Ein gutes Augenmass für Wettbewerb und Solidarität

Am 4. März stimmt die Schweiz über die No-Billag-Initiative ab, die eine Abschaffung der Radio- und ­Fernsehgebühren verlangt. Ein Gastkommentar von Esther Gassler, Mitglied des Regionalvorstands SRG Deutschschweiz.

Das Staatsverständnis in der Schweiz ­unterscheidet sich grundsätzlich von dem ­unserer Nachbarn. In unserer langen Geschichte hat sich ein pragmatisches Staatswesen entwickelt, das den Bürgerinnen und Bürgern sehr viel Vertrauen entgegenbringt, sie in wichtige Aufgaben einbindet und ihnen in allen wichtigen Fragen das letzte Wort lässt. Eine unentbehrliche Grundlage für die direkte Demokratie sind zuverlässige und unabhängige Informa­tio­nen, auf welche die gesamte Bevölkerung in allen Landesteilen Zugriff hat. Nur so kann die eigene Meinungsbildung sichergestellt werden.
Die Schweiz funktioniert im Milizsystem: Politik, Armee, Feuerwehr und auch Vereine sind nach diesem Prinzip aufgebaut, wie auch die SRG, die jedem und jeder die Möglichkeit zu einer Mitgliedschaft eröffnet. Nur so bleibt die SRG im Volk verankert und kann nicht von partikulären Interessen aus Wirtschaft oder Politik gesteuert werden. Darum bin ich gemeinsam mit Ihnen und rund 24 000 Frauen und Männern seit vielen Jahren Mitglied dieses demokratischen und föderalistischen Trägervereins.
Die Abschaffung der Haushaltgebühr bei einer allfälligen Annahme der No-Billag-Initiative bedeutet den Sendeschluss sowohl für die SRG SSR als auch für weitere gebührenfinanzierte Lokalradio- und Regionalfernsehstationen in der jetzigen Form. Es existiert kein Gegenentwurf zum aktuellen Modell. Auch wenn sich private Anbieter erhoffen durch eine Annahme der Initiative gestärkt zu werden, wären die Gewinner nicht sie, sondern die grossen ausländischen Privatsender und die internationalen Medienkonzerne wie Facebook und Google.
Aber damit nicht genug: Die Initiative verlangt, dass die Konzession zur Ausstrahlung von Radio und Fernsehen versteigert wird. Das ergibt keinen Sinn, denn mit umfassender und unabhängiger Informations- und Kulturvermittlung lässt sich keine finanzielle Rendite erwirtschaften. Wohin das führt, können wir im Ausland sehen: Die Macht über Radio und Fernsehen wird zum Spielball von Milliardären, die eine «politische Dividende» anstreben. Die Konzentration von Kapital, Medienmacht und Politik trägt nicht zur Meinungsvielfalt bei und birgt eine demokratiegefährdende Komponente in sich. Gerade weil wir ein gutes Augenmass für Wettbewerb und Solidarität haben, funktioniert das Erfolgsmodell Schweiz.

Denn: Hier zählt nicht einfach das Recht des Stärkeren. Genau deshalb braucht die Schweiz auch aus liberaler Sicht weiterhin eine starke SRG. Helfen Sie mit, unserem Land das öffentliche Medienhaus SRG und die 34 weiteren gebührenfinanzierten Lokalradios und -fernsehen zu erhalten.

Text: Magazin LINK/Esther Gassler

Bild: Esther Gassler: zVg.

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