein wohlbekannter und beim Publikum beliebter Inhalt. Eine überwiegende Mehrheit des Publikums rezipiert diese Kurzform der Astrologie als leichte Form von Unterhaltung. Dies trifft – so schliessen wir aus den Reaktionen unseres Publikums – auch auf die Horoskop-Rubrik ‚Madame Etoile‘ von Radio SRF 3 zu. Wir strahlen diese seit 1991 Montag für Montag um 0940 Uhr aus.

Die Rubrik wird von der Moderation seit fast 25 Jahren jeweils korrekt ausgewiesen als Astrologie-Rubrik. So auch in der von Herrn X kritisierten Ausgabe vom 26. Mai. Herr X hat diesen vorgängigen Hinweis vermisst, obschon SRF 3 sogar zweimal auf den Astrologie-Charakter der Sendung hingewiesen hat:

Zitate:

  1. ‚SRF drüü am 19 vor Zähni – Madame Etoile, kennet ihr – liist für öis d’Sterne und het mir gestern no es Mail gmacht, es werde echli e chaoitischi Wuche und jetzt rootet emoll – Murphys Law – wer grad is Studio z’springe chunnt total verzuuslet und verregnet und rüeft ‚Verspöötig‘.
  2. Es folgt das seit über 20 Jahren bekannte Signet der Astrologie-Rubrik, in dem noch einmal die Layoutstimme von SRF 3 sagt: ‚Madame Etoile luegt für euch in d’Stärne.‘

Hinzu kommt, dass die Moderation – augenzwinkernd – auch während der Rubrik immer wieder klar macht, dass es sich beim Inhalt nicht um eine naturwissenschaft­lich begründete Form von Prognostik handelt. Im vorliegenden Fall sind es zwei Stellen:

Zitat nach 1‘29‘‘: Moderation zur Prognose von Madame Etoile, dass es auch im Strassenverkehr zu Problemen kommen kann aufgrund der Neptun-Sternenkonstel­lation: ‚Also es muess hüt am Morge nit dr gsperrti Albisriederplatz sii, villicht isch es dr Neptun...‘.

Zitat nach 2‘40‘‘: Moderation, nachdem Madame Etoile im Beruflichen vor Unsicher­heiten und tatsächlich auch vor Vertragsabschlüssen, aber auch vor Intrigen in den Arbeitsbeziehungen in dieser Woche gewarnt hat aufgrund der Sternenkonstellation: ‚Stichwort Beziehige: Wüsset mir den wenigschtens in der Liebi, was mer wänn?‘

Eine Irreführung würde unserer Ansicht nur dann vorliegen, wenn wir das Publikum nicht über die astrologische Herkunft der von Herrn X kritisierten Prognosen infor­mieren würden, und/oder wenn wir die Aussagen der Astrologin als naturwissen­schaftliche Tatsacheninformationen behandeln würden. Beides ist in der Astrologie-Rubrik von Radio SRF 3 nicht der Fall.

‚Gefährlicher Aberglaube‘

Herr X hält Astrologie für einen gefährlichen Aberglauben. Das ist sein gutes Recht. Wir hingegen wissen aus unserer fast 25-jährigen Praxis, dass die fragliche Astrologie-Rubrik ungefährlich ist für die Hörerschaft. Offensichtlich sind die Hörerinnen und Hörer grösstmehrheitlich in der Lage zu unterscheiden zwischen einer Tatsachenmeldung und der prognostischen Deutung einer Astrologin.

Wie man Astrologie wahrnimmt und interpretiert, bleibt in unserer liberalen Gesell­schaft dem Einzelnen überlassen. Hinzu kommt, dass auch die Konzession des Gesetzgebers für die Programme der SRG liberal ist. Wir sind nicht angehalten, ausschliesslich rein naturwissenschaftlich und/oder tatsachen-basierte Inhalte anzu­bieten. Entsprechend dürfen auch sogenannt erfahrungswissenschaftliche Inhalte Bestandteil des Programms sein.

Zum Schluss möchten wir darauf hinweisen, dass die Menge der genannten Inhalte bei SRF 3 und im gesamten Unternehmen SRF vernachlässigbar klein ist. Im SRF-Kontext ist die genannte Horoskop-Rubrik sogar einzigartig. Ferner darf nicht verges­sen werden, dass auch Horoskop-Inhalte von uns redaktionell mit Vorgaben und Auflagen geführt werden, wie dies bei allen anderen redaktionellen Angeboten auch der Fall ist.“

3. Soweit die Stellungnahme der Verantwortlichen von SRF. Der Publizistische Leiter von Radio SRF 3, Herr Pascal Scherrer, argumentiert ausführlich, warum seiner Meinung nach Ihre Beanstandung abgewiesen werden soll.

