Hat «Eco» Entwicklungshilfe zu einseitig dargestellt?

Unter dem Titel «Entwicklungshilfe-Milliarden bringen wenig» widmete «Eco» am 21. September 2015 eine Spezialsendung dem Thema Entwicklungshilfe. Für Alliance Sud habe die Sendung ein «eigentliches Zerrbild» der Entwicklungshilfe bzw. Entwicklungszusammenarbeit (EZA) vermittelt. Die Gelegenheit sei verpasst worden, um sachgerecht über das Thema zu informieren.

Die Beanstanderin Alliance Sud – eine entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft diverser Schweizer Hilfswerke – kritisiert v.a. die Umsetzung des Themas. Die Fokussierung auf gewisse bzw. das gezielte Weglassen anderer Aspekte und die Wahl der Auskunftspersonen seien ungenügend gewesen. Beispielsweise hätte nebst dem angelsächsischen EZA-Kritiker Angus Deaton zwingend jemand zu Wort kommen müssen, der die Verhältnisse der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit kenne.

Reto Gerber, Redaktionsleiter «Eco», und Tilman Lingner, Redaktor «Eco», erläutern in ihrer schriftlichen Stellungnahme den Blickwinkel der monierten Sendung: Der Uno-Gipfel in New York sei der publizistische Aufhänger der Sendung gewesen. Deshalb habe man den Fokus auf die staatliche Entwicklungshilfe gelegt, die zudem der gewichtigste Pfeiler der Entwicklungshilfe sei.

Bereits im engeren Bereich des Themas «Entwicklungshilfe» habe man viele Aspekte weglassen müssen. Deshalb habe man darauf verzichtet, das Spektrum noch mehr auszuweiten und Themen wie etwa Korruption oder Steuerhinterziehung in die Sendung einzubauen. Gerber und Lingner sehen die Spezialsendung von «Eco» nicht isoliert, sondern im Gesamtkontext des Angebots von SRF. Sie gehen davon aus, dass beim «Eco»-Publikum ein Grundwissen über Entwicklungshilfe vorhanden ist.

Es sei unbestritten, dass «Eco» kritisch berichten soll. Institutionen wie die Uno oder die Deza hätten sich zur Kritik äussern können, die konkret an ihnen ausgeübt worden sei.

Ombudsmann Achille Casanova stellt nach seiner Analyse der Sendung fest, dass die vier kritischen Beiträge der «Eco»-Spezialsendung auf der am Schluss der Sendung vorgebrachten These basierten: «Entwicklungshilfe ist dann erfolgreich, wenn nicht die Moral der Treiber für das Handeln ist, sondern unternehmerisches Gewinnstreben (...).»

Das Bundesgericht schütze den Thesen-Journalismus ausdrücklich, hält Casanova in seinem Schlussbericht fest. Es sei falsch «sachgerecht» mit «ausgewogen» gleichzusetzen. Ein Thema könne in einer einzelnen Sendung auch einseitig oder aus einem bestimmten Blickwinkel beleuchtet werden. Allerdings müsse dies in transparenter Weise geschehen und die wesentlichen Fakten müssten korrekt vermittelt werden.

Die beanstandete «Eco»-Sendung habe diese wichtigen Voraussetzungen jedoch nur ungenügend berücksichtigt. Zwar vermittle der Sendungstitel den kritischen Ansatz transparent. Doch sei die klassische Entwicklungshilfe pauschal und einseitig als «Anstrengungen mit zweifelhaftem Nutzen» kritisiert worden. Die in der Sendung aufgestellte These sei keinesfalls bewiesen worden. Zudem seien die umstrittenen Ansichten von Prof. Deaton weder hinterfragt noch kontextualisiert worden.

Casanova kommt zum Schluss, dass sich das Publikum aufgrund der vermittelten Fakten und Meinungen nur ungenügend eine eigene Meinung habe bilden können.

Der Ombudsmann erachtet die Beanstandung als teilweise berechtigt.

Quelle: Ombudsstelle SRG.D, Achille Casanova
Text/Zusammenfassung: SRG Deutschschweiz aktuell, dl
Bild: © SRF; screenshot («Eco» vom 21.9.2015)

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