Bundesrat für Sparten-Radios und gegen Open Content
Die Landesregierung beantragt die Ablehnung der Motion zur «Reduktion Spartensender im Radiobereich». Diese wurde von der nationalrätlichen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) eingereicht. Auch die Motion zum Open-Content-Modell empfiehlt der Bundesrat zur Ablehnung.
Das ist ein Teilsieg für die Macher und Hörer der sechs SRG-Radiosender Virus, Musikwelle, Swiss Pop, Swiss Classic, Swiss Jazz und Option Musique. Erst vor einigen Tagen lancierte der Schweizer Musikrat eine Online-Petition zur Erhaltung der Sparten-Radios (persoenlich.com berichtete). Nun beantragt der Bundesrat die Ablehnung der Motion «Reduktion Spartensender im Radiobereich». Diese wurde von der zuständigen Nationalratskommission KVF – unter dem Vorsitz von Nationalrätin Natalie Rickli – Mitte Februar eingereicht.
Das Radio- und Fernsehgesetz (RTVG) gibt dem Bundesrat die Möglichkeit, auch Zielgruppen- und Spartenprogramme der SRG zu konzessionieren. «Der Gesetzgeber geht von der Vorstellung aus, dass im Lichte eines dynamischen Funktionsauftrages die Zulassung solcher Angebote möglich sein muss, weil in einer stark segmentierten Gesellschaft ein Teil des Publikums unter Umständen nur noch durch spezifische Angebote erreicht werden kann», heisst es in der am Donnerstag publizierten Stellungnahme des Bundesrates.
Mit der Konzession vom 28. November 2007 sei es der SRG erlaubt worden, in den digitalen Programmpaletten eine Segmentierung vorzunehmen und in bestimmten Programmen inhaltliche Akzente zu setzen. «Damit soll den zum Teil unterschiedlichen Bedürfnissen verschiedener Bevölkerungsgruppen – zum Beispiel Jugend, Senioren et cetera – Rechnung getragen werden können», heisst es weiter in der Begründung.
Im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines neuen Gesetzes über elektronische Medien und der Anpassung der heutigen SRG-Konzession werde der Bundesrat die künftigen Anforderungen an den Service public überprüfen. Auch die bisherige Praxis der Konzessionierung von Zielgruppen- und Spartenprogrammen soll unter die Lupe genommen werden. «Er ist aber der Ansicht, dass der rechtliche Rahmen für die Erfüllung des Leistungsauftrages der SRG die nötige Flexibilität bewahren muss, um den Service-public-Auftrag dem steten Wandel vielfältiger Publikumsbedürfnisse anpassen zu können», so der Bunderat.
Auch «Open Content»-Modell wird abgelehnt
Weiter will die KVF privaten Medien ermöglichen, im Sinne von «Open Content» Eigenproduktionen der SRG zu verwenden. Sie hatte dazu ebenfalls eine Kommissionsmotion beschlossen. Auch diese Motion empfiehlt der Bundesrat nun zur Ablehnung.
Zwar begrüsse der Bundesrat neue Formen der Zusammenarbeit der SRG mit anderen Medienanbietern. «Die Forderungen der vorliegenden Motion nach einem Open Content gehen nach Ansicht des Bunderates hingegen zu weit und setzen eine staatliche Regulierung voraus, die letztlich nicht geeignet ist, das System der schweizerischen elektronischen Medien zu stärken», heisst es in der Begründung.
Als Konsequenz der Motion würde die SRG verpflichtet, ihre Inhalte anderen Schweizer Medien kostenlos zur freien und kommerziellen Bearbeitung zu überlassen. «Für die SRG hätte dies zur Folge, dass der Erwerb von Urheber- und Persönlichkeitsrechten erschwert und wesentlich verteuert würde», schreibt der Bundesrat weiter. Nutzniesser wären nicht nur traditionelle Medien, sondern auch Telecom-Unternehmen, private Webseiten-Betreiber, internationale Anbieter mit Schweizer Niederlassungen oder mit Schweizer Angeboten. Diese Problematik liesse sich laut der Landesregierung auch mit Nutzungslizenzen nicht lösen.
Auch aus publizistischer Sicht sei das Open-Content-Modell problematisch. «Die SRG-Beiträge könnten ohne klare Quellenangabe und in einem grundsätzlich veränderten Kontext genutzt werden. Die Bezüger sähen sich nicht mehr veranlasst, in eigene Recherchen und Produktionen zu investieren, was zu einer Abnahme der Medienvielfalt und möglicherweise auch zu einem Abbau von redaktionellen Arbeitsplätzen führen könnte», so die Begründung des Bundesrats. Und schliesslich biete das Modell keine Garantie, dass private Medien zusätzliche Werbeeinnahmen, die sie dank gebührenfinanzierter SRG-Inhalte realisieren, wieder in journalistische Angebote investieren, wie dies bei der SRG der Fall sei.
Die Motionen wurden im Nationalrat noch nicht behandelt.
Der Artikel ist ursprünglich auf erschienen.
Kommentar