Drohnen im Dienst der TV-Dramaturgie

Bilder aus der Vogelperspektive sind ein wertvolles TV-Stilmittel. Sie ermöglichen den ­Zuschauenden eine bessere Einordnung des Geschehens. Die neue Drohnentechnologie ist innovativ, günstig und frei verfügbar, ihr Einsatz ist aber auch mit gewissen Risiken verbunden. SRF und tpc­ ­haben deshalb Massnahmen ergriffen.

Luftaufnahmen sind heute aus dem Fernsehen nicht mehr wegzudenken. Mit ihnen ist es möglich, Geschichten und Ereignissen mehr Dynamik und Emotion einzuhauchen, zudem erleichtert die Vogelperspektive dem Zuschauer die bessere Einordnung einer Situation. Die Faszination, die Welt von oben her zu betrachten, entspricht einer «urmenschlichen Sehnsucht», wie es «Auf und davon»-Produzent Markus Storrer an einem «Innovation Academy»-Anlass von tpc Innovation (siehe Kasten unten) ausdrückte.

Einordnendes Stilmittel

Und das Stilmittel ist unkompliziert und preiswert geworden: Mussten die Redaktionen früher teure Helikopter mieten, übernehmen heute oft ferngesteuerte Drohnen diese Aufgabe. Luftaufnahmen können daher häufiger eingesetzt werden als früher. Vor allem die DOK- und Sportredaktionen werten ihre Sendungen vermehrt mit den fliegenden Kameras auf. In «Auf und davon» beispielsweise ging es mal darum, einen schweren Sturm in Kanadas Wäldern zu dokumentieren, der den Wald des Schweizer Auswanderers Hermann Schönbächler schwer beschädigt hatte. Die Bilder vom Boden aus liessen schon ein bisschen erahnen, welche Urgewalt hier gewütet haben musste. Doch erst die Drohnenaufnahmen zeigten das wahre Ausmass: Tausende Kubikmeter Holz lagen am Boden, riesige Lichtungen im Wald waren die Folge.

Eine nützliche neue Technologie also für die Produzenten. Sie wirft aber auch die Frage nach dem sicheren Einsatz auf. Herkömmliche Drohnen – auch Multikopter genannt – sind zwar mit verschiedenen Sicherheitssystemen ausgestattet, das Drohnenfliegen bleibt aber mit gewissen Risiken verbunden. Auch wenn ein Zusammenstoss mit einem Flugzeug noch nie gemeldet wurde: Drohnen sind auf dem Radar von Flugzeugen nicht sichtbar, und diese können nicht vor einem drohenden Zusammenstoss gewarnt werden. Zudem stellen die Drohnen selbst eine Gefahr durch Absturzrisiko dar. Auch wenn dies äusserst selten vorkommt, wie Urs Holderegger, Leiter Kommunikation des Bundesamts für Zivilluftfahrt BAZL, an der «Innovation Academy» bestätigte, bleibt das Risiko bestehen, wie ein Vorfall 2015 beim Weltcupslalom von Madonna di Campiglio zeigte: Eine Kameradrohne stürzte haarscharf an dem österreichischen Skistar Marcel Hirscher vorbei in den Schnee. Sportereignisse wie Skirennen sind ohne Luftaufnahmen nur halb so spektakulär; nicht auszudenken aber, was im Falle einer Kollision passiert wäre. Für die kürzlich ausgetragene Ski-WM in St. Moritz war ein solcher Vorfall von vornherein nicht zu erwarten: «Die Bündner Regierung hatte für die Ski-WM eine Sperre der Lufträume St. Moritz und Zuoz erlassen», erklärt SRF-Produktionsleiter Beat Zumstein, «der Einsatz von Drohnen war damit während der WM generell nicht erlaubt.»

Der Pilot ist das grösste Risiko

Dass das Unfallpotenzial nicht in erster Linie von der Technologie, sondern vom Menschen ausgeht, davon ist der Bündner Drohnenpilot Gion Huonder überzeugt: «Drohnen sind heute sehr sicher geworden, das grösste Risiko ist immer der Pilot.» Huonder wird mit seiner Firma Moved Media öfters für SRF/tpc im Einsatz sein; denn Ende 2016 hat die SRG auf die Problematik der Sicherheit reagiert: Bis auf Weiteres ist es den Redaktionen/tpc untersagt, eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für das Führen von Drohnen einzusetzen. Das soll laut Detlef Sold, CEO von tpc, vor allem die Mitarbeitenden schützen.

Drohnen für SRF/tpc bedienen sollen bis auf Weiteres nur noch externe Spezialisten wie Gion Huonder, die sehr erfahren sowie technisch, aber auch juristisch bestens ausgebildet sind. Juristisch lauern einige Fallstricke, die für weniger erfahrene Nutzer sehr schwer zu umgehen sind. Das liegt unter anderem daran, dass der Drohneneinsatz international völlig unterschiedlich gehandhabt wird; ein wichtiges Anliegen für SRF-Produktionen im Ausland wie «Auf und davon».

Für die tpc-/SRF-Mitarbeitenden ein Lichtblick: Sobald intern eine klare Regelung geschaffen worden ist, werden speziell ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wieder mit den hauseigenen Drohnen abheben dürfen.

tpc Innovation

tpc Innovation ist eine Abteilung der SRG-Tochter tpc switzerland ag. Sie positioniert sich als «Trendwatcher» und Kompetenzcenter rund um Fragen zum technologischen und inhaltlichen Wandel. Zudem arbeitet die Abeilung ständig an der Vision des zukünftigen Medienkonsums und den Möglichkeiten, neue Technologien in der Medienwelt beziehungsweise bei tpc in Zukunft einzusetzen. Mit ihren «Innovation Academies» informiert tpc Innovation sowohl die tpc wie auch deren Kunden über Neuheiten, Trends und Wissenswertes aus der Welt der Broadcast-Branche. Ende 2016 fand eine «Innovation Academy» zum Thema Drohnen statt.

Links

Drohneninfos BAZL (Bundesamt für Zivilluftfahrt)
Bewilligungen für den Betrieb von Drohnen ohne Augenkontakt
Interaktive Luftfahrtskarte
Schweizerischer Verband ziviler Drohnen

Text: Michael Benzing

Bild: tpc Innovation

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