Das Nein zu «No Billag»: eine Bestätigung, die verpflichtet
Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger haben die «No Billag»-Initiative heute an der Urne abgelehnt. Das Resultat ist für die SRG SSR insbesondere deshalb erfreulich, weil es in allen Sprachregionen bestätigt wurde. Vor dem Hintergrund der kontrovers geführten Debatte bildet der heutige Tag für die SRG einen Neuanfang, an den auch klare Erwartungen geknüpft sind: Das öffentliche Medienhaus der Schweiz wird sich an neue finanzielle Rahmenbedingungen und an neue gesellschaftliche Bedürfnisse anpassen.
«Natürlich ist es ein guter Tag für die SRG, denn die Stimmbevölkerung hat mit ihrem Votum die Legitimierung des medialen Service public untermauert», sagte SRG-Verwaltungsratspräsident Jean-Michel Cina im Rahmen einer Medienorientierung am Sonntag in Bern. «Ebenso erfreulich ist das Ergebnis für die 34 privaten Radio- und TV-Stationen, die einen Teil der Gebühren beziehen. Vor allem aber ist es ein guter Tag für all jene, denen es wichtig ist, ein unabhängiges, ausgewogenes Informationsangebot in allen vier Sprachregionen zu haben – und denen es wichtig ist, eigenständig Schweizer Filme zu produzieren, die einheimische Musik zu unterstützen und Schweizer Sportereignisse in die Stuben zu bringen», so Cina weiter. «Was die Mehrheit heute unterstützt hat, ist die Idee einer solidarischen und vielfältigen Schweiz.» Der SRG-Verwaltungsratspräsident bedankte sich bei all jenen, die sich tatkräftig zugunsten dieser Werte und des Service public eingesetzt haben.
Reformen, effizienzsteigernde Massnahmen, Fokussierung auf Information, Kulturproduktion und das digitale Angebot
Gilles Marchand, Generaldirektor der SRG, erklärte: «Dieses Resultat ist nicht einfach eine Bestätigung für uns als öffentliches Medienhaus, das der Allgemeinheit dient – es ist für die SRG ein neuer Anfang. Wir sind nun aufgefordert, unser Unternehmen neuen finanziellen Rahmenbedingungen und neuen gesellschaftlichen Bedürfnissen anzupassen. Wir wollen die Rückmeldungen aus der Gesellschaft einfliessen lassen – sowohl die ermutigenden als auch die kritischen.» Die SRG wird in einem ersten Schritt die Umsetzung dreier Reformpakete an die Hand nehmen und gleichzeitig weitere Reformen erarbeiten.
Ein Effizienzsteigerungs- und Reinvestitionsplan von 100 Millionen Franken ab 2019
Das erste Paket umfasst die finanzielle Dimension: Die SRG wird aufgrund der Gebührensenkung und wegen der vom Bundesrat vorgenommenen Plafonierung der Einnahmen sowie infolge der stetig sinkenden Werbeerlöse einen Effizienzsteigerungs- und Reinvestitionsplan in der Höhe von 100 Millionen Franken umsetzen. Sie wird bei der Infrastruktur, in der Verwaltung, in der Technik, bei den Immobilien, bei den Produktionsprozessen und in der Distribution sparen und effizienter werden. Dieser Plan erlaubt es der SRG, sowohl die Kosten zu senken als auch gleichzeitig drei Prioritäten in ihren Tätigkeitsfeldern zu setzen:
- Die SRG erachtet es als Kern ihres Auftrags, eine ausgewogene, unabhängige Information in den vier Sprachregionen sicherzustellen: 50 Prozent der Gebühreneinnahmen werden im Programm für die Information aufgewendet.
- Die SRG möchte die Schweiz in ihrer Vielfalt erzählen. Daher wird das Engagement im Sinn einer facettenreichen einheimischen Kulturproduktion – insbesondere im Bereich Film und Serien – noch weiter gefördert.
