«Schweiz aktuell»: «Beiz» oder «Gastronomiebetrieb»?
Ein Beanstander kritisiert «Schweiz aktuell», weil dort in einem Beitrag über die Auswirkungen von Corona auf die Gastronomie von «Beizen» die Rede war. Die Ombudsstelle versteht die Kritik, kann aber keine Verletzung des Radio- und Fernsehgesetzes feststellen.
In der «Schweiz aktuell»-Ausgabe vom 3. Dezember 2020 ging es unter anderem um die vorübergehende Schliessung von Gastronomiebetrieben im Kanton Graubünden aufgrund steigender oder auf hohem Niveau stagnierender Corona-Fallzahlen. In diesem Beitrag verwendeten sowohl Moderator Michael Weinmann als auch Simona Caminada, die SRF-Korrespondentin für den Kanton Graubünden, den Begriff «Beiz», beziehungsweise «Beizer».
Abwertender Begriff
Der Beanstander empfindet diesen Begriff als «verletzend» und «abschätzig». Gleichzeitig betont er, dass er nicht als «Nörgeler auftreten» wolle. Er führt aus, dass Gastronominnen und Gastronomen ihre Lokale seit Jahren an neue behördliche Vorschriften anpassen würden. Ausserdem, schreibt er, würden sich viele ständig weiterbilden – einerseits zum Wohl der Gäste, andererseits auch, um sich dem Wandel der Zeit anzupassen. Er selber sei gelernter Koch, Kochfachlehrer, Absolvent des SIU, habe ein Diplom der Hotelfachschule und sei seit 35 Jahren zusammen mit seiner Frau als Wirt tätig. In diesem Zusammenhang bittet er darum, den Begriff «Beizer» nicht mehr zu verwenden und stattdessen von «Gastronomen» zu sprechen. Dabei verweist er auf SRF-Korrespondentin Caminada, die auch diesen Begriff im Beitrag verwendet hat.
Von der Regionalsendung...
Die Ombudsstelle hält in ihrer Beurteilung des Dossiers fest, dass es nachvollziehbar sei, den Begriff «Beiz» als abwertend zu empfinden. Sie weist jedoch darauf hin, dass «Beiz» in der Umgangssprache anders verwendet werde. So verstehe man unter einem Restaurant einen Betrieb, in dem vor allem gegessen werde. In einer «Beiz», so die Ombudspersonen, könne man sich auch zu einem Feierabend-Bier, einem Jass oder einem gemütlichen Austausch unter Freunden oder Bekannten treffen. Da es sich bei «Schweiz aktuell» um eine Informationssendung mit regionalem Bezug handle, werde bewusst auch die Umgangssprache verwendet – daher werde die Sendung auch in Mundart moderiert. Auch wenn den Ombudspersonen keine statistischen Daten vorliegen, sind sie überzeugt, dass der Begriff «Beiz» bei einer Befragung in der Bevölkerung mehrheitlich sehr positive Gefühle wecke.
...in die Literatur
Um diese Sichtweise zu untermauern, fügt die Ombudsstelle in ihrem Bericht zwei Beispiele an. Einerseits den hochgelobten Schweizer Schriftsteller Peter Bichsel, der immer wieder betont habe, dass er mit Vorliebe in der «Beiz» schreibe. Noch am 31. Dezember 2020 sei er in der «NZZ» gefragt worden: «Sie gingen immer in die Beiz, schrieben darüber. Jetzt sind die Beizen zu. Dramatisch, nicht?». Darauf habe der Autor geantwortet: «Das ist so.»
Andererseits verweist die Ombudsstelle auf die Sendung «Mini Beiz, dini Beiz», in der sich fünf Stammgäste auf eine regionale «Beizen-Tour» machten und einander davon zu überzeugen versuchten, dass ihr Lokal das beste sei. Vom Sternerestaurant bis zum einfachen Dorfrestaurant und von der traditionellen bis zur innovativen Küche sei alles dabei gewesen. Die Sendung an sich sei zudem allseits sehr geschätzt worden.
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