Kommentar bei Direktübertragung des EM-Qualifikationsspiels Gibraltar-Schweiz beanstandet

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Mit Ihrer E-Mail vom 19. November 2019 beanstandeten Sie die Moderatoren-Kommentare während der Direktübertragung des EM-Qualifikationsspiels Gibraltar-Schweiz vom 18. November 2019. Ihre Eingabe entspricht den formalen Anforderungen an eine Beanstandung. Ich kann daher darauf eintreten. Sie erhalten den Schlussbericht leider leicht verspätet, weil wir auf der Ombudsstelle technische Probleme hatten. Ich möchte mich für die Verspätung entschuldigen. Ihre Rechte werden dadurch nicht beschnitten: Die 30tägige Frist für eine allfällige Beschwerde bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) beginnt an dem Tag zu laufen, an dem der Schlussbericht in Ihrem Briefkasten liegt.

A. Sie begründeten Ihre Beanstandung wie folgt:

«Sachgerechtigkeitsgebot: Kommentare die beurteilen, verurteilen, belehren und abfällige Äusserungen beinhalten, sowohl bei Spielern wie auch bei Schiedsrichtern gehören gerügt und sanktioniert. In der Champions League kann ich auf den ORF ausweichen, beim Spiel der Schweizernationalmannschaft jedoch nicht. Ich erwarte von einem Kommentator Sachverstand für die Sportart und Respekt vor den Akteuren. Dies höre ich bei vielen Sportarten und Kommentatoren am SRF, nicht so im Fussball bei Herr Ruefer, Herr Kälin und Herr Salzgeber. Die Fachleute Huggel und Knäbel sind tolle Mitarbeiter, die ich sehr schätze!»

B. Die zuständige Redaktion erhielt Ihre Beanstandung zur Stellungnahme. Für SRF-Sport antwortete Herr Hansjörg Wyss, Inputer Chefredaktion Sport:

«Ich nehme Stellung zur Beanstandung 6216, in welcher der Beanstander bei der Fussballberichterstattung (Gibraltar – Schweiz) einen Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot bemängelt. Bei den Kommentatoren/Moderatoren Rainer Maria Salzgeber, Sascha Ruefer und Paddy Kälin vermisst er zudem den nötigen Sachverstand für diese Sportart und den gebührenden Respekt gegenüber den Akteuren.

Beim Sachgerechtigkeitsgebot geht es sehr vereinfacht gesagt darum, dass die Grundrechte eingehalten werden, keine diskriminierenden Aussagen fallen, Rassismus keinen Platz bekommt, die Gewalt nicht verherrlicht wird und die Sittlichkeit nicht gefährdet ist. Zudem gehört dazu, dass der Sachverhalt und die Ereignisse sachgetreu dargestellt werden, so dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden kann.

Da der Beanstander sich nach dem EM-Qualifikationsspiel Gibraltar – Schweiz gemeldet hat und keine detaillierten Beispiele oder inhaltlichen Angaben zu den Verstössen auflistet und keinerlei Beispiele zum fehlenden Sachverstand oder zum Respekt gegenüber den Akteuren benannt hat, habe ich die Berichterstattung zu diesem Spiel vom Montag 18. November auf SRFzwei überprüft. Im Detail habe ich das Vor- und Pausenprogramm (Moderation Rainer Maria Salzgeber) sowie die beiden Halbzeiten des EM-Qualifikationsspieles Gibraltar – Schweiz (Kommentar Sascha Ruefer) nochmals visioniert. Der ebenfalls in der Beanstandung erwähnte Paddy Kälin war bei diesem Spiel nicht im Einsatz:

Meine Beobachtungen: Nirgendwo habe ich abfällige Bemerkungen, diskriminierende Aussagen, rassistische Äusserungen oder anderswertige minderwertige Kommentare, bei denen jemand sich beleidigt gefühlt haben könnte, gefunden. Das Spielgeschehen wurde sachlich korrekt kommentiert und die Akteure von beiden Teams wurden für gelungene oder misslungene Spielzüge entsprechend gelobt oder getadelt. Die Wortwahl war dem Geschehen angepasst und nie abschätzig oder gar angriffig. Die Analysen im Studio wurden alle fair, kritisch und gut verständlich präsentiert, ohne dass dabei irgendwelche Sticheleien, persönlichen Beleidigungen, missglückten Witzchen oder missratene Worte vorgekommen sind. Zudem waren alle Aussagen, aber auch Kritiken oder Lobesworte, zutreffend und jederzeit mit dem Geschehen auf dem Spielfeld belegt und dokumentiert.

Wenn ich den Match und das Studioprogramm mit der ganz grossen Lupe im allerkleinsten Detail anschaue, so könnten aus meiner Sicht höchstens folgende Aussagen vielleicht leicht anecken:

Im Vor/Pausenprogramm: Leicht flapsige Bemerkung von Salzgeber zum Mini-Bus, der die Spieler uns Stadion bringt (<einfacher Bus, kein Luxus, alles anders hier...>) und Tadel zur falschen Schweizer Aufstellung (<Arbeitet bei der Uefa ein Blinder?>).

