SRG-Konzession hat es in sich

Im Entwurf für eine neue Konzession der SRG zeigt der Bundesrat Mut und schärft die Konturen des Service-public-Auftrags. Die Reaktionen in der Vernehmlassung zeigen: Auch der Programmauftrag an die SRG ist ein Politikum.

Welchen Auftrag soll die SRG erfüllen, was soll sie an Leistungen anbieten, wo sind ihr Grenzen gesetzt? Das wird in der Konzession festgelegt, die der Bundesrat, gestützt auf die Bundesverfassung und das Radio-/TV-­Gesetz, definiert. Diese SRG-Konzession muss auf 2019 erneuert werden. Ein Entwurf des Bundesrats enthält einige bemerkenswerte Änderungen zur bisher gültigen Fassung. Die Vernehmlassung dazu zeigt eine Reihe von medienpolitischen Positionsbezügen. Auch der Programmauftrag an die SRG ist ein Politikum. Die neue Konzession habe Übergangs­charakter, kommentiert der Bundesrat, bis ein neues Gesetz über elektronische Medien («Mediengesetz») neue Grundlagen definiere. Ein solches Gesetz könnte auf 2022 in Kraft treten – der politische Prozess dazu kann allerdings auch deutlich länger dauern.

Rügen ohne Debatte

Von den 74 Stellungnahmen stimmt eine deutliche Mehrheit dem Konzessionsentwurf grundsätzlich zu. Einige prominente Kräfte wie SVP, FDP oder der Verlegerverband «Schweizer Medien» lehnen ihn grundsätzlich ab. Ihre Begründung: Der Bundesrat greife einer Grundsatzdebatte über den Service public vor, zementiere den Status quo der SRG und ermögliche ihr sogar einen Ausbau im Online-­Bereich. Die genannten Organisationen wünschen hingegen eine Redimensionierung der SRG respektive ihres Auftrags. Der Beobachter fragt sich, warum SVP und Co. dauernd rügen, die Debatte werde nicht geführt, statt sich einfach daran zu beteiligen. Die Vorlage des Bundesrats bildet dazu eine gute Gelegenheit. Denn der Entwurf des Bundesrats nimmt eine Forderung auf, welche von rechts bis links immer wieder eingebracht worden ist: Der Auftrag der SRG solle genauer umschrieben werden.

Online in der Konzession verankern?

Entsprechend will der Bundesrat mit der neuen Konzession die «Konturen des Service-public-Auftrags schärfen». Und er führt einige neue Elemente ein (siehe Box). Umstritten beim Konzessionsentwurf ist vor allem, den Online-Bereich zusätzlich zu Radio und Fernsehen als Teil der Angebotspalette zu verankern. Diese Form zur Erfüllung des Service-public-­Auftrags zu integrieren, begründet der Bundesrat «angesichts der wachsenden Bedeutung des Online-Angebots». Allerdings bleiben die für die SRG bereits festgelegten Beschränkungen im Online-Bereich bestehen: Sie soll sich auf den Video- und Audio-Bereich konzentrieren. Damit sollen die textbasierten Online-Angebote der Marktmedien geschützt werden.

Die Kern­elemente des Konzessions­entwurfs:

  • Die «Unabhängigkeit» der SRG wird explizit definiert.
  • Die Anforderungen an Profil und Qualität der Angebote (Programme) werden deutlich konkretisiert.
  • Eine Pflicht zur Zusammenarbeit mit schweizerischen Medienunternehmen wird definiert – primär im Bereich der Information (Kurzversionen von Tages-Infos), auch mit der audiovisuellen Industrie, beim Einkauf der Rechte für fik­tionale Inhalte oder im Bereich Sport.
  • Die SRG wird verpflichtet, mit der Öffentlichkeit einen institutionalisierten Dialog über das Angebot zu führen.
  • Der Online-Bereich wird zusätzlich zu Radio und Fernsehen als Teil der Angebotspalette verankert.

