SRF Familien-Forum: Wie Schweizer Familien die aktuellen Herausforderungen meistern

Gesellschaftlicher Wandel, fortschreitende Digitalisierung und neue Medien. Als wären diese Herausforderungen nicht schon genug, erschwert seit diesem Jahr auch zusätzlich noch das Coronavirus und die damit verbundenen Massnahmen den Familienalltag. Am zweiten SRF Familien-Forum – unterstützt von der SRG Deutschschweiz – stand daher die Frage im Fokus, wie sich das Familienleben in den letzten Monaten verändert hat.

Selbstverständlich fand auch das Familien-Forum ausschliesslich virtuell statt. In spannenden Referaten, Workshops und Gesprächsrunden wurden Erkenntnisse aus der Forschung präsentiert, «Best Practice»-Beispiele aus der Wirtschaft gezeigt und sich mit Familienexpertinnen und -experten ausgetauscht. Aber wie hat sich denn nun das Familienleben in den letzten Monaten verändert?

Der Stellenwert der Grosseltern

Kurz nach der Begrüssung hatte Moderatorin Kathrin Hönegger in einer kleinen Umfrage von den Teilnehmenden wissen wollen, wer während dem Lockdown für die Kinderbetreuung zuständig war. Erwartungsgemäss wurden meistens die Eltern selbst genannt und vereinzelt auch die Kindertagesstätten. Die Grosseltern wurden kein einziges Mal erwähnt. Und dies, obwohl die Grosseltern für viele berufstätige Eltern eine grosse Hilfe und eine wertvolle Unterstützung sind. «Würden alle Stunden zusammengezählt, während deren Grosseltern jedes Jahr auf ihre Enkelkinder aufpassen, kämen wir auf rund 70 000 Vollzeitstellen», erzählte Dominik Achermann, Verlagsleiter des «Grosseltern-Magazin» im Workshop «Umarmen ja? Hüten nein!».

Als der Bundesrat im Frühling die Empfehlung herausgab, dass Grosseltern nicht mehr auf Ihre Enkelkinder aufpassen sollten, war das daher für Eltern und Grosseltern gleichermassen ein Schock. «Zuerst war ein gewisses Unverständnis da. Wir haben beispielsweise Reaktionen von Grosseltern erhalten, in denen es hiess, sie würden ‹lieber die Gesundheit riskieren, als auf die Enkelkinder verzichten›. Weil die Grosseltern jedoch wussten, dass die Massnahmen zum Schutz der gesamten Bevölkerung dienten, verflog das Unverständnis rasch», berichtet Achermann. Für Unsicherheiten habe dann allerdings die Aussage des Bundesrats gesorgt, wonach es in Ordnung wäre, die Enkelkinder zu umarmen, aber nicht, sie zu hüten. «Aber mittlerweile wäre es jeder Familie selbst überlassen, wie sie den Umgang mit den Enkeln regeln», sagte Achermann am Schluss des Workshops.

Die Flexibilität der Eltern

Weil die Grosseltern für die Kinderbetreuung während dem Lockdown ausfielen, waren die Eltern – dies hat auch die Umfrage bestätigt – besonders gefordert. In einer Gesprächsrunde wurde deshalb die Frage behandelt, ob die Krise auch Chancen für den Familienalltag bietet. SRF-Journalistin Anita Richner diskutierte mit Helena Trachsel, Leiterin Fachstelle Gleichstellung des Kantons Zürich, Markus Landolt, Leitender Psychologe am Kinderspital der Universitätsklinik Zürich und Nadine Chaignat, Publizistin des Magazins «Mamas Unplugged».

Helena Trachsel gab gleich zu Beginn einen Einblick in ihre Arbeit. So hätten sich während der Corona-Krise vermehrt Männer gemeldet, welche plötzlich mehr als nur den einen «Papi-Tag» mit den Kindern verbracht hätten. «Die Betreuung war allerdings weniger das Problem, als die Frage, wie sie ihrem Chef mitteilen sollten, dass die Arbeit in dieser Phase weniger Priorität habe», so Trachsel.

Markus Landolt rückte den Fokus auf die Alleinerziehenden. Diese hätten es grundsätzlich schwieriger. Als jedoch in der Corona-Krise auch noch die unterstützenden Grosseltern für die Kinderbetreuung ausfielen, standen die Alleinerziehenden unter einem noch grösseren Druck. «Der Spagat zwischen Homeoffice, Haushalt und Homeschooling war allgemein besonders fordernd», fügte Nadine Chaignat an.

Durch diese verschiedenen Inputs und Erfahrungsberichte kristallisierten sich am Ende zwei Punkte heraus, welche als Chancen für den Familienalltag wahrgenommen werden können. Einerseits die neue Flexibilität im Rollenmodell. Die Eltern würden sich viel mehr über ihr Rollenmodell austauschen und dieses – in der Krise natürlich noch gezwungenermassen – flexibler gestalten. Eine weitere Chance sahen die Expertinnen und Experten auch für die Kinder. Weil aufgrund der oftmals angeordneten Homeoffice-Regelungen plötzlich beide Elternteile am Mittagstisch sassen, hätten die Kinder viel mehr vom normalerweise am Mittag abwesenden Elternteil mitbekommen.

Die Bildschirmzeit der Kinder

In einer weiteren Umfrage wollte Moderatorin Kathrin Hönegger von den Teilnehmenden wissen, wer schon mal auf das Tablet als Babysitter zurückgegriffen habe. Die beiden Antworten «Ja» und «Ja, im Notfall» hielten sich die Waage. Die Antwort «Nein» wurde nicht genannt. «Da sei sie aber erleichtert», so Hönegger, welche gestand, ihrem Nachwuchs ebenfalls schon das Tablet hingestellt zu haben, da «ich sonst bis heute ungeduscht wäre.»

Es war die perfekte Überleitung zum Referat «Eltern sind Vorbilder, YouTube ist King!? – So nutzen Kinder heute Medien» von Gregor Waller, Co-Leiter Fachgruppe Medienpsychologie an der ZHAW. Dieser berichtete von seiner Studie, welche von der Bildschirmzeit der Kinder und deren Auswirkungen handelt. Auffallend war, dass das Verhältnis zwischen Bildschirmzeit und nicht medialer Aktivzeit umso geringer ausfiel, je höher die Bildung der Eltern war. Festzuhalten gelte es, so Waller am Schluss seines Referats, dass keine Zusammenhänge mit Gesundheitsaspekten festgestellt werden konnten. Die höhere Bildschirmzeit hätte beispielsweise keine negativen Auswirkungen auf die Sprachentwicklung der Kinder. Eine beruhigende Erkenntnis – nicht nur für die Teilnehmenden des diesjährigen SRF Familien-Forums.

Text: SRG.D

Bild: Unsplash/Charles Deluvio

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