Im Match: Kommentator Sascha Ruefer erwähnt eine Story um Trainer Julio Rivas, der im Jahr 2000 eine Massenschlägerei angezettelt hat (34. Spielminute), die sicher den heissblütigen Gibraltar-Trainer treffend charakterisiert, aber nicht zum eigentlichen Spielgeschehen gehört hat. Zudem macht er eine Bemerkung zum Schweizer Trainer Petkovic <Er hat viele Stärken, die Kommunikation gehört definitiv nicht dazu...> (Bilanz 90. Spielminute), die aber nicht neu ist und andere Medien bereits mehrmals in gleicher Art vermeldet haben.

Bei Rainer Maria Salzgeber und Sascha Ruefer handelt es sich um zwei Journalisten, die seit Jahren den Fussball begleiten und als absolute Fussball-Fach-Journalisten gelten. Sie verfügen beide über eine persönliche hohe journalistische Berufsauffassung, können dank ihrer grossen Routine Vergleiche ziehen, die passend sind und Einschätzungen vornehmen, die dem Spielgeschehen entsprechen und sowohl kritisch wie lobend die Sachverhalte ansprechen. Wie die übrigen SRF-Kommentatoren und Moderatorinnen bekommen sie regelmässig ein Feedback von internen wie externen Fachpersonen. Darin sind die in der Beanstandung aufgeführten Punkte bisher kein wichtiges Thema gewesen.

Da ich keinerlei Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot feststellen konnte und den beiden angeschuldigten Sacha Ruefer/Rainer Maria Salzgeber sowohl einen hohen fussballerischen Sachverstand, aber auch einen korrekter Umgang mit den Akteuren attestieren kann, bitte ich Sie, diese Beanstandung nicht zu unterstützen.»

C. Damit komme ich zu meiner eigenen Bewertung der Direktübertragung. Was ist die Aufgabe eines Fußballspiel-Kommentators? Sicher nicht bloß Notiz zu nehmen, wer gerade den Ball hat und wem er ihn zuspielt, sondern auch zu analysieren, zu vertiefen, zu kommentieren. Die Sportberichterstatter sind so den Kulturberichterstattern vergleichbar: Auch der Theaterkritik berichtet nicht nur, was sich auf der Bühne abspielt, sondern er bewertet die Leistungen des Regisseurs, der Bühnenbildnerin, der Schauspielerinnen und Schauspieler und kommentiert sie. Genau so der Filmkritiker, der Musikkritiker, der Kunstkritiker. Diese Journalisten heißen ja auch: Kritiker. Und die Sportkommentatoren heißen ja auch: Kommentatoren. Es wird von ihnen erwartet, dass sie Bewertungsvorschläge machen, indem sie ihre Einschätzung des Spiels abgeben und so die Meinungsbildung des Publikums antreiben.

Sascha Ruefer machte das gerade in der Kommentierung des Spiels Gibraltar-Schweiz meines Erachtens vorbildlich. Das Spiel im Stadion mit nur 2000 Plätzen, das 1:6 zugunsten der Schweiz ausging, hatte seinen besonderen Charakter und seinen besonderen Charme. Der Journalist steuerte immer wieder sein Hintergrundwissen bei, und zwar nicht nur über die Schweizer Spieler und deren aktuelle Situation in ihren Clubs, sondern auch über die Mannschaft von Gibraltar und ihren Trainer. Er machte sich an keiner Stelle lustig über die Mannschaft der kleinen britischen Kronkolonie mit nur 33'000 Einwohner, die sämtliche acht Qualifikationsspiele verloren hat, aber immer tapfer kämpfte. Er äußerte sich auch durchaus kritisch gegenüber dem Schweizer Team, so beispielsweise beim Schweizer Foul in der 37. Minute, das der Schiedsrichter nicht ahndete, aber auch in Bezug auf die Gesamtleistung, als er sagte, die Mannschaft sei «nicht wirklich von Inspiration getragen», die Leistung sei «nicht berauschend», «man hat fast lustlos gespielt», «aber es gibt auch Lichtblicke». Und er lobte vor allem jene Schweizer Spieler, die neu in der Nationalmannschaft sind (Vargas, Itten, Fassnacht): «Die Jungen, die Neuen, die Frischen – sie überzeugen». Damit hat er genau seine Aufgabe erfüllt. Ich kann daher Ihre Beanstandung nicht unterstützen.

D. Diese Stellungnahme ist mein Schlussbericht gemäß Art. 93 Abs. 3 des Radio- und Fernsehgesetzes. Über die Möglichkeit einer Beschwerde an die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio- und Fernsehen (UBI) orientiert die beigelegte Rechtsbelehrung. Für Nachfragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüssen,
Roger Blum, Ombudsmann

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