Der Bundesrat verlangt von der SRG aber auch, «nicht zuletzt mit Blick auf die Resonanz beim jüngeren Publikum (...) das kreative Potenzial der neuen Technologien optimal auszunützen». Der Konzessionsentwurf verpflichtet die SRG auf «kreative Risikobereitschaft und Innovation» bei der Wahl der Darstellungsformen und Kommunika­tionsmöglichkeiten. Angesichts der technologischen Entwicklung und der veränderten Konsumgewohnheiten bewerten viele Anspruchsgruppen in der Vernehmlassung den Einbezug des Onlinebereichs als «notwendig» oder sogar «überfällig». Opposition gegen die «massive Online-Expansion» (Stellungnahme der AZ Medien) der SRG formulieren hingegen zum Beispiel der Verlegerverband VSM, Aktion Medien­freiheit, SVP und FDP.

«Kein Marktversagen bei der Unterhaltung»

Beim inhaltlichen Angebot (Programme) definiert die Konzessionsvorlage neue quantitative wie auch qualitative Vorgaben: Wie bisher werden Information, Kultur, Bildung und Unterhaltung als Bereiche des Programmangebots aufgelistet, neu auch der Sport. In der Vernehmlassung stellen etwa SVP, AZ Medien, «Ja zu No Billag» oder Jungfreisinnige den Auftrag der SRG im Bereich Unterhaltung infrage: Für die SVP ist «Unterhaltung kein Schwerpunktauftrag der SRG». Der Verlegerverband und der Privatfernsehverband verlangen, die SRG solle im Unterhaltungsbereich nur leisten dürfen, was von privaten Anbietern nicht ausreichend erbracht werde. Und die AZ Medien halten fest, ein «Marktversagen ist bei der Unterhaltung nicht festzustellen» – was indirekt heisst, die SRG solle dies gänzlich dem Markt überlassen. «Ja zu No Billag» oder Jungfreisinnige verlangen gar die Streichung des Artikels mit dem Unterhaltungsauftrag. Ähnlich die Positionen beim Sport: Die gleichen Kreise sowie die Vertreter der Privatfernsehsender verlangen eine Redimensionierung des SRG-Auftrags beim Sport. Gemäss Subsidiaritätsprinzip solle die SRG nur noch das machen dürfen, was der Markt nicht realisiere. Damit stellen gewichtige medienpolitische Kräfte zwei Grundbereiche des Programmangebots der SRG grundsätzlich ­infrage. Eine deutliche Mehrheit der Anspruchsgruppen will allerdings Unterhaltung wie Sport im Angebot der SRG beibehalten.

Quantitative Vorgaben und Grundwertekatalog

Der Bundesrat definiert zur Angebotspalette neue quantitative Vorgaben: Für die Information soll die Hälfte der Gebühreneinnahmen aufgewendet werden, für die Kultur etwa ein Viertel. Ebenso neu enthält die Konzession Konkretisierungen zum gesetzlich verankerten Programmauftrag. Es werden für die einzelnen Bereiche Qualitäts- und Erfolgsdimensionen definiert, ethische Grundlagen und ein Grundwertekatalog formuliert. Zum Beispiel beim Bereich Unterhaltung wird die hohe ethische Verantwortung angesprochen und die Anforderung an die Unterscheidbarkeit und Unverwechselbarkeit der Programme gegenüber solchen von Privatsendern postuliert. An Kriterien wird aufgezeigt, welche Art von Unterhaltung man vom Service public erwartet: Genannt werden Kreativität, Innovation, Risikobereitschaft, verlangt werden auch Eigenproduktionen. Es sollen «unterschiedliche Normen, Werte und Weltbilder» gezeigt werden und einem breiten Publikum eine «Vielfalt gesellschaftlich relevanter Themen und Fragestellungen» nähergebracht werden.

Neu werden so genannte «Querschnittsaufgaben» formuliert, welche die SRG in ihren Angeboten besonders berücksichtigen muss. Da geht es um Innovation, die Berücksichtigung der anderen Sprach­regio­nen der Schweiz, um spezielle Angebote für junge Menschen, für Menschen mit Migrationshintergrund und für Menschen mit Sinnesbehinderungen.
In einer Gesamtbetrachtung darf man feststellen, dass der Bundesrat mit der neuen Konzession versucht, ein Postulat einzulösen, welches von allen Seiten wiederholt eingebracht worden ist: konkreter zu formulieren, nach welchen Kriterien das Profil eines Service-public-Angebots gestaltet werden soll. Geplant ist, dass der Bundesrat im August über die neue Konzession entscheiden wird.

Text: Philipp Cueni

Bild: SRG "Metro"

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