«Tagesschau»-Beitrag über «Drohnen als fliegende Wanzen» beanstandet (I)

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Mit Ihrer e-Mail vom 9. August 2016 beanstandeten Sie den «Tagesschau»-Bericht vom 6. August 2016 über «Drohnen als fliegende Wanzen». Ihre Eingabe erfüllt die formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Folglich kann ich auf sie eintreten.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

„Ich möchte mich hier über einen Beitrag in der Tagesschau beschweren. Ich weiss nicht, wann er genau gesendet wurde, da ich zwar Gebühren zahlen muss, aber ohnehin keinen Fernseher habe. Jedoch macht der Beitrag gerade die Runde in unserer FPV-Community. [1]

Ich habe mich sehr gefreut über Einiges an Berichterstattung in letzter Zeit über unseren Sport, auch die Entschuldigung und das Offlinenehmen des Fake-Videos von vor einigen Wochen, wo ein DJJ Phantom (ein weisser Quadcopter für Luftaufnahmen) eine Tragfläche eines Passagierflugzeugs kaputtmacht. Dieses Video war Fake. Leider kann der gelöschte Beitrag die meinungsmache, die Ihr damit betreibt, schwer rückgängig machen.

Und jetzt wieder so etwas? Was hat die Schweizer Meisterschaft mit Datenschutz zu tun?? Die Tagesschau-Redaktion bringt uns hier ernsthaft mit Spionage in Verbindung und mit Filmen von nackten Leuten in fremden Gärten?? Haben Eure Redakteure denn zugeguckt, was wir hier machen? Hat sich da jemand ernsthaft dafür interessiert? Vielleicht mal durch die Brille geguckt? ich versichere ihnen, wir sind so tolle Typen alle miteinander, wir habens nicht nötig, uns die nackte Frau Hugentobler von nebenan durch eine Brille mit einer Auflösung von 600x400 Pixeln anzusehen.. Das ist doch ein Niveau, das man normalerweise von Gratisklopapier wie ‚20 Minuten‘ oder diesen S-Bahn-Heftli gewohnt ist.

Aber a propos ‚20 Minuten‘, da hab ich mich scheinbar getäuscht, denn die ‚20 Minuten‘-Redaktion hat einen äusserst interessanten und sachlichen Beitrag produziert, der aufklärt darüber, was wir aus der FPV-Gemeinde hier überhaupt machen. Jeden Tag, an dem wir in Ausübung unseres Hobbys Leute treffen, betreiben wir Aufklärungsarbeit darüber, was diese Racer sind und was wir damit machen. Bisher haben bei mir ausnahmslos alle mit Staunen und Respekt gegenüber den Fähigkeiten, die hier im Spiel sind, entgegengebracht. Ihr schickt ein Team zu den nationalen Meisterschaften dieses wunderbaren Sports und macht zunichte, was wir in mühevoller Kleinarbeit vorantreiben. Und ich kann mich nicht mal von eurem Verein abmelden, sondern bin verpflichtet solchen Amateurjournalismus der untersten Schublade auch noch zu bezahlen!!

Ich fordere Sie auf, einen weiteren Beitrag zu senden, in dem Sie sich für ihren Dilettantismus entschuldigen und ebenso ausführlich, wie Sie über Datenschutz labern können, auch unseren Sport für alle klar und verständlich darzustellen.

Noch dazu habt Ihr in der SRF-Digital-Redaktion zwei Kerle, die auch schon Besseres zusammengebracht haben. Vielleicht sollten Sie die beiden in die ‚Oberliga‘ befördern? (Einer davon heisst Reto Widmer - ein sympathischer, scheinbar offener und neugieriger Herr, der uns einen tausendmal besseren und fachlich korrekteren Bericht produzieren hätte können...).

Ich und die gesamte FPV-Community erwarten uns eine offizielle Entschuldigung und einen ordentlichen Bericht über die Drone Nationals. Dort wart Ihr ja, Material habt ihr sicher auch genug. Bezahlt habe ich auch dafür. Also los. Auf Ihre Antwort warte ich gespannt.“

B. Ihre Beanstandung ließ ich der zuständigen Redaktion zur Stellungnahme vorlegen. Herr Franz Lustenberger, stellvertretender Redaktionsleiter der „Tagesschau“, äußerte sich wie folgt:

„Ausgangslage

Am Wochenende vom 5. – 7. August fand neben dem Flugplatz Payerne der FPV Air Race statt. Mittlerweile mehr als ein Hobby; ein Trendsport, der in mehreren Ländern ausgeübt wird und in dem auch internationale Meisterschaften durchgeführt werden. FPV Racing wird im deutschen Sprachgebrauch auch Drohnen-Rennen genannt.

