Eine Frage des Standpunkts
Das Thema bewegt: Die SRG überprüft nicht zum ersten Mal ihr Synergiepotenzial bei ihren Standorten. Niklaus Ullrich, Präsident der SRG Region Basel, sucht Erkenntnisse «von damals» und fragt: Wie die Kurve kriegen?
Als 2008 die damalige Fernsehdirektorin Ingrid Deltenre aus dem «fernen» Zürich mit leicht süffisant anmutenden Worten das ehrwürdige Studio Basel auf dem Bruderholz aus ihrer Sicht und mit dem Zauberwort «Konvergenz» auf den Lippen programmpolitisch und ökonomisch für tot erklärte, war Feuer im Dach. Nicht nur bei den Mitgliedern der Radio- und Fernsehgenossenschaft Basel (Gründungsjahr 1927), sondern auch in politischen Kreisen weit bis ins bürgerliche Lager der damals schon rot-grünen Stadt. War es doch noch keine zehn Jahre her, seit der Regionalvorstand (damals noch ein richtiger Verwaltungsrat) unter dem Schimpf- und Stichwort «Schwerpunktbildung» ein redaktionelles Szenario der Aus- und Abwanderung nach Zürich knapp verhindert hatte. Und jetzt schon wieder! Die Bedrohungslage war ernst trotz der Basler medienaffinen FFF: FCB, Federer und Fasnacht, die immer wieder für Highlights im Programm von DRS selig sorgten. Sollte sich jetzt und endlich doch noch rächen, dass der Souverän (?) in Basel 1952 die Gründung des Schweizer Fernsehens an der Urne mit dem Etikett, «Hollywood» von Basel fernzuhalten, an der Urne versenkte? Selber schuld!
War es doch noch keine zehn Jahre her, seit der Regionalvorstand (damals noch ein richtiger Verwaltungsrat) unter dem Schimpf- und Stichwort «Schwerpunktbildung» ein redaktionelles Szenario der Aus- und Abwanderung nach Zürich knapp verhindert hatte.
Ablehnen? Aufheulen? Ausflippen? Was tun? Wie die Kurve kriegen?, war die Frage. Guter Rat schien teuer... und die Gefahr, sich der Anbetung der noch warmen Asche hinzugeben, anstatt sich in der Weitergabe des Feuers zu üben, war durchaus vorhanden. Ein Blick in die von der SRG Region Basel im November 2008 veröffentlichte Broschüre «Medien.SRG@RegionBasel.ch – ein Plädoyer», welche die Notwendigkeit und die Vorzüge der Region Basel als SRG-Medienstandort aus unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchtet, zeitigt ein paar interessante Ansätze. Sie haben immer noch Gültigkeit, selbst unter Berücksichtigung der rasanten medientechnologischen und -ökonomischen Entwicklung der letzten zehn Jahre sowie der spürbar veränderten gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen. In der damaligen medienpolitischen Debatte rund um den Standort Basel bot das Dossier eine fundierte Diskussionsgrundlage mit der Absicht, das Bewusstsein einer interessierten Öffentlichkeit zu schärfen. Und siehe da, je länger die Diskussion dauerte, desto wichtiger wurde die Frage nach dem Standpunkt für die Zukunft. Die Behauptung des Standorts im Kontext der Fortschreibung des Status quo um jeden Preis trat fürs Erste in den Hintergrund.
Je länger die Diskussion dauerte, desto wichtiger wurde die Frage nach dem Standpunkt für die Zukunft.
Der anschliessende «Findungsprozess» führte mit Blick auf die Strategie und die Zukunft für Basel zu ein paar interessanten Erkenntnissen:
• Den Umwälzungen auf dem Medienmarkt kann man weder ausweichen noch widerstehen. Aber allein mit Technologie darf nicht argumentiert werden.
• Der Content muss die Richtung weisen, die Strukturen prägen. Ein Standort macht Sinn, wenn er hauptsächlich als Kompetenz- und nicht als Dienstleistungszentrum definiert ist.
• Ein mediales Kompetenzzentrum – das den Service-public-Auftrag ernst nimmt – darf sich nicht nur als lokales/subregionales Heimatwerk verstehen, sondern erbringt eine Leistung über den Rahmen der Region hinaus.
• Der Qualitätsanspruch ist kein eigendefinierter Selbstzweck, sondern erfüllt sich als Teil eines grösseren Öffentlichkeitsanspruchs.
• Vor diesem Horizont erscheint die Frage des Primats der traditionellen föderalistischen Pflichtübung vor Ort nicht mehr so zwingend.
• Über welches elektronische Medium der Auftrag erfüllt werden soll – Radio, TV, Online, Social Media –, ist offen. Technologisch ist alles möglich.
Die Erkenntnisse von damals sind nicht telquel auf heute zu übertragen. Aber die Methode, die Standpunktfrage der Standortfrage bewusst voranzustellen, war ein wichtiger Schritt, damit Basel «sein Studio» nicht nur erhalten, sondern an einem neuen Ort neu und zeitgemäss denken, planen und realisieren konnte.
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