Berichterstattung von Radio SRF über Hanf beanstandet
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Mit Ihrer e-Mail vom 31. Mai 2016, ergänzt durch eine e-Mail vom 8. Juni 2016, haben Sie ganz grundsätzlich die Hanf-Berichterstattung von Radio SRF beanstandet und dabei auf zwei konkrete Beispiele hingewiesen. Ihre Eingabe erfüllt die Anforderungen an eine Beanstandung. Deshalb kann ich auf sie eintreten.
A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:
„Diese Beschwerde richtet sich nicht gegen eine spezielle Sendung, sondern gegen die Berichterstattung zum Thema Hanf (Cannabis, Marihuana, Haschisch) im Allgemeinen. Aktuelles Beispiel sind die Nachrichten heute, 31.5. um 17h.
2006 hat das Bundesgericht geurteilt, Hanf sei keine Droge, sondern ein Rauschmittel, gekoppelt mit der Aufforderung an subalterne Gerichte und andere Behörden, sich künftig einer korrekten Terminologie zu befleissen. was der dümmste Drogenschmierling in Lugano drunten begriffen hat, so er denn seither ausgebildet wurde, ist absolut spurlos an dem vorübergegangen, was der Laie, naiv wie er ist, als journalistische Elite ansehen könnte: dem Personal unseres Landessenders. da wird grundsätzlich in jedem Beitrag über Hanf zuerst mal von Drogen gefaselt und umgekehrt, selbst, wenn das Thema dieses Beitrages ein ganz anderes ist.
Das habe ich SRF 1 mehrmals ausführlich mitgeteilt, ohne jede Reaktion. Dann war kürzlich der Ruedi Matter, der Chef vom SRF, live am Radio, und nahm Stellung zu Hörerfragen. ich hatte kaum das Wort Hanfberichterstattung ausgesprochen, da war die Leitung tot. Auch Beiträge dieses Themas in anderen Call-in-Sendungen werden, wie ich aus Erfahrung bestätigen kann, gerne abgewiesen. Heisst SRF "Schweizer Radio Folksvertummung" oder ist es nach 10 Jahren evtl. möglich, dass die Journalisten des Senders endlich begreifen, was längst juristischer Alltag ist?
Es ist ausserdem hinlänglich bekannt, was in (auch Halb- und Cervelat-) Promi-Kreisen gekifft wird. Und die Kokserei ist noch viel gravierender. Jeder kennt also Einen, wo er sich objektiv und aus der Praxis über die verschiedenen Substanzen informieren lassen kann.
in der Hoffnung, endlich den Bildungsstand der nationalen Journaille ins 3. Jahrtausend zu katapultieren, erlaube ich mir herzliche Grüsse.“
Und in Ihrer ergänzenden e-Mail schrieben Sie:
„Kürzlich habe ich eine Beschwerde über die unkorrekte Berichterstattung zum Thema Hanf eingereicht. Und heiter geht‘s weiter: Heute, 8.6.16, das Rendez-vous um kurz vor 13 Uhr. Thema Konfiszierung von Gewinnen aus illegalem Hanfhandel. Und wieder dasselbe Gelaber: Hanf - Cannabis - Drogen - blablabla. wozu hat dieses Land ein Bundesgericht...?“
B. Ihre Beanstandung wurde der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorgelegt. Roman Mezzasalma, Redaktionsleiter Nachrichten/Teletext/Info3 von Radio SRF, schrieb:
„Besten Dank für die Gelegenheit, zur Beanstandung von Herrn X vom 31. Mai 2016 Stellung zu nehmen.
Der Beanstander moniert eine Meldung aus dem Nachrichtenteil der Sendung ‚Heute um 5‘ auf Radio SRF 1, ausgestrahlt am 31.5.2016 um 17 Uhr. Die Meldung hatte folgenden Wortlaut:
‚In Europa kommen immer mehr Drogen mit stärkeren Wirkstoffen auf den Markt - das hat die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht festgestellt. Im letzten Jahr seien fast 100 bislang unbekannte, künstlich hergestellte Rauschmittel entdeckt worden. Deren Auswirkungen auf die Gesundheit der Konsumenten seien oft unbekannt. Weiter hat die Beobachtungsstelle festgestellt, dass immer mehr junge Menschen Drogen konsumieren - am häufigsten Cannabis, mit einem Marktanteil von 38 Prozent.‘
Der Beanstander kritisiert, dass wir Cannabis als Droge und nicht, wie von ihm verlangt, als Rauschmittel bezeichnen.
Wir verwenden die Begriffe ‚Rauschmittel‘ und ‚Droge‘ in Anlehnung an den Duden als Synonyme. Wenn Cannabis ein Rauschmittel ist, dann ist es unserer Wahrnehmung zufolge auch eine Droge.
Im Übrigen hat bei der beanstandeten Meldung die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht sich mit dem Cannabiskonsum beschäftigt, was wir ebenfalls als ein starkes Indiz dafür betrachten, dass Cannabis gemeinhin als Droge klassifiziert wird.
Der Beanstander weist auf einen Entscheid des Bundesgerichts aus dem Jahr 2006 hin, wonach Cannabis ausdrücklich nicht als Droge, sondern als Rauschmittel zu bezeichnen sei. Leider blieb uns der Beanstander die Entscheidnummer schuldig; unsere eigenen Recherchen in der Sache liefen jedenfalls ins Leere, wir haben keinen Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2006 gefunden, in dem das Bundesgericht die Bezeichnungsfrage im Sinne des Beanstanders erörtert oder gar entschieden hat. Leider können wir daher auf diesen Punkt in der Beanstandung nicht eintreten.
