Sketch über Wasser vom Mars in «Giacobbo/Müller» beanstandet

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Mit E-Mail vom 12. Oktober hat mir die Unabhängige Beschwerdeinstanz UBI Ihre Eingabe des Vortages zur Behandlung weitergeleitet. Sie kritisieren die Sendung «Giacobbo/Müller» vom 4. Oktober. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 12. Oktober bereits bestätigt.

Wie angekündigt, habe ich die Verantwortlichen von SRF eingeladen, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die von Ihnen beanstandete Sendung sehr genau analysieren können. Ich bin somit heute in der Lage, Ihnen meinen Schlussbericht zu senden.

1. Sie begründen Ihre Beanstandung wie folgt:

„Nicht selten kommt es vor, dass in dieser Sendung religiöse Gefühle von Christen verletzt werden. So z. B. wieder am Sonntag, 4.10.2015. In der Sequenz ‚Wasser vom Mars‘ wurde in der Sendezeit von Min. 2:06 bis 2:13 Jesus und Mose der Lächerlichkeit preisgegeben.

Aus Angst vor Konsequenzen werden seit langem keine Äusserungen mehr über den Islam und Mohammed gemacht.

Von mir aus kann man sich über Menschen wie Christen oder Muslime lustig machen, aber nicht über inhaltliche Dinge und deren Personen.

Trotz allem Verständnis für Satire, aber in eine solche Sendung gehören keine bib­lischen und andere Gottheiten und Personen. Bei allen Glaubensrichtungen kann man Kritik anbringen. Dagegen habe ich nichts. Aber dafür gibt es andere entsprech­ende Sendegefässe, in denen seriös diskutiert wird und der Respekt bewahrt bleibt.

Ich bitte Sie zu veranlassen, dass diesem Aspekt in Zukunft Rechnung getragen wird.“

2. Wie erwähnt, haben die Verantwortlichen des Schweizer Fernsehens zu Ihrer Bean­standung Stellung bezogen. Die Redaktionsleiterin „Comedy“, Frau Andrea Weber, schreibt dabei Folgendes:

„Gerne nehme ich zu der Beanstandung von Herrn X Stellung.

Bei der Sendung ‚Giacobbo / Müller‘ handelt es sich um eine Satiresendung. Inhalt sind die aktuellen Themen der Woche, welche Viktor Giacobbo und Mike Müller ver­bal, mit Bildern oder Einspielfilmen sowie mit ihren Gästen satirisch behandeln.

Dies ist auch in der Sendung vom 4. Oktober 2015 geschehen. Viktor Giacobbo und Mike Müller thematisierten die Entdeckung von Wasser auf dem Mars und stellten kurz eine Verbindung her zu Jesus, der übers Wasser geht, und Moses, der das Meer teilt. Die Satire übertreibt, ironisiert, karikiert Personen und Situationen und führt oft ins Absurde. Wichtig ist dabei, dass Satire als solche erkennbar ist. Das ist hier zweifellos der Fall.

Herr X äussert die Vermutung, dass aus Angst vor Konsequenzen keine Äusse­rungen über den Islam und Mohammed gemacht werden. Das trifft nicht zu. Wir thematisieren den Islam durchaus, und es gab auch schon von muslimischer Seite Beschwerden gegen Beiträge unserer Sendung. Dass das Christentum öfter thema­tisiert wird, hängt damit zusammen, dass es in unserem Land stärker vertreten ist. Wir sind uns bewusst, dass die Religion – auch in der Satire – einen heiklen Bereich darstellt.

Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) sagt dazu, dass satirische Sendungen sich auch über Religion lustig machen dürfen, solange zentrale Glaubensinhalte nicht erheblich berührt werden. Wir Macher dieser Sendun­gen sind der Meinung, dass diese Normen im vorliegenden Fall eingehalten wurden.

Sollte sich Herr X wegen besagter Sequenz in seinen religiösen Gefühlen ver­letzt fühlen, so bedaure ich das. Es war nicht unsere Absicht.“

3. Soweit die Stellungnahme von Frau Andrea Weber, Redaktionsleiterin „Comedy“ bei SRF. Geht es nun um meine eigene Beurteilung, so kann ich Ihre kritische Reaktion durchaus nachvollziehen. Denn der Spruch, wonach Jesus über das Wasser auf dem Mars läuft und von Moses beobachtet wird, könnte durchaus religiöse Gefühle ver­letzen. Bedeutet dies aber, dass Viktor Giacobbo und Mike Müller die Grenze des Zulässigen überschritten haben?

Bei der Beurteilung, ob damit die geltenden Programmbestimmungen verletzt wurden oder nicht, hat die Ombudsstelle die geltende Praxis des Bundesgerichtes und der Unabhängigen Beschwerdeinstanz UBI zu berücksichtigen. Diese Feststellung scheint mir wichtig zu sein, denn in Bezug auf Satire gilt eine grosszügige Praxis. Laut Bundesgericht und UBI ist die Satire ein besonderes Merkmal der Meinungs­äusserung, bei dem sich die Form bewusst nicht kongruent zur angestrebten Aus­sage verhält. Die Form der Satire übersteigt die Wirklichkeit, verfremdet sie, stellt sie um, kehrt wieder zu ihr zurück, banalisiert sie, karikiert sie, macht sie lächerlich. In diesem Sinne profitiert die Satire von der in den Artikeln 16 und 26 der Bundes­verfassung sowie in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewähr­leisteten Meinungsäusserungs- und Kunstfreiheit.

Der Rahmen, den satirische Sendungen zu beachten haben, ist demnach sehr weit abgesteckt. Diese geltende Praxis lässt in satirischen Sendungen mit anderen Wor­ten sehr vieles zu, was in nicht-satirischen Sendungen nicht mehr als zulässig be­zeichnet werden könnte.

Voraussetzung dafür, dass eine Sendung vom „Satireprivileg“ Gebrauch machen kann, ist allerdings, dass diese Sendung als Satire erkennbar sein muss. Dies war in der Sendung „Giacobbo/Müller“ eindeutig der Fall. Für das Publikum war klar, dass es sich um eine Satire handelte.

Aber selbst bei eindeutigen Satiresendungen teile ich grundsätzlich Ihre Auffassung, wonach gewisse ethische Grenzen beachtet werden sollten. Nachdem ich den von Ihnen kritisierten Beitrag analysieren konnte, gelange ich zur Auffassung, wonach diese Grenze nicht überschritten wurde. Laut Praxis wären lediglich satirische Sprü­che, welche die zentralen Glaubensinhalte erheblich berühren, als unzulässig zu betrachten.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass auch wenn ich Ihre Sorge für Respekt gegen­über biblischen und anderen Gottheiten und Personen durchaus verstehe, ich Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, nicht unterstützen kann.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegen zu nehmen. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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