‚FPV Racing (auch Drohnen-Rennen/Drone Racing genannt) – eine Trendsportart erreicht die Schweiz

Was in Amerika immer mehr zum Trend wird erreicht nun auch langsam die Schweiz - das FPV Racing / Drone Racing. Dabei treten Quadcopter Piloten in gesicherten Rennstrecken gegeneinander an. Das Spezielle dabei ist jedoch das ‚FPV"‘ der Flug aus der ‚First Person View‘, der sogenannten ‚Ich‘-Perspektive. An den Quadcoptern sind Kameras montiert, das Bild wird während dem Flug direkt an einen Monitor oder meistens eine Videobrille übertragen, der Pilot sieht also aus der Sicht der ‚Drohne‘, als würde er diesen direkt aus dem Cockpit steuern.‘ [2]

Kurzbericht zum FPV Racing in Payerne

Die Tagesschau hat entschieden, dass von dieser Meisterschaft ein paar Bilder ausgestrahlt werden, welche die wesentlichen Aspekte dieses neuen Trends aufzeigen. Das haben die erste Anmoderation und die erste Filmeinspielung auch geleistet. Es wird in attraktiven Bildern und im Text sachlich über den Event berichtet. Die Tagesschau schliesst ausführlichere Berichte für die Zukunft auch nicht aus; dies hängt von der weiteren Entwicklung dieser Trendsportart in der Schweiz ab. Versprechungen zu zukünftigen Beiträgen, oder gar Garantien, kann die Tagesschau nicht machen.

Allerdings, der Umfang der Berichterstattung – eigenständiger Beitrag, Kurznews mit bewegten Bildern – liegt in der Programmautonomie der Programmveranstalter (Bundesgesetz für Radio und Fernsehen RTVG, Artikel 6). Es gibt keinen Anspruch auf Verbreitung bestimmter Darbietungen. Die ausführlichere Berichterstattung bei RTS liegt im Faktum begründet, dass die Veranstaltung in der Romandie stattfand und es damit einen stärkeren regionalen Bezug gab.

Datenschutz

Die Tagesschau hat diesen Event in Payerne zum Anlass genommen, über die grundsätzliche Problematik von Drohnen, den Schutz der Privatsphäre sowie über geplante Massnahmen des Bundes zu berichten. Die Beanstandung richtet sich denn auch nicht gegen diesen zweiten Beitrag an sich, der ganz relevante Diskussionen in unserer Gesellschaft aufgreift.
Kritisiert wird, dass diese beiden Beiträge hintereinander ausgestrahlt und nach Meinung der Beanstander in unzulässiger Weise verknüpft wurden.

Ich kann diese Ansicht nicht teilen. Die Moderation geht von den technischen Möglichkeiten von heutigen Drohnen aus. Es würden sich mit der fortschreitenden Entwicklung aus der Sicht des Datenschutzes Fragen stellen. In dieser Moderation wird kein Bezug mehr zum vorangehenden Event genommen. Moderator Franz Fischlin spricht ein ganz neues Thema an. Die Einführungssequenz des zweiten Beitrages findet zudem in einer ganz anderen Bildwelt statt; es ist ein Ausschnitt aus einem Werbefilm eines Drohnenherstellers mit einer Katze in einem Wohnzimmer, nichts mehr vom sportlichen Air-Race in Payerne. Im ganzen Beitrag wird konsequent auf Werbevideos zurückgegriffen, also auf Videos von Unternehmen, welche die ‚Überwachungsmöglichkeiten‘ durch die Drohnen in den Vordergrund rücken.

Anmoderation und die ganz andere Bildwelt machen die Trennung klar – hier kommt ein neuer Beitrag mit einem ganz anderen Fokus. Weder im Text des Beitrages noch in den ausgewählten Quotes des Eidgenössischen Datenschützers Adrian Lobsiger wird irgendein Bezug zum sportlichen Wettkampf gemacht.
Ich beantrage, die Beanstandung in diesem Sinne zu beantworten.“

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Beurteilung des Beitrags. Zunächst möchte ich zwei Vorbemerkungen machen:

  1. Wenn Sie in der Tat weder ein Radio noch einen Fernseher besitzen, dann müssen Sie zurzeit auch keine Gebühren bezahlen. Noch gilt die geräteabhängige Gebühr. Die haushaltabhängige Abgabe, die Parlament und Volk beschlossen haben, tritt erst 2018 in Kraft. Wenn Sie also trotzdem Gebühren bezahlen, dann haben Sie entweder der Billag falsche Angaben gemacht oder falschen Annahmen der Billag nicht widersprochen.
  2. Sie sprechen die Ombudsstelle an, als gehöre sie zu den Redaktionen von Radio und Fernsehen SRF: „Ich fordere Sie auf, einen weiteren Beitrag zu senden, in dem Sie sich für ihren Dilettantismus entschuldigen und ebenso ausführlich, wie Sie über Datenschutz labern können, auch unseren Sport für alle klar und verständlich darzustellen“, schrieben Sie an die Ombudsstelle gerichtet. Die Ombudsstelle steht aber zwischen SRF und Publikum. Sie hat die Aufgabe, das Publikum vor Manipulation zu schützen und gleichzeitig die Programmautonomie der Redaktion zu verteidigen.

