«Nicht jede Kritik ist eine Anfeindung»

Die SRG.D hat einen neuen Präsidenten: Andreas Schefer. Der 54-Jährige folgt auf Viktor Baumeler, der aufgrund der Amtszeitlimite per Ende Jahr zurücktritt. Schefer übernimmt das Ruder in einer medienpolitisch turbulenten Zeit. Im Gespräch mit LINK erklärt er, ­warum das Vereinsmodell für die SRG richtig ist.

- Interview: Christa Arnet

LINK: Gratulation! Sie wurden vom ­Regionalrat zum neuen Präsidenten der SRG.D gewählt. Was werden Sie im ­neuen Amt als Erstes tun?
Andreas Schefer: Zunächst möchte ich in der neuen Funktion Fuss fassen. Als langjähriger Präsident der SRG Bern Freiburg Wallis kenne ich die Vereinsebene der SRG.D sehr gut. Als Präsident der deutschsprachigen Regionalgesellschaft werde ich zudem Mitglied im nationalen Verwaltungsrat SRG SSR sein. Meinen Platz zu finden im Gremium der strategischen Führung, wo die unternehmens- und vereinsrelevanten Entscheide gefällt werden, wird für mich ein nächster grosser Schritt werden.

Und wie definieren Sie Ihre Rolle im ­nationalen SRG-Verwaltungsrat?
In Zusammenarbeit und Übereinstimmung mit dem SRF-Direktor die sprachregionalen Interessen zu vertreten, ohne die übergeordneten nationalen Interessen und Ziele zu beeinträchtigen.

Als SRG.D-Präsident sind Sie auch Chef über die sechs Mitgliedgesellschaften. Wie sollen sich diese weiterentwickeln?
Grosser Einspruch! Ich sehe mich nicht als Chef über die Mitgliedgesellschaften. Diese haben ihre eigene Führung, eigenen Strukturen und Organe, und sie funktionieren autonom. Das ist historisch bedingt und auch gut so. Wir alle, also die SRG.D und die Mitgliedgesellschaften, sind Teil eines Ganzen, der SRG SSR. So auch die rätoromanische Regionalgesellschaft, die seit eh und je eng mit der SRG.D zusammengeht.
Die SRG.D hat sich ein neues Outfit ­zugelegt: Neue Radio- und TV-Spots, ein neuer Webauftritt, das neue Visual. Mit dem sinnbildlichen Puzzle-Spiel wird ­gemeinsames Agieren hervorgehoben – ein Leitmotiv für den Verein?
Sicher. Wir alle bauen gemeinsam am ­Konstrukt SRG. Mit dem Neuauftritt wollen wir verstärkt darauf aufmerksam machen, dass die SRG ein Verein ist, dem man beitreten kann. Unser Ziel ist es, mehr Mitglieder zu gewinnen.

Wie erklären Sie einer interessierten ­Person, warum sie der SRG als ­Vereinsmitglied beitreten soll?
Ich hebe hervor, dass sie mit ihrer Mitgliedschaft den unabhängigen, medialen ­Service public der SRG unterstützen, mittragen und auch mitgestalten kann, sofern sie dies wünscht. Und dass sie von den exklusiven Angeboten und Leistungen der Mitgliedgesellschaft ihrer jeweiligen Region profitieren wird.

«Die umfassende Diskussion, was der öffentliche Auftrag der SRG beinhalten soll, ist richtig und wichtig. Als Gebühren­empfängerin ist die SRG in einem gewissen Sinn Eigentum des Volkes.»

Welches ist für Sie das ideale SRG-Mitglied?
Bewahre! Es gibt kein ideales SRG-Mitglied, alle sind willkommen. Es braucht eine gros­se Breite und Durchmischung – von Stadt und Land, von Männern und Frauen, von Jung und Alt, von links und rechts, von ambitioniert bis kritisch. Wir sind die Trägerschaft eines Massenmediums und wir möchten die Masse ansprechen. Der Bauer im Berner Oberland ist bei uns genauso willkommen wie die Universitätsprofes­sorin in Zürich.

