Ombudsstelle stützt «Kassensturz»-Beanstandungen teilweise
Gegen den «Kassensturz»-Beitrag «Trinkwasser-Initiative» gingen fünfzehn Beanstandungen ein. Der Beitrag sei inkorrekt bezüglich der Wiedergabe des Initiativtextes sowie einseitig gewesen. Die Redaktion räumte die Inkorrektheit bei der Textwiedergabe ein.
Im «Kassensturz»-Beitrag «Aufstand der Biobauern gegen den Vorstand von Bio Suisse» vom 6. April 2021 stand unter anderem die Trinkwasserinitiative im Zentrum, über die am 13. Juni 2021 abgestimmt wird. Im Beitrag wird gezeigt, dass es unter den Bio-Produzentinnen und -Produzenten Widerstand gibt gegen die ablehnende Position des Vorstandes von Bio Suisse und dessen Argumentation.
Erschwerte Meinungsbildung
Gegen die Sendung gingen insgesamt fünfzehn Beanstandungen ein. Der zentrale Kritikpunkt in fast allen Beanstandungen war, dass der Inhalt der Initiative nicht vollständig wiedergegeben und dadurch die Meinungsbildung des Publikums erschwert worden sei. Des Weiteren monierten verschiedene Beanstander*innen, dass «Kassensturz» einseitig im Sinne der Initiant*innen berichtet habe.
Berechtigte Kritik
Die Redaktion kann die Kritik an der Wiedergabe des Initiativtexts im Beitrag nachvollziehen. Insbesondere die Aussage, wonach Betriebe bei einer Annahme der Initiative kein «Importfutter» mehr einsetzen dürfen, stiess auf Kritik. Die Redaktion erkennt an, dass die Ausgangslage für die Initiative in der kritisierten Sendung unvollständig wiedergegeben wurde. Daher wurde der Online-Text noch vor der nächsten Sendung mit einem Nachtrag ergänzt:
«Die im Studioteil gezeigte Grafik hat zu Verwirrung geführt. Dies können wir nachvollziehen. Es geht um den Punkt ‹kein Import-Futter›. Tatsächlich entspricht die Aussage nicht dem Initiativtext, sondern der Intention der Initiantinnen und Initianten für die spätere Umsetzung der Initiative. Im Initiativtext hingegen steht: Direktzahlungen gibt es für Bauern nur, wenn sie einen Tierbestand haben, ‹der mit dem auf dem Betrieb produzierten Futter ernährt werden kann›. Wir hätten diesen Initiativtext zeigen sollen, um die Ausgangslage korrekt wiederzugeben.»
In der auf den beanstandeten Beitrag folgenden «Kassensturz»-Sendung wurde zudem noch ein weiterer Nachtrag ausgestrahlt:
«In diesem Zusammenhang (Anm. der Redaktion: dem Streit innerhalb von Bio Suisse) haben wir gezeigt, was die Kernanliegen sind von dieser Initiative. Mit dieser Grafik. Dieser Punkt – ‹kein Import von Futtermitteln› – hat für Verwirrung gesorgt. Wir können das verstehen. Kein Import von Futtermitteln, das wollen wir hier präzisieren, das ist, was die Initiantinnen erreichen wollen mit der Initiative. Was wir nicht gesagt haben, und das hätten wir tun sollen, damit Sie alle Informationen zum Thema haben, ist Folgendes: Der Artikel dazu in der Bundesverfassung soll heissen: Direktzahlungen gebe es nur bei einem Tierbestand, ‹der mit dem auf dem Betrieb produzierten Futter ernährt werden kann.› Wie diese Bestimmung auf Gesetzesstufe bei einer Annahme konkretisiert würde, das würde sich im Parlament entscheiden.»
Im Beitrag ging es nach Auffassung der Redaktion allerdings nicht um eine Auslegeordnung der Pro- und Contra-Argumente zur Trinkwasserinitiative, sondern um den Widerstand innerhalb der Bio-Bewegung gegen die Position ihres wichtigsten Verbandes Bio Suisse. Dieser Fokus sei für das Publikum von Anfang an klar gewesen. Daher kommt die Redaktion zum Schluss, dass sich die Zuschauerinnen und Zuschauer insgesamt ein sachgerechtes Bild über den Konflikt machen konnten.
Im Hinblick auf den Abstimmungstermin ausgewogen
Die Ombudspersonen weisen zunächst auf die Publizistischen Leitlinien von SRF in Bezug auf Abstimmungsthemen hin. Die Berichterstattung ist als Ganze ausgewogen zu gestalten. Nur Beiträge, die drei Wochen vor dem Abstimmungstermin ausgestrahlt oder publiziert werden, müssen auch «in sich» ausgewogen sein. Da der beanstandete Beitrag weit mehr als drei Wochen vor dem Abstimmungstermin vom 13. Juni 2021 erschien, war der Beitrag diesbezüglich korrekt – zumal der Fokus des Beitrags klar und deutlich auf die interne Auseinandersetzung von Bio Suisse gelegt worden war.
Beitrag teilweise nicht sachgerecht
Die Meinungsbildung sei aber verfälscht worden, da der Text der Initiative unvollständig wiedergegeben wurde. Die im Beitrag gezeigte Aussage entspreche der Absicht der Initiantinnen und Initianten, nicht aber dem Initiativtext. Betroffen seien nämlich auch Bio-Betriebe, die Futter von anderen Betrieben zukaufen. Weil dieses Zukaufverbot durch Bio-Betriebe bei den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern dazu führen könnte, dass die Initiative trotz der in ihren Augen richtigen Stossrichtung abgelehnt werden könnte, argumentieren die Initiantinnen und Initianten mit dem Begriff «Importfutter». Dieser Begriff insinuiere aber den Zukauf einzig aus dem Ausland, was bei den die Initiative eher befürwortenden Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern wohl auf Ablehnung stosse. Auch wenn «Kassensturz» im Nachgang auf die Inkorrektheit hingewiesen habe, sei dies für die RTVG-Verletzung nicht relevant. Massgebend sei nämlich die ursprünglich ausgestrahlte Version des «Kassensturz»-Beitrags. In diesem Punkt sei das Sachgerechtigkeitsgebot gemäss Art. 4 Abs. 2 des Radio- und Fernsehgesetzes deshalb verletzt worden.
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