Wir beantragen hiermit, die Beanstandung als unbegründet zurückzuweisen.“
C. Damit komme ich zu meiner eigenen Beurteilung der Sache. Sie verweisen auf ein Bundesgerichtsurteil aus dem Jahr 2006, das die Gerichte angewiesen habe, bei Hanf nicht von Droge, sondern von Rauschmittel zu sprechen. Ich habe Sie gebeten, mir dieses Urteil zu schicken. Sie hatten aber nichts zur Hand. Unabhängig voneinander haben Herr Mezzasalma von Radio SRF und ich nach dem Urteil geforscht. Ich habe auch beim Bundesgericht direkt nachgefragt. Der Chef der Medienstelle antwortete: „Aufgrund der Angaben ist es uns nicht gelungen, einen entsprechenden bundesgerichtlichen Entscheid zu finden. Ich habe auch bei mehreren, 2006 bereits am Bundesgericht tätigen Gerichtsschreibern Erkundigungen eingeholt. Leider konnte niemand die fragliche Aussage des Beanstanders in einen Zusammenhang mit einem Urteil des Bundesgerichts zum Thema Hanf bringen.“ In der Tat: Ein solches Urteil gibt es nicht. Im Gegenteil: Das Bundesgericht hat zwar 2006 einen Entscheid im Zusammenhang mit Hanf-Konsum gefällt, aber anders Sie es erinnern, bezeichnet es Hanf und Cannabis durchaus als Droge. Ich zitiere aus dem Urteil 2A.415/2006 vom 22. September 2006:[1]
„Au surplus, l'argumentation de la recourante qui vise à nier toute dangerosité de la consommation du chanvre et prétend que ‘l'ordre public sera rétabli dès que les Autorités s'accommoderont de la présence des consommateurs de chanvre’, ne saurait être suivie. La consommation de cannabis est loin d'être anodine, même s'il ne s'agit évidemment pas de la drogue la plus dangereuse. Ainsi que le démontre une étude médicale récente, le cannabis, à dose faible ou modérée, augmente l'activité du système sympathique et freine l'activité parasympathique, produisant une tachycardie et une augmentation du débit cardiaque. A dose plus élevée, l'activité sympathique est inhibée et l'activité parasympathique augmentée, conduisant à une bradycardie et une hypotension. L'étude décrit ensuite les effets néfastes produits par le tétrahydrocannabinol (THC) sur le système vasculaire (Nicolas Ducrey, Luca Calanca et Daniel Hayoz, Le toxicomane, un patient ‘polyvasculaire’, in Revue médicale suisse 2(2006), p. 340)."
Das Problem ist wahrscheinlich, dass für Sie der Begriff „Droge“ einen negativen Klang hat, der Begriff „Rauschmittel“ aber einen positiven. Die beiden Begriffe sind aber fast synonym, und alle Rauschmittel sind auf jeden Fall auch Drogen. Als Drogen bezeichnet die Weltgesundheitsorganisation WHO alle Wirkstoffe, die in einem lebenden Organismus Funktionen zu verändern vermögen. Die WHO bezieht dadurch beispielsweise Cannabis, Kokain, Opiaten, Halluzinogenen, Tabak, Schmerzmitteln, Stimulanzien, Schlaf- und Beruhigungsmitteln, Alkohol, Kaffee und Tee mit ein. Unter Rauschmitteln versteht man all jene Stoffe, die Menschen zu sich nehmen, um einen veränderten Bewusstseinszustand hervorzurufen, die also geeignet sind, sie in einen Rausch zu versetzen.[2]
Man kann es drehen und wenden, wie man will: Cannabis, auch Hanf genannt, gilt im internationalen offiziellen Sprachgebrauch als Droge, und zwar als die nach Tabak und Alkohol am häufigsten konsumierte. Dabei ist unbestritten, dass Hanf nicht nur als Rauschmittel verwendet wird, sondern auch Fasern liefert für Textilien, Baustoffe und Papier, zu Öl gepresst werden kann und als Arzneimittel eingesetzt wird. In der Schweiz werden die Drogen im Betäubungsmittelgesetz geregelt. Cannabis gehört trotz aller Liberalisierungsversuche immer noch zu den verbotenen Betäubungsmitteln. Unter bestimmten Voraussetzungen sind der Anbau, der Handel und die Anwendung von Cannabis mit einer Ausnahmebewilligung des Bundesamts für Gesundheit möglich (Art. 8 vhttps://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19981989/index.htmlerbotene Betäubungsmittel, Abs. 5).[3]
Insgesamt gibt es also keinen Grund, Cannabis oder Hanf nicht mehr als Droge zu bezeichnen, und Radio SRF macht deshalb in seiner Berichterstattung nichts falsch.
D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.
[1] http://www.bger.ch/index/juridiction/jurisdiction-inherit-template/jurisdiction-recht/jurisdiction-recht-urteile2000.htm
[2] http://www.gbe-bund.de/glossar/Drogen.html; http://www.kmdd.de/infopool-definition-drogen.htm
[3] https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/19981989/index.html
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