«Letztlich geht es darum, die Sendungen der SRG weiterzuentwickeln»
Susanne Hasler ist seit Beginn des Jahres 2017 Präsidentin des Publikumsrats der SRG Deutschschweiz. Die Organisationspsychologin und Bezirkslehrerin spricht über ihr Amt, die Funktion des Publikumsrats und konstruktive Kritik.
Frau Hasler, wozu dient der Publikumsrat?
Der Rat ist ein zusätzliches Sensorium für die Programmverantwortlichen um zu sehen, wie ihr Programm beim Publikum ankommt. In einem gebührenfinanzierten Unternehmen arbeiten sie (wie auch der Publikumsrat) für die Schweizer Bevölkerung und haben daher ein genuines Interesse daran, Qualität zu produzieren. Natürlich repräsentiert der Publikumsrat nicht das Publikum, er ist jedoch bewusst sehr divers zusammengesetzt, sowohl bezüglich Alter, Beruf, und politischer Gesinnung. Dies erlaubt es uns, detailliertes Feedback aus verschiedenen Perspektiven geben zu können.
Sie sind nun seit etwas mehr als vier Monaten Präsidentin des Publikumsrats. Wie ist Ihnen der Einstieg gelungen?
Ich hatte einen guten Start in dieser neuen Funktion, nicht zuletzt deshalb, weil ich gut vorbereitet war. Ich war lange Vizepräsidentin unter Manfred Pfiffner und habe eng mit ihm zusammengearbeitet und hatte auch bereits stellvertretend Sitzungen geleitet. Inhaltlich war daher die Übernahme des Präsidentenamtes keine grosse Veränderung. Mental war es etwas anders – da spürte ich die zusätzliche Verantwortung, die man als Präsidentin hat. Es ist mir ein Anliegen, dass dieses Gremium gut funktioniert. Ich bin nicht der Typ, der alles vorher Dagewesene auf den Kopf stellt. Ich habe dennoch einige Ideen und versuche die so einzubringen, dass sie längerfristig in eine bestimmte Richtung weisen, führe aber im Grossen und Ganzen den Weg weiter, den Manfred Pfiffner zuvor eingeschlagen hat.
Wo führt dieser Weg hin?
Ein immer wiederkehrendes Thema ist Öffentlichkeitsarbeit und dort insbesondere die Gestaltung der Medienmitteilungen. Die medienpolitische Grosswetterlage in der Schweiz hat sich in den letzten Jahren verändert. Aus den Medienmitteilung des Publikumsrats wurden von Journalisten immer mehr nur die kritischen Aussagen herausgenommen, mit einem reisserischen Titel versehen und schon hatte man das Gefühl, der Publikumsrat hätte die Sendung verrissen. Das hat dazu geführt, dass wir in den Formulierungen immer vorsichtiger geworden sind, was wiederum dazu geführt hat, dass das Gremium in der öffentlichen Wahrnehmung zahnlos wirkt.
Wie gibt man dem Rat den Biss zurück?
Ich denke nicht, dass der Publikumsrat keinen Biss, sprich keine Wirkung hat. Die Programmschaffenden schätzen unsere differenzierten Rückmeldungen. Dabei sind wir durchaus kritisch, aber unsere Diskussionen sind jeweils konstruktiv. Ich bin überzeugt, dass ein kritisches Feedback angenommen wird, wenn man es fair macht, nicht persönlich wird und Pauschalurteile vermeidet. Das Ziel müsste es dann sein, diese konstruktiv kritische Beurteilung in den Medienmitteilungen abzubilden. Im Idealfall schaffen wir es, damit einen medienkritischen Diskurs in der Öffentlichkeit anzuregen.
Wie stellen Sie sich das vor?
Beispielsweise haben wir letztes Jahr die Sendung «Puls» analysiert, in der eine todkranke Frau sehr nahe begleitet wurde. Im Rat wurde darauf eine medienethische Fragestellung intensiv diskutiert: Wie nahe dürfen und sollen Journalistinnen und Journalisten an diese Frau herangehen? Wo ist die Grenze zwischen detaillierter Information und Voyeurismus? Das wäre eine Fragestellung, die gesellschaftlich relevant ist und die breit diskutiert werden könnte.
Welche Eigenschaften sind für eine Publikumsratspräsidentin von Vorteil?
Es hilft sicher, wenn man inklusiv arbeiten will, denn der Publikumsrat funktioniert nur, wenn alle gleichberechtigt mithelfen und -diskutieren können. Weiter glaube ich, dass man nicht unbedingt allzu extrovertiert sein muss. Man sollte nicht das Gefühl haben, man sei die wichtigste Person im Raum, die ist man nämlich nicht. Ich sehe mich ganz stark als «primus inter pares», als Erste unter Gleichen, und habe nicht das Gefühl ich hätte eine besondere Position, nur weil ich dieses Gremium leite.
In der Kommunikation mit den Programmverantwortlichen braucht es dann natürlich auch ein gewisses Fingerspitzengefühl. In den letzten Jahren konnten wir ein Vertrauensverhältnis aufbauen, was für eine kritische Auseinandersetzung natürlich sehr hilfreich ist. Gleichzeitig muss man darauf bedacht sein, dieses Vertrauen nicht zu verletzen. Das würde die Arbeit des Rates erschweren, denn letztlich geht es darum, einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Sendungen zu leisten.
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