«Echo der Zeit» über Alternative für Deutschland (AfD) beanstandet
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Mit Ihrer e-Mail vom 6. März 2016 beanstandeten Sie den Beitrag über die AfD in der Sendung „Echo der Zeit“ vom gleichen Tag. Wie Sie sicherlich wissen, ist die Verantwortung für die Ombudsstelle inzwischen von Achille Casanova an mich übergegangen. Ich bin nun so weit, Ihnen eine Antwort auf Ihre Beanstandung zu geben.
A. Sie begründeten Ihre Reklamation wie folgt:
„Im heutigen "Echo der Zeit" und auf der Internetseite (www.srf.ch) haben Sie jeweils einen Bericht über die AfD veröffentlicht. Dabei handelt es sich um verleumderische und tendenziöse Berichterstattung. Die AfD als rechtsextrem zu betiteln (siehe Onlineauftritt) ist haltlos und verleumderisch.
Der Bericht ist zudem nicht ausgewogen. Man hätte auf die Wahlmanipulation in Bremen und die zahlreichen Anschläge gegen die AfD eingehen müssen. Anstelle die AfD als braune Partei darzustellen (was in der Echo Sendung getan wird), wird der AfD nicht gerecht. Die CDU ist in den letzten Jahren unter Merkel fast noch linker als die SPD geworden... Die AfD ist nicht rechter als die SVP. Diese Partei würde das SRF hoffentlich auch nicht als Recht rechtsradikal, respektive rechtsextrem betiteln.
Ich bitte um eine Überprüfung und eine Korrektur des zu Beanstandenden. Weiter hoffe ich, dass nächste Woche nach dem Wahlsieg über die AfD etwas ausgewogener berichtet wird.“
Sie störten sich also daran, dass die AfD als rechtsextrem eingestuft wird. Sie fanden die Berichterstattung über diese Partei zu wenig ausgewogen.
B. Für Radio SRF äusserten sich Chefredaktorin Lis Borner, Roland Specker als stellvertretender Leiter von SRF News und Isabelle Jacobi als Redaktionsleiterin des „Echos der Zeit“ wie folgt zu Ihrer Beanstandung der Radiosendung über die AfD sowie des dazu veröffentlichten Online-Beitrags:
„Den Vorwurf, der Radio-Beitrag im ‚Echo der Zeit‘ sei unausgewogen gewesen, beantwortet Isabelle Jacobi, Redaktionsleiterin ‚Echo der Zeit‘, wie folgt: Der am 6. März ausgestrahlte Echo-Beitrag ist eine Analyse der Abwehrhaltung der anderen Parteien angesichts der sich abzeichnenden Macht-Verschiebung in der deutschen Polit-Landschaft. An keiner Stelle verwendet der Autor das Adjektiv ‚rechtsextrem‘; in der Moderation nennen wir die Partei zwar ‚rechtspopulistisch‘. Doch das ist sachgerecht: Die AfD politisiert am rechten Rand des Spektrums und agiert populistisch, also anti-elitär, unter anderem, indem sie die offizielle Flüchtlingspolitik kritisiert.
Der Beitrag ist politisch ausgewogen. Alle wichtigen politischen Parteien kommen im Originalton vor, auch der AfD-Politiker Jörg Meuten, der das Thema der Wahlmanipulation explizit anspricht. Im zweiten Teil des Beitrags geht es um die Bedeutung des Aufschwungs einer Partei rechts der CSU sowie um einen historischen Vergleich, wie die deutsche Politik der Nachkriegszeit mit Rechtsparteien umgegangen ist. In Zusammenhang mit den Republikanern braucht der Autor das Wort ‚rechtsradikal‘. Auch dies ist sachgerecht, standen die Republikaner doch unter Beobachtung des Staatsschutzes – im Gegensatz zur AfD. Der Beitrag wirft die Frage auf, ob die Regierungs-Parteien die damals praktizierte Ausgrenzung-Taktik nach einem Einzug der AfD in die Landstage wiederholen werden.
Das Thema des Beitrags wie der Schlagzeilen ist die Angst der etablierten Parteien vor der AfD. In keiner Weise macht sich der Autor gemein mit dieser Angst. Er beschreibt lediglich einen politischen Diskurs in Deutschland und erfüllt damit in klassischer Art und Weise die Aufgabe eines SRF-Korrespondenten. Wir betrachten deshalb die Beanstandung als unbegründet.
Soweit die Stellungnahme von Isabelle Jacobi.