Sie übernehmen das SRG-Präsidium in einer medienpolitisch stürmischen Zeit. Nach der emotional geführten Abstimmung über die neue Gebührenordnung folgt demnächst die Grundsatzdebatte über den Service public der SRG SSR. Sind Sie gewappnet?
Die umfassende Diskussion, was der öffentliche Auftrag der SRG beinhalten soll, ist richtig und wichtig. Als Gebührenempfängerin ist die SRG in einem gewissen Sinn Eigentum des Volkes. Dadurch haben alle das Gefühl, mitreden zu dürfen. Wir müssen den Dialog und die Kontakte pflegen mit der Bevölkerung, der Zivilgesellschaft, den politischen Parteien und den Verlegern.

Was sind für Sie persönlich die Grundpfeiler des Service public der SRG?
Dies ist eine Grundsatzdiskussion, die den Rahmen dieses Gesprächs sprengen würde. Ein Wort steht für mich im Zusammenhang mit dem Service public allerdings über allem: Qualität.

Aus gewerblichen Kreisen weht der SRG ein rauer Wind entgegen. Im Abstimmungskampf um die neue Gebührenordnung war sie Anfeindungen ausgesetzt, die teils unter die Gürtellinie gingen. Wie gehen Sie mit SRG-Bashing um?
Nicht jede Kritik ist eine Anfeindung und nicht jede überzogene Äusserung ein ­Bashing. Wir müssen eine gewisse Härte zeigen im Einstecken und allenfalls die Gürtellinie etwas tiefer ansetzen. Als Bezüger von öffentlichen Geldern steht die SRG permanent im Schaufenster und muss ­Kritik einstecken können. Ich bin überzeugt, dass es in der Bevölkerung so etwas wie einen kollektiven Gerechtigkeitssinn gibt. Wenn eine Anfeindung überzogen ist, wirkt diese immer kontraproduktiv.

«Die Unabhängigkeit vom Staat ist durch das Trägerschafts­modell gewährleistet. Da frage ich zurück: Was ist ein besseres Modell als das unsrige?»

Junge rechtsbürgerliche Kreise haben die «No-Billag-Initiative» lanciert, welche die Abschaffung der Gebühren verlangt. Zwar steht das Zustandekommen der ­Initiative in den Sternen, es fehlen noch 25 Prozent der erforderlichen Unterschriften. Dennoch gibt das Anliegen ­einer totalen ­Gebührenbefreiung zu ­denken.
«No-Billag» ist eine Mogelpackung. Die ­Billag ist ja nur das Inkasso-Unternehmen, das die Gebühren eintreibt. In Wahrheit ist es eine SRG-Abschaffungsinitiative. Dies kann man fordern, das ist legitim, aber dann soll man es auch so sagen und sich nicht hinter dem Etikett Billag verstecken. Und was die angeblich fehlenden Unterschriften betrifft, ist den Initianten nicht zu trauen. Vielleicht trifft dies nicht zu und ist Teil der Propaganda.

Die Vereinsform der SRG SSR wird immer wieder in Frage gestellt. Aktuell ist ein Postulat im Nationalrat hängig, welches die Umwandlung der SRG in eine gemischtwirtschaftliche Aktiengesellschaft verlangt. Was halten Sie von diesem Ansinnen?
Wenn man mit Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im angrenzenden Ausland spricht, wird man sich der Vorteile unseres Vereinssystems auf privatrechtlicher Basis bewusst. Die SRG hängt nicht am Gängelband der Parteipolitik, zum Beispiel bei der Besetzung der Chefposten in den Redaktionen. Die Unabhängigkeit vom Staat ist durch das Trägerschaftsmodell gewährleistet. Da frage ich zurück: Was ist ein besseres Modell als das unsrige?

Zur Person
Andreas Schefer (*1961) hat an der Universität Zürich Geschichte, Publizistik und Volkskunde studiert. Schon während des Studiums war er als freier Mitarbeiter für das Regionalstudio Ostschweiz von Schweizer Radio DRS tätig. 1989 stiess er als Redaktor und Moderator des «Rendez-vous» und Mitglied der Inlandredaktion fest zu Schweizer Radio DRS. 1995 bis 2006 wirkte er in verschiedenen Führungsfunktionen für das Unternehmen, so als Redaktionsleiter Wort DRS 1, als Programmleiter DRS 3 und als Projektleiter Schwerpunktbildung im Stab der Radiodirektion. 2007 wechselte er zu einer Kommunikationsagentur. Seit 2008 ist er an der OGS Beratungsteam AG in Uster beteiligt und betreut Mandate im Bereich Kommunikation und Organisation. Schefer ist seit 2009 Präsident der SRG Bern Freiburg Wallis.

Bild: Thomas Züger

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