«DOK»: Wenn der Schlaf ausbleibt – Szenen einer unruhigen Gesellschaft
Jede vierte Person in der Schweiz klagt über Schlafstörungen. Auch die Schlafdauer nahm in den letzten Jahren laufend ab. Die Zwänge der elektronischen Kommunikation und das beschleunigte Leben sind tragende Faktoren für diese Entwicklung. Die schlaflose Gesellschaft wird zum kollektiven Gesundheitsproblem. Filmautor Hanspeter Bäni erzählt die Geschichten von vier schlaflos geplagten Menschen. Nicht nur Druck am Arbeitsplatz und im Privatleben rauben ihnen den Schlaf, sondern auch die rund um die Uhr verfügbaren Reize der digitalen Welt.
Urs Z’graggen fühlt sich erschöpft und übermüdet. Seine Freizeit verbringt er fast ausschliesslich in der kleinen Wohnung mit seiner Katze, die ihm Wärme und Halt gibt. Der Flight Attendant musste seinen Job an den Nagel hängen, weil er wegen der unregelmässigen Arbeitszeit Schlafprobleme bekam. Dass er nachts noch immer keine Ruhe findet, hat auch mit seinem Zwang zu tun, mehrmals aufzustehen, um seine Mails oder Daten zu checken.
Aber nicht nur beim 52-Jährigen ist gesunder Schlaf zum knappen Gut geworden: Im Rahmen einer Studie des Gottlieb Duttweiler Institutes gaben 35 Prozent der Befragten an, schlechter zu schlafen als noch vor zehn Jahren. Das Bundesamt für Gesundheit zeigt zudem in einer repräsentativen Umfrage, dass die Menschen in der Schweiz heute rund vierzig Minuten weniger schlafen als noch vor 30 Jahren. Als einer der wichtigsten Gründe dafür vermuten Experten die neuen Informations- und Kommunikationstechnologien. Sie locken rund um die Uhr mit einem endlosen Angebot an verfügbaren Reizen und Attraktionen.
Der westliche Mensch lebt aber nicht nur in einem Zeitalter der ständigen Ablenkung und Unruhe, sondern auch in einer Epoche der Dauererreichbarkeit. Das hat zur Folge, dass sich die Grenzen zwischen privater- und berufstätiger Zeit immer mehr auflösen.
Davon betroffen ist auch Jürgen Sahli. Noch so gerne würde er sein Handy nachts ausschalten, doch als Chefredaktor eines der grössten Privatradios der Schweiz muss er ständig auf Pikett sein, um auf aktuelle Ereignisse umgehend reagieren zu können. Aber nicht nur deswegen schläft der 61-Jährige schlecht: Sahli übernahm in den letzten Jahren immer mehr berufliche Funktionen, die sich zuvor zwei Angestellte geteilt hatten. Auch bahnen sich im Betrieb einschneidende Rationalisierungsmassnahmen an, die den ganzen Radiobetrieb auf den Kopf stellen werden. Diese Situation löst beim Chefredaktor zusätzlich schlaflose Nächte aus.
Text: Media Relations SRF
Bild: Der ehemalige Flight Attendant Urs Zgraggen kämpft mit Schlafproblemen. (© SRF)
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