Weiter beanstandet Herr X, dass die AfD im Online-Artikel als rechtsextrem bezeichnet wird. Erlauben Sie uns, als Antwort auf diese Frage unseren Artikel vom 13. März 2016 zu zitieren. Hier stellen wir die Frage ‚Ist die AfD rechtsextrem?‘. ‚Nein‘ sagt SRF-Korrespondent Adrian Arnold. Weder das Programm der AfD noch die Vorsitzende Frauke Petry seien rechtsextrem. Allerdings werde die Partei ‚von vielen Mitgliedern und auch lokalen Exponenten unterlaufen, welche klar Rechtsextreme, also antidemokratische und fremdenfeindliche Ideen vertreten.‘ Für diese Ideen stehen viele AfD-ler auch offen ein. So wie der Thüringer Fraktionschef Björn Höcke, der öffentlich Rassentheorien verbreitet und einen ‚Reproduktionsüberschuss‘ in Afrika beklagt. Dubravko Mandic, Mitglied des Partei-Schiedsgerichts Baden-Württemberg, räumt die Nähe zur rechtsextremen NPD auf Facebook gar offen ein. (‚Alternative für Deutschland: Sechs Fakten zur Protestpartei‘/ http://www.srf.ch/news/international/alternative-fuer-deutschland-sechs-fakten-zur-protestpartei)
In diesem Sinne ist die im beanstandeten Artikel benutzte Formulierung, ‚die rechtsextreme AfD‘, tatsächlich unangebracht und ein Versehen der bearbeitenden Redaktorin. Sie schliesst aus dem Umstand, dass einzelne Exponenten der AfD offen rechtsextreme Ideen vertreten, direkt auf die Partei als Ganzes. Das ist eine unzulässige Verkürzung des Sachverhalts. Wir haben die Formulierung deshalb am 15. März korrigiert und weisen im Artikel auf den Sachverhalt hin.“
C. Damit komme ich zu meinem eigenen Kommentar. Es wäre fatal, die AfD zu verharmlosen. Schon oft haben populistische Bewegungen, die viel Zuspruch erhielten und an die Regierung gelangten, ihren Rückhalt in der Bevölkerung dazu missbraucht, die Grundrechte einzuschränken, missliebige Bürgerinnen und Bürger zu verfolgen und die Demokratie abzuschaffen. Es wäre aber auch falsch, die AfD ohne Grund zu verteufeln. Auch diese Partei muss die Chance erhalten, sich parlamentarisch zu bewähren. Radio SRF hat die AfD weder verharmlost noch verteufelt. Der Beitrag von Peter Vögeli ist vielmehr eine treffende Analyse der Ausgangslage vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt vom 18. März 2016, bei denen ein bemerkenswerter Vormarsch der AfD erwartet wurde (der dann ja auch stattfand). Der Deutschland-Korrespondent zitiert baden-württembergische Politiker wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD), den AfD-Landesvorsitzenden und stellvertretenden Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen, den FDP-Spitzenkandidaten Hans-Ulrich Rülke sowie die AfD-Bundesvorsitzende Frauke Petry. Er lässt den Politologen Albrecht von Lucke zu Wort kommen. Und er spricht mit dem früheren baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel über die Erfahrungen mit den mittlerweile verschwundenen rechtsextremen Republikanern. Die Analyse ist treffend, weil sie beschreibt, was für Umbrüche in der politischen Landschaft Deutschlands gerade stattfinden. Der Beitrag war weder verleumderisch noch tendenziös.
Ich stimme Ihnen zu, dass es falsch wäre, die AfD pauschal als rechtsextreme oder rechtsradikale Partei zu bezeichnen. Das hat aber das „Echo der Zeit“ im gesendeten Beitrag auch nicht getan. Aber die AfD ist zweifellos eine Partei, die in vielen Fragen eine betont rechte, nationale, konservative, populistische Position einnimmt, verbunden mit gewissen sozialen Einstellungen. Es ist eine Partei, die Enttäuschte, Verunsicherte, Unzufriedene, Euroskeptiker, Russophile und Fremdenfeindliche sammelt. Dabei sind ihre Anhänger keineswegs einfach „kleine Leute“ und wirtschaftlich Zukurzgekommene, sondern sie finden sich in allen Schichten. Es ist aber ebenso unbestritten, dass es innerhalb der AfD rechtsradikale Scharfmacher gibt, die leicht Aufwind haben werden, wenn sich die politische oder wirtschaftliche Lage dramatisiert. Man kann jedoch von den Scharfmachern nicht ohne genügend Belege auf die Partei als Ganzes schließen. Deshalb war der Begriff „rechtsextrem“ im Online-Text übertrieben. Mit gutem Grund hat ihn die Redaktion inzwischen gelöscht. Per saldo sehe ich also keinen Hinweis auf eine unausgewogene AfD-Berichterstattung von Radio SRF.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
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