Fluchwörter in Satiresendung «Giacobbo/Müller» beanstandet

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Mit E-Mail vom 2. Januar 2016 hat mir die Unabhängige Beschwerdeinstanz UBI Ihre Eingabe des Vortages zur Behandlung weitergeleitet. Sie wurden darüber schriftlich informiert. Sie beanstanden die Sendung „Giacobbo/Müller“ vom 6. Dezember 2015. Den Erhalt Ihrer Eingabe habe ich mit meinem Brief vom 2. Januar bereits bestätigt.

Wie angekündigt, habe ich die Verantwortlichen von SRF eingeladen, zu Ihren Kritiken Stellung zu beziehen. Dies ist erfolgt und in der Zwischenzeit habe ich die von Ihnen beanstandete Sendung sehr genau analysieren können. Ich bin somit heute in der Lage, Ihnen meinen Schlussbericht zu senden.

1. Sie begründen Ihre Beanstandung wie folgt:

„Grundsätzlich freue ich mich jeweils auf die Sendung ‚Viktors Spätprogramm’ vom Sonntag-Abend. Aber ich nehme daran Anstoss, dass Viktor Giacobbo immer wieder den wohl schlimmsten Fluch: `Gottverdami` bringt, so wieder am letzten Sonntag, 6. Dezember 2015. Mit Satire hat das überhaupt nichts zu tun. Weiss er überhaupt, was er damit sagt? Ich bin sicher, dass ich nicht der einzige bin, der sich über eine so primitive Ausdrucksweise im Fernsehen ärgert. Ihrer Stellungnahme sehe ich mit Interesse entgegen.“

2. Wie erwähnt, haben die Verantwortlichen des Schweizer Fernsehens zu Ihrer Bean­standung Stellung bezogen. Die Redaktionsleiterin „Comedy“, Frau Andrea Weber, schreibt dabei Folgendes:

„Bei der Sendung ‚Giacobbo / Müller’ handelt es sich um eine Satiresendung. Inhalt sind die aktuellen Themen der Woche, welche Viktor Giacobbo und Mike Müller verbal, mit Bildern oder Einspielfilmen sowie mit ihren Gästen satirisch behandeln.

Dies ist auch in der Sendung vom 6. Dezember 2015 geschehen. Viktor Giacobbo ist im Gespräch mit seinem Gesprächsgast Chris von Rohr und sagt: ‚Chris, i dim höche Alter bisch du gopfertami uf Tournee gange...’.

Die Verwendung des beanstandeten ‚Fluchworts’ ist umgangssprachlich üblich als bewundernde Verstärkung und hat mit der eigentlichen Bedeutung höchstens noch einen wortgeschichtlichen Zusammenhang. Dass Viktor Giacobbo diese, zugegebenermassen nicht sonderlich gepflegte, Ausdrucksweise verwendete, hat mit der ausgelassenen Atmosphäre im Gespräch mit Rockmusiker Chris von Rohr zu tun, der bekannt ist für seine blumige, kreative und nicht immer ganz salonfähige Sprache. Der Ausdruck ‚gopfertami’ muss also viel mehr im Kontext eines etwas unkonventionellen Gespräches und der Situation, denn im eigentlichen Wortsinn betrachtet werden.

Wir sind uns bewusst, dass die Religion – auch in der Satire – einen heiklen Bereich darstellt.

Die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) sagt dazu, dass satirische Sendungen sich auch über Religion lustig machen dürfen, solange zentrale Glaubensinhalte nicht erheblich berührt werden. Wir Macher dieser Sendungen sind der Meinung, dass diese Normen in dem vorliegenden Fall eingehalten wurden.

Sollte sich Herr X wegen des besagten Ausdruckes in seinen religiösen Gefühlen verletzt fühlen, so bedauern wir das. Es war nicht unsere Absicht.“

3. Soweit die Stellungnahme von Frau Andrea Weber, Redaktionsleiterin „Comedy“ bei SRF. Geht es nun um meine eigene Beurteilung, so kann ich Ihre kritische Reaktion durchaus nachvollziehen. Denn ich teile Ihre Auffassung, wonach der Ausdruck „Gottverdami“ zumindest als problematisch angesehen werden muss und durchaus religiöse Gefühle verletzen könnte. Bedeutet dies aber, dass Viktor Giacobbo die Grenzen des Zulässigen überschritten hat?

Bei der Beurteilung, ob damit die geltenden Programmbestimmungen verletzt wurden oder nicht, hat die Ombudsstelle die geltende Praxis des Bundesgerichtes und der Unabhängigen Beschwerdeinstanz UBI zu berücksichtigen. Diese Feststellung scheint mir wichtig zu sein, denn in Bezug auf Satire gilt eine grosszügige Praxis. Laut Bundesgericht und UBI ist die Satire ein besonderes Merkmal der Meinungs­äusserung, bei dem sich die Form bewusst nicht kongruent zur angestrebten Aus­sage verhält. Die Form der Satire übersteigt die Wirklichkeit, verfremdet sie, stellt sie um, kehrt wieder zu ihr zurück, banalisiert sie, karikiert sie, macht sie lächerlich. In diesem Sinne profitiert die Satire von der in den Artikeln 16 und 26 der Bundes­verfassung sowie in Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewähr­leisteten Meinungsäusserungs- und Kunstfreiheit.

Der Rahmen, den satirische Sendungen zu beachten haben, ist demnach sehr weit abgesteckt. Diese geltende Praxis lässt in satirischen Sendungen mit anderen Wor­ten sehr vieles zu, was in nicht-satirischen Sendungen nicht mehr als zulässig be­zeichnet werden könnte.

Voraussetzung dafür, dass eine Sendung vom „Satireprivileg“ Gebrauch machen kann, ist allerdings, dass diese Sendung als Satire erkennbar sein muss. Dies war in der Sendung „Giacobbo/Müller“ eindeutig der Fall. Für das Publikum war klar, dass es sich um eine Satire handelte.

Aber selbst bei eindeutigen Satiresendungen teile ich grundsätzlich Ihre Auffassung, wonach gewisse ethische Grenzen beachtet werden sollten. Nachdem ich den von Ihnen kritisierten Beitrag analysieren konnte, gelange ich zur Auffassung, wonach diese Grenze im Gesamtkontext nicht überschritten wurde. Laut Praxis wären lediglich Sprüche, welche die zentralen Glaubensinhalte erheblich berühren, als unzulässig zu betrachten.

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass auch wenn ich Ihre Reaktion durchaus verstehe, Ihre Beanstandung, soweit ich darauf eintreten konnte, rechtlich nicht unterstützen kann.

4. Ich bitte Sie, das vorliegende Schreiben als meinen Schlussbericht gemäss Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes RTVG entgegen zu nehmen. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen UBI (Monbijoustrasse 54A, Postfach 8547, 3001 Bern) orientiert Sie der beiliegende Auszug aus dem Bundesgesetz über Radio und Fernsehen.

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