Beiträge zum Tod von Charlie Watts waren gerechtfertigt
Über welche Todesfälle von Künstlerinnen und Künstlern soll die «Tagesschau» berichten und über welche nicht? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Ombudsstelle, nachdem ein Beanstander die zweimalige Erwähnung des Ablebens von «Rolling Stones»-Drummer Charlie Watts in der «Tagesschau» kritisiert hatte.
Als einseitig moniert der Beanstander die Auswahl der «Tagesschau»-Redaktion bei ihren Nachrufen auf verstorbene Künstlerinnen und Künstler. Über den Tod des «Rolling Stones»-Schlagzeugers Charlie Watts habe die «Tagesschau» gleich zweimal berichtet, aber über andere, relevante, verstorbene Persönlichkeiten nicht, darunter der Komponist, Schriftsteller und Politiker Mikis Theodorakis. Der Beanstander erwartet von der «Tagesschau»-Redaktion im Kulturbereich mehr, als über «Populärphänomene», «People News» und die «Unterhaltungsindustrie» zu berichten.
Die Bedeutung der «Rolling Stones»
In ihrer Hauptausgabe vom 24. August 2021 berichtete die «Tagesschau» kurz über den Tod von Charlie Watts und am Folgetag, 25. August, zeigte sie die Reaktionen der Bandmitglieder und anderer Musiker. Die Rolling Stones gehörten bis heute zu den bedeutendsten Rockbands, schreiben die «Tagesschau»-Verantwortlichen in ihrer schriftlichen Stellungnahme. Die Band habe die Rockmusik massgeblich beeinflusst und sei gleichzeitig ein millionenschweres Unternehmen. Angesichts der Bedeutung der Rolling Stones erachtet die Redaktion die zweimalige kurze Berichterstattung aus journalistischer Sicht als gerechtfertigt.
Ein geplanter Beitrag zum Tod von Mikis Theodorakis in der «Tagesschau»-Hauptausgabe habe kurz vor der Sendung wegen Überlänge der Sendung gestrichen werden müssen, was die Redaktion sehr bedauerte. Man habe jedoch in der Mittags-«Tagesschau» vom 2. September darüber berichtet. Zudem hätten die Radiosendung «Rendez-vous» sowie die beiden Podcasts «Kultur kompakt» und «Klangfenster» Theodorakis Tod thematisiert.
Sowohl populäre als auch klassische Kultur
Die «Tagesschau» müsse ein breites Themenspektrum für ein breites Publikum abdecken, erläutert die Redaktion weiter. Man versuche, mit ganz unterschiedlichen Ansätzen über kulturelle Themen zu berichten. Dabei kämen populäre ebenso wie klassische Kulturthemen vor und solche, welche vor allem ein interessiertes Publikum ansprächen.
Theodorakis als Pflichtstoff
Es sei für Medienschaffende enorm schwierig, bei Kulturthemen den Spagat zwischen dem klassischen und dem populären Bereich zu schaffen, geben die Ombudsleute zu bedenken. Sie attestieren der «Tagesschau»-Redaktion, dem Publikum eine sparten- und altersgerechte Mischung zu bieten.
Das herkömmliche Fernsehen und Radio verliere immer mehr – vor allem jüngere – Nutzerinnen und Nutzer, führen die Ombudsleute aus. Vieles verlagere sich zunehmend in den digitalen Bereich. Um seinen Leistungsauftrag für die Öffentlichkeit wahrzunehmen, müsse SRF vermehrt digitale Inhalte anbieten. Das Kulturangebot messe sich nicht mehr nur an Ausstrahlungen im Analogen, sondern auch im Digitalen.
Nach Auffassung der Ombudsleute hätte nebst den «Rolling Stones» jedoch auch der Tod von Mikis Theodorakis in den analogen Kanälen – auch in der «Tagesschau» – Platz finden müssen, da diese Kanäle vor allem ein älteres Publikum ansprächen. Weil die fehlende Berichterstattung im Fernsehen durch den «Rendez-vous»-Beitrag im Radio einigermassen habe aufgefangen werden können, sehen die Ombudsleute keinen Verstoss gegen das Sachgerechtigkeitsgebot.
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