Verletzte «SRF Börse» die Konzession?

«SRF Börse» ist eine 2-minütige Informationssendung, die wochentags jeweils vor der «Tagesschau»-Hauptausgabe gesendet wird. Ihr wird vorgeworfen gegen die Konzession zu verstossen. Aufgrund von einseitigen Darstellungen und Auslassungen wesentlicher Aspekte des Börsengeschehens werde das Vielfalts- und Sachgerechtigkeitsgebot verletzt. Das wirtschaftlich nicht besonders informierte Publikum könne sich keine eigene Meinung bilden.

Gemäss Beanstanderin – der Informationsplattform Infosperber.ch – kommt in «SRF Börse» die «weltanschaulich-ökonomisch-politische Vielfalt» nicht zur Darstellung: Die beanstandeten Sendungen (sämtliche Sendungen der Wochen 42 und 43) dienten weitgehend der (positiven) Selbstdarstellung börsenkotierter Unternehmen. Andere Stimmen kämen nicht zu Wort.

Systematisch würden in der Sendung möglichst hohe Gewinne, Umsätze und Börsenkurse als positiv beurteilt. Dass damit auch eine marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens, überhöhte Preise oder Rationalisierungen bzw. Entlassungen von Mitarbeitenden einhergingen, werde nicht erwähnt. Die Darstellungen würden nicht durch andere Meinungen und Ansichten ergänzt.

Reto Gerber, Leiter Wirtschaftsredaktionen, und Tobias Bossard, Teamleiter Wirtschaft/Aktualität, halten in ihrer schriftlichen Stellungnahme fest, dass fast die gesamte Bevölkerung über Pensionskassen und AHV indirekt vom Börsengeschehen betroffen sei. Eine Berichterstattung über die Entwicklung an den Börsen decke ein Kundenbedürfnis ab.

Die Wahl der Themen ergebe sich aus der Tagesaktualität. Die Auswahl der in den Sendungen erwähnten Personen ist nach Auffassung von Gerber und Bossard «nicht einseitig, sondern der tagesaktuellen Themenauswahl entsprechend angebracht». Entscheidungsträgern von Unternehmen würden kritische Fragen gestellt. «SRF Börse» würde zudem eine kritische Einordnung eines Themas vornehmen.

Für Gerber und Bossard bilden «SRF Börse» und die «Tagesschau» eine lose publizistische Einheit. Oft würde ein tagesaktuelles Thema von «SRF Börse» mit dem Fokus auf die Börse beleuchtet. Die darauffolgende «Tagesschau» würde das Thema unter einem anderen Blickwinkel aufnehmen und abhandeln. Zudem seien von der Beanstanderin aufgeworfene Themen bereits durch andere SRF-Sendungen abgedeckt worden (z.B. High-Frequency-Handel von «Eco», undurchsichtige Finanzprodukte von «Kassensturz»).

Gemäss Ombudsmann Achille Casanova würden die Zuschauerinnen und Zuschauer sachlich und vollständig über die täglichen Entwicklungen der Schweizer Börse informiert. Das Publikum wisse, was es von der speziellen Sendung «SRF Börse» erwarten könne. Inhalte und Aufmachung der Sendung seien im Internet transparent angekündigt (s. Sendungsporträt ).

Casanova sieht weder das Vielfalts- noch das Sachgerechtigkeitsgebot durch «SRF Börse» verletzt. Das Vielfaltsgebot richte sich an das Programm insgesamt. Regelmässig würden in anderen Sendegefässen von SRF kritische Informationen über das Wirtschafts- und Börsengeschehen vermittelt.

Entscheidungsträger, die in «SRF Börse» zu Wort kämen, könnten nicht nur ihr Unternehmen ins beste Licht rücken, sondern würden öfters auch mit kritischen Fragen konfrontiert. Das Publikum sei in der Lage, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Obwohl Casanova nicht auf die Beanstandung eintreten kann, zeigt er für das Anliegen der Beanstanderin ein gewisses Verständnis. Er regt gegenüber den Verantwortlichen von «SRF Börse» an, gelegentlich eine Sondersendung einzuschieben. Darin könnte man die Bedeutung und das Funktionieren der Börse für das breite Publikum erläutern und durch andere Meinungen und Ansichten im Sinn der Beanstandung ergänzen.

Der Ombudsmann erachtet die Beanstandung als unberechtigt.

Lesen Sie hier den Schlussbericht 4085 .

Quelle: Ombudsstelle SRG.D, Achille Casanova
Text/Zusammenfassung: SRG Deutschschweiz aktuell, dl
Bild: © SRF; screenshot («SRF Börse» vom 16.10.2015)

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