Sendung «Giacobbo/Müller» mit Nationalrat Andreas Glarner beanstandet
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Sie haben mit Ihrer e-Mail vom 17. Mai 2016 eine Passage in der Sendung „Giacobbo/Müller“ des Fernsehens SRF vom 15. Mai 2016 beanstandet. An jener Stelle hielt Viktor Giacobbo dem Gast Andreas Glarner, Nationalrat und Gemeindeammann von Oberwil-Lieli (AG), vor, er sei ja vorbestraft. Ihre Eingabe erfüllt die formalen Voraussetzungen einer Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
„Ich bitte Sie, gegen Victor Giacobbo eine Untersuchung einzuleiten, ob er in seiner Sendung vom Sonntagabend den 15.5.2016 nicht gegen die SRG-Linien verstossen hat. Er hat dem zum Gespräch erschienen Gemeindeammann Andreas Glarner vorgehalten, er sei ja ein Vorbestrafter.
Ich meine, das ist absolut intolerabel und muss sanktioniert werden. Es ist mir schon mehrmals aufgefallen, dass Herr Giacobbo die Grenzen nicht so richtig zu kennen scheint, und wo er die öffentliche SRG regelrecht missbraucht. Wenn er so etwas in seinen privaten Theateraufführungen macht, ist das seine Sache. Ist es aber nicht mehr, wenn er im SRF auftritt.“
B. Ich bat die Redaktion, zu Ihrer Kritik Stellung zu nehmen. Herr Rolf Tschäppat, Bereichsleiter Comedy und Quiz von SRF, äußerte sich darauf wie folgt:
„Gerne nehme ich zur Beanstandung von Herrn X kurz Stellung.
Bei der Sendung ‚Giacobbo / Müller‘ handelt es sich um eine Satiresendung. Inhalt sind die aktuellen Themen der Woche, welche Viktor Giacobbo und Mike Müller verbal, mit Bildern oder Einspielfilmen sowie mit ihren Gästen satirisch behandeln.
Gesprächsgast in der Sendung vom 15. Mai 2016 war Herr Andreas Glarner, SVP Nationalrat und Gemeindeammann von Oberwil-Lieli (AG). Hauptthema war Glarners Haltung in der aktuellen Asyldebatte. Dabei kam tatsächlich auch Herrn Glarners Vorstrafe zur Sprache. Herr Glarner wurde 1996 wegen untreuer Geschäftsführung vom Aargauer Obergericht zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 20 Tagen verurteilt. Herr Glarner selber macht daraus auch kein Geheimnis. Er legt die Fakten sogar auf seiner Homepage offen. Unter „was Sie auch wissen dürfen“, wendet sich Andreas Glarner an die Öffentlichkeit und thematisiert seine Verurteilung vor Obergericht des Kantons Aargau.[1]
Eine Missachtung geltender Programmvorschriften scheint mir damit nicht ersichtlich.“
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Beurteilung. Die ländliche, aus zwei Dörfern bestehende Gemeinde Oberwil-Lieli[2], die sich „das Juwel am Mutschellen“ nennt, gehört zum aargauischen Kelleramt im katholischen Bezirk Bremgarten und grenzt an den Kanton Zürich. Sie erregte durch ihre Asylpolitik nationales Aufsehen. Ihr Gemeindeammann Andreas Glarner ist als Nationalrat auch Asylsprecher der SVP. Das nationale Aufsehen hatte zur Folge, dass Oberwil-Lieli mehrfach Thema in der Sendung „Giacobbo/Müller“ war, worauf Gemeindeammann Andreas Glarner anbot, in die Sendung zu kommen. Dabei wusste er, worauf er sich einliess: Die Sendung „Giacobbo/Müller“ ist eine Satire-Sendung. Satiriker nehmen alles aufs Korn, was in irgendeiner Weise kritikwürdig ist, und sie tun es zugleich bissig und witzig. Gemeindeammann Glarner konnte also einerseits auf die Chance setzen, in der Sendung mit seiner Position zu punkten. Er musste aber auch das Risiko in Kauf nehmen, nochmals durch den Kakao gezogen zu werden. Er musste damit rechnen, dass auch seine Vorstrafe erwähnt wird, zumal er sie auf seiner Website selber öffentlich machte. Die Art, wie er sie öffentlich machte, spricht im Übrigen für ihn: Er gibt das Urteil des Aargauer Obergerichts vollständig wieder, ohne Wenn und Aber. Er stellt Transparenz her. Das ist nicht selbstverständlich, da die meisten Menschen ihre Pleiten im Leben zu vertuschen oder schönzureden pflegen. Hut ab vor Andreas Glarner in diesem Punkt!
Viktor Giacobbo hat keine Regel verletzt, als er dieses Thema ansprach, erst recht nicht, weil ja Nationalrat Glarner darauf reagieren konnte. Er hat nichts Falsches behauptet. Und er hat das öffentliche Fernsehen SRF nicht missbraucht, zumal auch über diese Episode Öffentlichkeit hergestellt werden muss, wenn es darum geht, eine Person zu charakterisieren. Darum scheinen mir Ihre Vorwürfe nicht stichhaltig.
Ich möchte Sie im Übrigen darauf hinweisen, dass die Ombudsstellen und die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) im Beschwerdeverfahren keine Untersuchungen einleiten und keine Sanktionen verfügen. Wir sind nicht in der Türkei. Die Ombudsstelle im Besonderen hat keine Entscheidungsbefugnis. Sie hört lediglich die Beanstander an, vermittelt allenfalls, gibt ihre Meinung ab und macht unter Umständen Empfehlungen an die Adresse der Programmveranstalter. Sie hat aber niemandem etwas zu befehlen.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
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