Hat «Passage» einseitig über den Fall Sibel Arslan berichtet?
Die Radiosendung «Passage» berichtete auf SRF 2 Kultur am 5. und 7. Juni 2015 über die Basler Juristin und Politikerin Sibel Arslan. Nach einer kritischen Artikelserie der «Basler Zeitung» verliert sie eine bereits zugesagte Stelle als Leiterin des Baselbieter Straf- und Massnahmenvollzugs. Der betroffene BAZ-Journalist beanstandet die Sendung als einseitig und unsachgerecht.
Er habe auch keine Möglichkeit erhalten, sich zu den in der Sendung geäusserten Vorwürfen Stellung zu nehmen, moniert der betroffene BAZ-Journalist, vertreten durch seinen Anwalt. Ausserdem seien im beanstandeten Beitrag relevante Tatsachen unterschlagen worden. Die Zuhörerinnen und Zuhörer hätten sich kein eigenes Bild machen können.
Franziska Baetcke, Programmleiterin Radio SRF 2 Kultur, weist die Vorwürfe mehrheitlich zurück. Beide Seiten seien mit den jeweiligen Vorwürfen konfrontiert worden und hätten die Möglichkeit erhalten, die Vorgänge und Konsequenzen aus ihrer Sicht zu erläutern. Es seien keine wichtigen Informationen unterschlagen worden. Der Autor der beanstandeten Sendung habe sich an die klare Sachlage gehalten.
Gemäss Ombudsmann Achille Casanova nimmt die monierte Sendung in weiten Teilen einen anwaltschaftlichen Fokus ein, indem sie sich auf die Seite von Frau Arslan stellt. Sowohl für die UBI als auch für das Bundesgericht ist der «anwaltschaftliche Journalismus» Bestandteil der Programmautonomie von Radio und Fernsehen. Er wird grundsätzlich als zulässig betrachtet, wenn der anwaltschaftliche Blickwinkel transparent erfolgt und der Beitrag insgesamt nicht manipulativ wirkt. Zudem müssen beide Seiten angehört werden.
Diese Voraussetzungen sieht der Ombudsmann im beanstandeten Beitrag erfüllt. Der betroffene BAZ-Journalist habe Gelegenheit erhalten, seinen Standpunkt zu den wichtigen Aspekten zu erläutern.
Aufgrund des anwaltschaftlichen Fokus sei die Tonalität der Sendung nicht neutral und teilweise tendenziös gewesen. Doch der besondere Blickwinkel des Beitrags sei deutlich erkennbar geworden. Das Publikum habe zwischen Fakten und Ansichten unterscheiden und sich eine eigene Meinung bilden können. Das Sachgerechtigkeitsgebot sei somit nicht verletzt worden.
Der Ombudsmann erachtet die Beanstandung als unberechtigt.
- Lesen Sie hier den Schlussbericht 4016 im Detail.
Quelle: Ombudsstelle SRG.D, Achille Casanova
Text/Zusammenfassung: SRG.D, dl
Bild: Colourbox.de
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