«Jungparteien spielen in der Bericht­erstattung um Wahlen kaum eine Rolle»

Wie sehen junge Politiker die Wahlberichterstattung von SRF? Die Programm­kommission der SRG Aargau Solothurn wollte es genau wissen und lud einige von ihnen ein, in der Beobachtung mitzuwirken.

Noch nie haben Jugendliche so stark im Hinblick auf nationale Wahlen zu mobilisieren versucht. Die sozialen Medien waren in den Wochen vor dem 18. Oktober voller Aufrufe an Freunde, «Follower» und Altersgenossen, an die Urne zu gehen. Weiter ging und geht das Engagement von Jungpolitikerinnen und -politikern, die sich entweder selbst zur Wahl in National- oder (selten) Ständerat stellten oder an vorder-ster Front für ihre Jungparteien weibelten.

Einige dieser Jungpolitikerinnen und Jungpolitiker wollte die Programmkommission der SRG Aargau Solothurn einbeziehen, als sie ihre Beobachtung zur Vorwahlberichterstattung von SRF und insbesondere des ­Regionaljournals Aargau Solothurn durchführte: Sie lud Vertreterinnen und Vertreter der Jungparteien aus den Kantonen ­Solothurn und Aargau ein. Im Sommer führte die SRG Aargau Solothurn einen Workshop zum Thema Politik und Medien durch (siehe Kasten unten), am 28. Oktober dann wurde die Vorwahlberichterstattung diskutiert.

«Wenn ich in der Eile nur 30 Sekunden Zeit habe, ist es extrem schwierig, Infos zu finden.» Mia Gujer, Co-Präsidentin JUSO Aargau

Um den Mediengewohnheiten der unter 30-Jährigen gerecht zu werden, konzen­trierte man sich auf den Web-Auftritt des Regionaljournals. Hier wurden vor den Wahlen Porträts der Ständeratskandidierenden in Ton, Bild und Text sowie Ausgangslagen, Einschätzungen und aktuelle Themen rund um den Wahlkampf publiziert.

30 Sekunden für die Info

Schon sehr schnell zeigte sich: Der Medienkonsum der Jugendlichen funktioniert ­anders als jener des Gros der Programmkommission. Diesem Medienkonsum entspricht auch die vor gut drei Jahren neu lancierte Website von SRF nicht. «Für Junge sind die Texte zu lang», meinte etwa Simon Grünig von der Jungen CVP des Kantons Solothurn. Mia Gujer, Co-Präsidentin der JUSO Aargau, bestätigte das: «Wenn ich in der Eile nur 30 Sekunden Zeit habe, ist es extrem schwierig, Infos zu finden.» Und Alexander Senn von der Jungen SVP Aargau führte aus: «Ein zweiminütiger Radio­beitrag ist zu lang, wenn ich in 40 Sekunden meine ­Informationen aus dem Text holen kann.» Mühe hatten die Jung­politiker sowie die Mitglieder der Programmkommission mit der unübersicht­lichen Seiten­architektur. Das Dossier zu den ­Wahlen wurde nicht immer auf Anhieb gefunden. Ein Problem, wie Regional­redaktionsleiter Maurice ­Velati weiss, das in den verschie­denen Sendegefässen und Kanälen begründet liegt.

Junge sind kaum präsent

Ein Punkt erntete – erwartungsgemäss – Kritik von den Jungpolitikern: Jungparteien spielen in der Berichterstattung um Wahlen kaum eine Rolle – insbesondere in der heissen Phase nicht. «Als Junge inte­ressiert mich mehr, was die Jungen als was die Alten machen», so Mia Gujer.

Diesen Wissensdurst hat für sie eher die Zeitung gestillt. Maurice Velati verwies ­darauf, dass auch SRF Beiträge über Jung­parteien brachte: «Wir haben mehr gemacht als auch schon. Aber es ist noch immer ­wenig.» Man sei im gesamten SRF-Sendungsgefüge strengen Guidelines ­unterworfen, wonach sich zum Beispiel ­Regionaljournale auf den Ständerat fokussieren sollten.

«Mir ist extrem aufgefallen, wie seriös die ganze Berichterstattung ist.» Simon Grünig. Junge CVP Solothurn

Innerhalb dieses Korsetts habe SRF ausgewogen gearbeitet. «Ich fand die Berichterstattung relativ ausge­glichen», meinte etwa Alexander Senn. Programm­macher, PK und Poli­ti­sierende waren sich einig, dass in der Berichterstattung auch Einschätzungen der Redaktion oder Glossen Platz haben sollen. Die Jungpolitikerin und die beiden Jungpolitiker aus den Kantonen Solothurn und Aargau haben, nachdem sie das SRF-Programm und seine Entstehung näher mit­erlebt hatten, einen neuen Blick auf das Medienunternehmen erhalten: «Mir ist ­extrem aufgefallen, wie seriös die ganze Berichterstattung ist», sagt etwa Simon ­Grünig mit Blick auf die Themenwahl und Abwägung von Inhalten, welche aufgegriffen werden. Alexander Senn war zuvor nicht bewusst, wie viele Leute diese Art der Arbeit benötigt. SRF bemühe sich, so das Urteil von Mia Gujer, Jugendliche zu erreichen. Mit Radio SRF 1, 2 Kultur und 3 werde das wohl aber nie gelingen, waren sich Grünig und Senn einig: «Das gelingt vielleicht, wenn auch Radio Virus einen Mix aus Musik und Infos bringen würde.»

Text: Fabian Gressly
Bilder: Zwei Jungpolitiker und eine Jungpolitikerin nahmen auf Einladung der Programmkommission SRG Aargau Solothurn die SRF-Regionalberichterstattung der Parlamentswahlen unter die Lupe (oben rechts: Mia Gujer, JUSO; unten Mitte: Simon Grünig, Junge CVP; unten rechts: Alexander Senn, Junge SVP; zudem Marc André Stalder, PK-Mitglied und Vorstandsmitglied der JUSO Solothurn, rechts im Bild unten links). Regi-Leiter Aargau Solothurn, Maurice Velati, nahm die Anregungen entgegen (oben links). Bildrechte: Fabian Gressly, Selina Berner.

Der Austausch mit den Jungpolitikern

Die fast dreistündige Sitzung im Rahmen der Arbeit der Programmkommission Aargau Solothurn war das zweite Element, in welchem man den Kontakt mit Jung­politikern ­herstellte: ­Bereits im Sommer luden Maurice Velati, Leiter der Regional­redaktion Aarau, und die Programmkommission junge Politiker zu einem Workshop ein: Zum einen konnten die Programm­macher aus erster Hand erfahren, wie sich Jugendliche überhaupt informieren und was für sie relevant ist. Zum anderen zeigte Velati auf, wie die Redaktionsarbeit aussieht. Ausserdem erfuhren die Teilnehmenden, welche Inhalte für eine Redaktion ­relevant sind und wie man am besten die Aufmerksamkeit der Medien weckt.

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