Arbeitsalltag in den USA: Am Rande des politischen Nervenzusammenbruchs
In der Kolumne des aktuellen SRG-Mitgliedermagazins LINK gibt SRF-Korrespondentin Isabelle Jacobi einen persönlichen Einblick in die Medienwelt ihrer Tätigkeitsregion und ihren Arbeitsalltag.
Über eines muss ich mir nie – never ever – Sorgen machen: Es läuft immer etwas in den USA, insbesondere seit Donald Trump regiert. Keiner kann die Medien dermassen in Atem halten. Und so viel Personal verbraten. Der dritte Verteidigungsminister, der vierte Sicherheitsberater, die wievielte Pressechefin? Der trumpsche Twitter-Daumen ruht nie, besonders nicht am Wochenende.
Jederzeit kann es aus dem Oval Office präsidiale Dekrete hageln, im Affekt befohlen und hastig niedergeschrieben. Wie die Covid-19-Rettungsdekrete am Samstag, dem 8. August. Eine nähere Lektüre zeigte: Sie waren grösstenteils «pour la galérie». Denn ohne US-Parlament läuft es dann doch nicht. Aber man hat wenigstens so getan, als ob man was tue. Wenn der Schein gelingt und die Medien berichten, wen kümmern die Taten.
Natürlich sind die Demokraten genauso gewandt im politischen Theater und greifen zu maximal dramatischen Gesten. Man erinnere sich an das monatelang dauernde Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Trump. Hunderte Stunden von Anhörungen, und nun redet kein Mensch mehr davon.
Mittendrin im Auge des Sturms stehe ich, wackere Journalistin aus der recht ordentlichen Schweiz. Und frage mich: Muss man das jetzt machen? Will ich damit die Zeit des Schweizer Publikums strapazieren? Oft komme ich zum Schluss: nein. Wie am 8. August. Das liess ich dann bleiben.
«Wenn der Schein gelingt und die Medien berichten, wen kümmern die Taten.»
Isabelle Jacobi, SRF-Radio-Korrespondentin USA
Es ist einfach, sich zu mokieren über die heillos zerstrittene, dysfunktionale US-Politik. Doch es ist mehr als eine Show, über die man lakonisch berichten kann. Im Juni herrschte in Washington D.C. ein kriegsähnlicher Zustand. Panzer standen in den Strassen, die Läden brannten, den Park, wo ich jogge, bewachte die National Guard. Des Nachts jagten Militärhelikopter Demonstrierende ebenso wie Vandalierende.
Dieses Land steckt in einer tiefen Krise, die Menschen leiden Not, Hunger und sind aufgebracht. Und der Präsident hat in dreieinhalb brachialen Amtsjahren die US-Politik und das Demokratieverständnis fundamental verändert. Wohin des Wegs, USA?
Nun kommt der Wahlkampf in die heisse Phase. Wirklich? Kann er noch heisser werden? Der Informationskrieg zwischen den Demokraten und dem Weissen Haus und den Republikanern tobt seit dem Tag im frühen November 2016, als der New Yorker Liegenschafts-Tycoon die US-Wahlen gewann.
I am here to report. Nicht über alles, aber über das Wesentliche.
In der LINK-Kolumne 2020 geben SRF-Korrespondentinnen und-Korrespondenten einen persönlichen Einblick in die Medienwelt ihrer Tätigkeitsregion.
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