Sie sind der Auffassung, wonach die Sendung „Madame Etoile“ den Tatbestand der Irreführung erfüllt und ein gefährlicher Aberglaube sei. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei den Aussagen von „Madame Etoile“ um „reine Spekulation handelt, die in keiner Weise belegbar sind“, finden Sie es verantwortungslos, solche Aussa­gen in einem öffentlich-rechtlichem Sender zu bringen, „da dies der Anschein er­weckt, dass dieser Blödsinn stimmt“.

Sie werfen somit die grundsätzliche Frage auf, ob es zulässig sei, auf Radio SRF seit nahezu 25 Jahren eine Sendung wie „Madame Etoile“ auszustrahlen. Ihre berech­tigte Frage ist nicht neu. Bereits im Jahr 2012 forderten die Zürcher Freidenker in einer Onlinpetition das Aus für die Sendung. Die Begründung: Die Sendung mit Mo­nica Kissling, Alias „Madame Etoile“, sei „ein Werbefenster für Scharlatane“. Obwohl diese Petition innert kürzester Zeit mehr als 1.000 Unterschriften sammeln konnte, war ihre Wirkung sehr bescheiden. Zwar wurde in den Medien kontrovers diskutiert, ob eine derartige Sendung als Service-public-Format legitimiert werden könne. Doch die verlangte Absetzung fand nicht statt. Auch am Montag, den 25. Mai konnte Madame Etoile unter dem Titel „Im falschen Film“ behaupten, dass die Sterne unsere Fantasie beflügeln und gleichzeitig den Geist vernebeln: „Das führt im praktischen Alltag zu Missverständnissen, Pannen und chaotische Situationen.“

Heute wie damals ist die Begründung der Verantwortlichen von SRF gleich geblie­ben: die Mehrheit des Publikums rezipiert diese Sendung als Unterhaltung und ist in der Lage, diese Kurzform der Astrologie richtig zu bewerten. Auch wenn die Aussa­gen der Astrologin als „so genannt erfahrungswissenschaftliche Inhalte“ qualifiziert werden, würden sie nicht als naturwissenschaftliche Tatsacheninformationen behan­delt.

Geht es nun um meine eigene Beurteilung, so kann ich Ihre kritische Einstellung gut nachvollziehen. Doch nachdem ich die Angelegenheit analysieren konnte, gelange ich zu anderen Schlussfolgerungen als Sie. Dies aus zwei Gründen.

Zuerst einmal, weil sowohl die Bundesverfassung wie auch das Gesetz die Pro­grammautonomie von Radio und Fernsehen gewährleisten. Im Rahmen des Leis­tungsauftrags muss es jedem Veranstalter erlaubt sein, sich mit den verschiedenen Bereichen des staatlichen, gesellschaftlichen, kulturellen und religiösen Lebens aus­einanderzusetzen. Es ist kein Thema denkbar, das einer Behandlung oder einer kriti­schen Erörterung in den elektronischen Medien entzogen ist. Dies beinhaltet auch die grundsätzliche Freiheit, eine Sendung einer Astrologin auszustrahlen. Dabei gilt es jedoch, die übrigen Programmbestimmungen und vorliegend insbesondere das Sachgerechtigkeitsgebot einzuhalten.

Die Ombudsstelle prüft im Zusammenhang mit dem Sachgerechtigkeitsgebot, ob dem Publikum aufgrund der in der Sendung vermittelten Fakten und Meinungen ein möglichst zuverlässiges Bild eines Sachverhalts oder eines Themas vermittelt wor­den ist, so dass dieses sich darüber frei eine eigene Meinung bilden kann.

Dies ist meines Erachtens bei der Sendung „Madame Etoile“ durchaus der Fall. Ich beziehe mich ausdrücklich nicht auf die Inhalte, welche ich ebenfalls als zumindest fragwürdig erachte. Doch sowohl in der Sendung selber wie auch im Internet wird transparent angekündigt, dass es sich lediglich um astrologische Informationen handelt. Mit dem Hinweis „was verheissen die Sterne für die kommende Woche“ wird bereits im Sendungsportrait deutlich vermerkt, dass es bei „Madame Etoile“ um eine astrologische Sendung geht. Dass „Madame Etoile“ ihre Aussagen aus den Sternen holt, wurde in der Sendung vom 25. Mai zweimal deutlich betont. Das Publikum war somit in der Lage, die erhaltenen Informationen als nur astrologische Interpretation der Sternkonstellationen korrekt einzuschätzen und als solche auch wahrzunehmen. Ich glaube deshalb nicht, dass von Irreführung oder Gefährdung des Publikums die Rede sein kann.

Ich gelange deshalb zur Auffassung, dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden konnte. Das Sachgerechtigkeitsgebot wurde deshalb nicht verletzt. Auch wenn ich für Ihre kritische Meinung durchaus Verständnis habe, kann ich Ihre Beanstan­dung, soweit ich darauf eintreten konnte, nicht unterstützen.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegenzunehmen. Über die Mög­lichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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