Abschied von vier grossen Auslandkorrespondenten

Praktisch auf einen Schlag gehen gleich vier Auslandkorrespondenten von Radio SRF in Rente: Casper Selg hat sich schon Ende Juni verabschiedet. Ihm folgen nun in kurzen Abständen Peter Gysling (Moskau), Walter Müller (Belgrad) und Urs Morf (Peking).

Rund 40 Journalistinnen und Journalisten verfolgen für Radio und Fernsehen SRF ­jeden Tag das Geschehen rund um den Erdball. Sie berichten über aktuelle Ereignisse, leuchten Hintergründe aus und zeigen Folgen auf. Dieses Korrespondentennetz ist ein wichtiger Eckpfeiler des Informationsangebots. SRF bringt uns die Welt mit seinen Korrespondentinnen und Korrespondenten ­täglich nach Hause. Für Radio SRF sind derzeit 20 Korrespondentinnen und Korrespondenten tätig. Wenn gleich vier kurz nacheinander ­ihren Posten aus Altersgründen verlassen, ist das für die Hörerschaft und die Chefredak­tion von Radio SRF ein einschneidendes ­Ereignis, das im SRF-­Studio Bern mit einem speziellen Anlass gefeiert worden ist.

Information als Kerngeschäft

Für SRF-Direktor Ruedi Matter ist die Information das Kerngeschäft von SRF. Die Korrespondentinnen und Korrespondenten im Ausland seien «eines der prägenden Elemente der Information». Die Qualität der Berichterstattung sei nur möglich mit Korrespondenten vor Ort, welche die Region kennen und mit ihrem Wissen und Können kompetent berichteten. Dem Rotationsprinzip entsprechend kommen die Ausland­korrespondenten in der Regel für einige Jahre zurück in die Redaktion. «Das ist für die Redaktion in der Schweiz wichtig, bereichernd und erweitert die Perspektive.» Das Korrespondentennetz sei auch in ­Zukunft wichtig für den Service public.

Dank und Emotionen

Die Chefredaktorin Radio, Lis Borner, ver­abschiedete jeden der vier abtretenden ­Korrespondenten mit einer sehr persönlichen und witzigen Würdigung, in die sie auch interessante Hintergrundinformationen einfliessen liess. Casper Selg, der ­seinen Korrespondentenposten in Berlin bereits Ende Juni verlassen hat (vgl. LINK 4/2015), war für Lis Borner eine journalis­tische ­Instanz, wortgewandt, beharrlich, selbstkritisch, und eine Persönlichkeit mit unbesiegbarer ­Neugier. Selg – sichtlich ­gerührt – ­verabschiedete sich mit einem Appell an seine Kolleginnen und Kollegen: «Kämpft für Qualität im Journalismus.» ­Borner hat sich Selgs Wissen und Erfahrung ­gesichert: Er wird Coach und Aus­bildner für den Nachwuchs. Seine Nach­folge hat Fritz ­Dinkelmann übernommen.

Abschied aus Moskau

Peter Gysling verabschiedet sich im Herbst aus Moskau und kehrt zurück in die Schweiz, wo er sich in Hergiswil niederlassen wird. Auch er bleibt im Rentenalter ­aktiv und wird seine Kenntnisse künftig als Reiseleiter weitergeben. «Ich war absolut privilegiert und hatte den besten Job, den ich mir vorstellen kann.»

Als Journalist habe er immer wieder Neues und neue Welten kennen lernen wollen, um darüber zu berichten. «Das werde ich in Zukunft wohl vermissen.» Lis Borner zeichnete von Peter Gysling das Bild eines fröhlichen, charmanten und stets an Neuem interessierten Korrespondenten. «Peter war immer voller Pläne, Ideen, voller Energie und wollte Geschichten erzählen.» Am ­Radio, im Fernsehen und auch online, wo er die Redaktion zeitweise mit seinen Fotos richtiggehend überschwemmt habe. In Moskau wird Gysling als Russland-Korrespondent von David Nauer abgelöst.

Zwar pensioniert, aber ...

Walter Müller hat seit 2001 als Südosteuropa-Korrespondent aus Belgrad berichtet und dabei immer wieder die ganze Region ­bereist. Bereits während des Krieges in ­Ex-Jugoslawien war er dort als Journalist unterwegs. «Ich konnte damals von Irene ­Meier und Max Schmid sehr viel lernen für meine spätere Tätigkeit.» Als Journalist bei Radio DRS und später Radio SRF sieht er sich privilegiert: zuerst Journalist und ­Moderator bei DRS 3, dann Produzent beim «Echo der Zeit» und seit 14 Jahren in Belgrad. «Ich hatte dort den besten Job und die beste Arbeit.» Walter Müller sei ein politischer Journalist, bei dem sein früheres ­Leben als Barkeeper und Gassenarbeiter immer wieder aufblitze, sagte Lis Borner. «Menschen stehen bei ‹Wale› immer im Zentrum, sie erklärten das Leben.» Müller sei zurückhaltend, könne Zuhören und die Leute reden lassen. Müller geht im Herbst in Pension, bleibt jedoch in Belgrad und wird als freier Journalist arbeiten. Der neue Korrespondent für Südosteuropa, Christoph Wüthrich, ist in Bern stationiert und wird als Reisekorrespondent agieren.

Umzug nach Bangkok

Aus Peking verabschiedet sich Ende Jahr Urs Morf, seit 2008 vollamtlicher SRF-­Kor­respondent für Ostasien. Seine journa­listische Kar­riere hatte er 1989 mit einer ­Reportage über Schindler in China («WochenZeitung» [WOZ]) begonnen. Ab 1992 berichtete er dann für die NZZ zuerst aus China, später für die ganze Region aus Bangkok. Sein «China-Fimmel» war bereits mit elf Jahren geweckt und durch eine dreimonatige ­China-Reise definitiv zum «China-Fieber» geworden. Als Geschichtsstudent an der Uni Zürich studierte er im Nebenfach Sinologie. «Nach dieser Reise habe ich Chinesisch gebüffelt wie wild.» Resultat: ein Stipendium an der Universität Wuhan (Provinz Hubei).

«Auslandkorrespondent zu sein, ist die einmalige Chance, eine Gegend mit ihren Menschen und der Kultur kennen zu lernen, das Leben und die Entwicklung zu verfolgen.» Seine ­Arbeitstage waren sehr lang: Im Durchschnitt hat er 72 bis 82 Wochenstunden ­gearbeitet. Das ist auch der Grund, weshalb der «leidenschaftliche Geschichtenerzähler und intellektuelle Tramper» (Lis Borner) nun etwas kürzertreten möchte. Er zieht von Peking wieder nach Bangkok. ­Seine Nachfolge wird – mit Rückblick auf die Belastung – von ­Karin Wenger (Südostasien) und Martin ­Aldrovandi (Nordostasien) übernommen.

Text: Ueli Scheidegger
Bilder: Thomas Züger

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