War «Sternstunde Philosophie» ethisch fragwürdig?

In der Sendung «Peter Singer – Der Weltverbesserer unter den Philosophen» aus der Reihe «Sternstunde Philosophie» vom 24. Mai 2015 diskutierte Moderatorin Babara Bleisch mit dem umstrittenen australischen Philosophen Peter Singer. Ein Zuschauer findet, Singers verfassungs- und menschenrechtswidrige Thesen würden in der Sendung zu positiv und zu unkritisch dargestellt.

Weiter kritisiert der Beanstander – ein Vorstandsmitglied des Vereins «Selbstbestimmung.ch» –, die Sendung habe Peter Singer eine Plattform geboten, das Lebensrecht von Menschen mit Behinderung in Frage zu stellen. Es habe auch kaum kritische Rückfragen seitens der Moderatorin gegeben. Der Beanstander hätte sich als Diskussionspartner einen Vertreter der Gegenseite gewünscht, der dem Philosophen hätte Paroli bieten können. Ausserdem würde Singer mit der Bezeichnung «Weltverbesserer» zu positiv dargestellt.

Judith Hardegger, Redaktionsleiterin «Sternstunden», weist in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass Peter Singer «der wohl pointierteste Vertreter des Präferenz-Utilitarismus» sei und seine utilitaristischen Argumente im Gespräch bis zum Äussersten durchexerziere. Er habe jedoch nicht widerspruchsfrei sein Weltbild darstellen können. Die Moderatorin habe Gegenstimmen zu Singers Aussagen dargelegt. Zudem habe sie mehrfach und klar herausgestrichen, dass Singers Positionen die Gefahr der Abwertung und Diskriminierung behinderten Lebens in sich bergen.

Die Sendung «Sternstunde Philosophie» biete einen angemessenen Rahmen, um den Diskurs über kontroverse Themen abbilden zu können. Die Zuschauerinnen und Zuschauer hätten sich ein eigenes Bild von Peter Singer und seinen Ansichten machen können.

Ombudsmann Achille Casanova kann die Kritik des Beanstanders nachvollziehen. Gerade Menschen mit Behinderung und ihre Organisationen befürchteten, dass Singers Thesen eine menschenrechtswidrige und diskriminierende Haltung gegenüber Behinderten salonfähig machen würden.

Gemäss der gesetzlich verankerten Programmautonomie von Radio und Fernsehen «ist kein Thema denkbar, das einer Behandlung oder einer kritischen Erörterung in den elektronischen Medien entzogen ist», hält Casanova in seinem Schlussbericht fest. Voraussetzung dafür sei, dass die rechtlichen Bestimmungen eingehalten würden.

Diese seien nicht verletzt worden. Denn die problematischen und heiklen Ansichten seien als die umstrittene persönliche These des Philosophen Peter Singer transparent erkennbar gewesen. Überdies seien Singers Theorien stets durch die Moderatorin hinterfragt worden. Das Publikum habe sich eine eigene Meinung bilden können.

Gerade bei politisch-philosophischen Sendungen, die sich an ein besonders interessiertes Nischenpublikum richteten, gewichte das Bundesgericht die Medienfreiheit und Programmautonomie besonders hoch.

Der Ombudsmann erachtet die Beanstandung als unberechtigt.

Quelle: Ombudsstelle SRG.D, Achille Casanova
Text/Zusammenfassung: SRG Deutschschweiz aktuell, dl
Bild: © istockphoto.com

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