- Als öffentliches Medienhaus muss sich die SRG auch gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen. Daher setzt sie auf die Verbesserung des digitalen Angebots. Sie will eine mehrsprachige Plattform bauen, die es erlaubt, dem Publikum möglichst alle SRG-Produktionen aus allen Sprachregionen mit entsprechender Übersetzung zugänglich zu machen.
Die SRG konzentriert sich auf ihr Basismandat
Als erstes Reformthema hat Marchand die Konzentration auf die Besonderheiten des öffentlichen Medienhauses und die damit verbundene Abgrenzung zu privaten Medienangeboten erörtert. Wie sich auch in der Debatte der vergangenen Wochen gezeigt hat, schätzt das Publikum die klare Unterscheidbarkeit von TV-Angeboten privater und öffentlicher Anbieter. Aus diesem Grund verzichtet die SRG künftig darauf, die abendlichen Spielfilme durch Werbung zu unterbrechen. Damit die Unterscheidbarkeit auch im digitalen Bereich verstärkt spürbar wird, verzichtet die SRG zukünftig darauf, Texte ohne Verbindung zu einem Audio oder Video auf den Info-Online-Websites von SRF, RTS und RSI zu publizieren.
Mehr Zusammenarbeit mit privaten Medien
Die SRG ist der Ansicht, dass es heute wichtiger denn je ist, den Medienplatz Schweiz gemeinsam zu gestalten und gegenüber der internationalen Konkurrenz zu stärken. Im kommerziellen Bereich respektiert die SRG, dass ihr Onlinewerbung auf absehbare Zeit untersagt bleibt. Die SRG verzichtet darauf, regionale zielgruppenspezifische Werbung anzubieten, selbst wenn dies dereinst regulatorisch möglich würde. Dies, um die Konkurrenz zu regionalen Medien nicht zu verschärfen. Im Hinblick auf die Vermarktungsfirma Admeira bleibt die SRG offen für neue, konstruktive Lösungen. So ist sie bereit, die Aufnahme neuer Aktionariatspartner zu unterstützen.
Darüber hinaus stellt die SRG den privaten Schweizer Medienanbietern ihre Archivinhalte zur Verfügung. Die Modalitäten dazu orientieren sich am bereits etablierten Shared-Content-Modell, bei dem private Medienhäuser die Möglichkeit haben, Newsvideos der SRG kostenlos zu übernehmen. Die SRG erklärt sich zudem bereit, gemeinsam mit anderen Schweizer Radiostationen einen nationalen Radio-Player aufzubauen. Zudem zeigt sich die SRG offen für Kooperationen bezüglich des Betriebs der Musiksender Swiss Pop, Swiss Jazz und Swiss Classic. Um die SDA in der derzeitigen schwierigen Transformationsphase zu unterstützen, wird die SRG ihren Vertrag mit der SDA zu den aktuellen Bedingungen bis 2019 verlängern.
Start eines Veränderungsprozesses über die kommenden fünf Jahre
Jean-Michel Cina: «Alle Unternehmenseinheiten der SRG fokussieren ihre Arbeit in der nächsten Zeit auf die aufgeführten Prioritäten.» Dieser Effizienzsteigerungs- und Reinvestitionsplan wird im Verlauf des Sommers 2018 in detaillierter Form präsentiert. Die Umsetzung startet im 2019 und zieht sich über die nächsten fünf Jahre. Gilles Marchand: «Dieser 4. März geht als Wendepunkt in die Geschichte der SRG ein. Wir freuen uns über das Resultat. Uns ist aber durchaus bewusst, dass es eine Verpflichtung darstellt. Eine Verpflichtung, uns noch intensiver mit unseren Anspruchsgruppen auszutauschen und uns zu verändern. Wir nehmen sie gerne an – wobei unsere Richtschnur die Gesellschaft bleibt, die Bürgerinnen und Bürger und die Schweiz.»
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