Und nun komme ich zu Ihrem inhaltlichen Anliegen. Ich verstehe sehr gut, dass Sie von der noch relativ jungen Sportart des Drohnen-Rennens begeistert sind und mit Sperberaugen danach gucken, ob die Medien über eine Veranstaltung wie die Schweizer Meisterschaft in Payerne berichten. Und ich kann sehr gut nachvollziehen, dass dieser Wettkampf, der sehr viel Können und Geschick voraussetzt, richtig Spass macht. Als Ombudsmann muss ich indessen nicht vor allem die Kenner, Beteiligten und Engagierten im Blick haben, sondern das Gesamtpublikum, gewissermaßen das Durchschnittspublikum. Welche Fragen hat sich das Publikum gestellt? Wurde es richtig informiert oder in die Irre geführt? Hat es ein korrektes Bild des Sachverhalts erhalten?

Wenn das Gesamtpublikum einen Bericht sieht über die Schweizer Meisterschaft im Drohnen-Rennen, dann wird es wie folgt reagieren: Erstens wird es erstaunt und überrascht feststellen: Ach, das gibt es jetzt auch, das ist ja interessant! Zweitens wird es sich fragen, was man mit solchen Drohnen denn alles machen kann.

Die Redaktion der „Tagesschau“ hat daher meines Erachtens richtig reagiert: Sie hat einerseits einen ganz kurzen Bericht über den Anlass in Payerne ausgestrahlt, mit dem sich das Publikum einen Eindruck verschaffen konnte, wie diese Wettkämpfe ablaufen. Und sie hat anderseits Hintergrund geliefert zur Frage, welche Probleme mit solchen Drohnen verbunden sind. Es sind vor allem Fragen des Datenschutzes und der Registrierungspflicht. Das sind wesentliche Fragen.

Auf mich wirkte der Beitrag aufklärend und beruhigend. Ich hatte am Schluss den Eindruck, dass die Behörden am Ball sind und das Nötige vorkehren, um die Privatsphären zu schützen und um gefährliche Zwischenfälle zu vermeiden. In keinem Moment kam ich auf den Gedanken, dass diejenigen, die sich in Payerne im friedlichen Wettkampf massen, diejenigen sein könnten, die unerlaubt mit Drohnen in Privatsphären herumschnüffeln. Bei einem Bericht über ein eidgenössisches Schützenfest denkt auch niemand daran, dass die Schützen danach als Attentäter und Amokläufer auf die Piste gehen.

Ich komme daher zum Schluss, dass das Publikum genau auf jene Fragen Antwort bekam, die es sich vermutlich gestellt hat. In keiner Weise gab es im Beitrag eine negative Bemerkung oder einen negativen Bezug zur Sportart des Drohnen-Rennens. Dem Publikum wurden weder wesentliche Fakten vorenthalten, noch wurde es sonst in irgendeiner Weise manipuliert. Einen Anlass, dass sich die „Tagesschau“ für ihre Berichterstattung entschuldigen müsste, sehe ich in keiner Weise. Die Kritik in Ihrer Beanstandung kann ich daher per saldo nicht unterstützen. Der Beitrag war mitnichten „Amateurjournalismus der untersten Schublade“.

Es ist sicher richtig, wenn die Medien die Entwicklung Ihrer Sportart weiter beobachten und je nach Bedeutung des Anlasses darüber berichten. Dabei dürfte die Berichterstattung vom Nachrichtenressort mehr und mehr zum Sportressort übergehen. Und dann wird der Wettkampf im Zentrum stehen. Wie Herr Lustenberger muss ich Sie aber nochmals darauf hinweisen, dass Sie vom Fernsehen nicht kategorisch die Ausstrahlung eines bestimmten Beitrags verlangen können. Es gibt kein „Recht auf Antenne“. In Artikel 6 Absatz 3 des Radio- und Fernsehgesetzes steht: „Niemand kann von einem Programmveranstalter die Verbreitung bestimmter Darbietungen und Informationen verlangen.“ Jedermann kann aber die Programmverantwortlichen auf Lücken im Programm hinweisen. Entscheiden müssen die Programmverantwortlichen selber. Das gehört zur Programmautonomie.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

[1] fpvracing.ch

[2] http://fpvracing.ch/de/content/23-fpv-racing-drohnen-rennen-multicopter-aus-der-ich-perspektive

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