«Tagesschau»-Beitrag über Windenergie erhitzt die Gemüter
Windanlagen in der Schweiz haben im ersten Halbjahr 2021 eine Rekordmenge an Strom produziert. Über die aktuellen Zahlen und deren Hintergründe berichtete die «Tagesschau»-Hauptausgabe am 12. Juli 2021. Mehrere Zuschauerinnen und Zuschauer kritisieren, die «Tagesschau» habe die Windenergie zu positiv dargestellt. Die Ombudsleute können der Argumentation der Beanstandungen in zwei Kritikpunkten folgen.
Die Beanstanderinnen und Beanstander monieren unter anderem, im erwähnten «Tagesschau»-Beitrag seien nur Vertreter der Windindustrie und keine kritischen Stimmen zu Wort gekommen. Sie sind der Meinung, man hätte die zahlreichen Ablehnungen geplanter Windindustriegebiete ebenfalls erwähnen müssen. Weiter suggeriere ein eingeblendetes Diagramm zur Stromproduktion Schweiz, dass die Windkraft einen massgeblichen Anteil an den 8.4 % ausmache, die von Photovoltaik, Wind, Kleinwasserkraft und Biomasse erzeugt werden. Tatsächlich betrage der Anteil der Windkraft lediglich 0.25 % der gesamten Stromproduktion.
Kein Pro und Contra-Beitrag
Ein kurzer Fernsehbeitrag könne sich jeweils nur auf einen Aspekt eines Themas fokussieren, erklärt die «Tagesschau»-Redaktion in ihrer schriftlichen Stellungnahme. Der Aufhänger seien die Halbjahreszahlen 2021 der Schweizer Energieanlagen gewesen. Dabei hätten die Windanlagen 22 % mehr Strom als geplant produziert. Im Beitrag sei es um die aktuellen Produktionszahlen von Windanlagen und deren Hintergründe gegangen und nicht um die Vor- und Nachteile der Windenergie im Allgemeinen. Aufgrund des gewählten Fokus sei es journalistisch sinnvoll gewesen, einen Windanlagenbetreiber sowie einen Vertreter des Bundesamts für Energie zu interviewen. Denn das Bundesamt setze im Auftrag des Volkes das im Mai 2017 angenommene Energiegesetz um.
SRF berichtete mehrfach über Windenergie
Man habe im beanstandeten Beitrag auch erwähnt, dass die Windkraft insgesamt umstritten und der Anteil der Windkraft an der gesamten Energieleistung in der Schweiz sehr bescheiden sei. Schliesslich weist die «Tagesschau»-Redaktion darauf hin, dass der beanstandete Beitrag Teil einer fortlaufenden Berichterstattung von SRF sei, die sich immer wieder kritisch mit der Windkraft auseinandersetze.
Im Rahmen der Programmautonomie
Die Ombudsleute weisen darauf hin, dass es sich beim beanstandeten Beitrag um keinen energiepolitischen Beitrag gehandelt habe. Deshalb müsse das Pro und Kontra der Windenergie nicht ausgewogen dargestellt werden. Die «Tagesschau»-Redaktion habe sich entschieden, die Halbjahreszahlen 2021 mit ergänzenden Informationen zu thematisieren. Das sei legitim und liege innerhalb der von Verfassung und Gesetz garantierten Programmfreiheit. Es werde im Beitrag zudem keinesfalls suggeriert, dass die Windenergie die Schweiz rette.
Ungenauigkeit bei Aufschlüsselung der Stromproduktion
Allerdings gibt es im Beitrag nach Auffassung der Ombudsleute zwei Aussagen, die nicht korrekt waren. Die eine betrifft die Anmoderation, die aufgrund der Zunahme im Halbjahr 2021 davon spricht, «dass die Windkraft aufdreht». Daraus könnten Laien schliessen, dass dies ein anhaltender Trend sei. Allerdings relativiere sich dieser Eindruck im darauffolgenden Beitrag deutlich. Die Ombudsleute betrachten die etwas verwirrliche Anmoderation somit als redaktionelle Unvollkommenheit in einem Nebenpunkt.
Die andere Aussage betrifft das von mehreren Beanstandenden monierte Diagramm zur Stromproduktion. Hier, und nur hier, sei der Beitrag nämlich energiepolitisch geworden. Wenn man die verschiedenen Energieträger im Kuchendiagramm aufschlüssle, dürfe nicht nur gezeigt werden, dass 8.4 Prozent der gesamten Stromproduktion durch Photovoltaik, Wind, Kleinwasserkraft und Biomasse erzeugt werden. Es hätte – nachdem es sich im restlichen Beitrag nur um die Windenergie gehandelt habe - verdeutlicht werden müssen, dass die Windkraft lediglich rund gut 0.2 Prozent der gesamten Stromproduktion ausmache. In diesem Punkt sehen die Ombudsleute das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt.
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