Neue Organisation im Newsroom steht
Ab März 2022 werden im Newsroom Zürich Leutschenbach neue Organisations- und Arbeitsstrukturen eingeführt. Die Themenplanerinnen und -planer übernehmen publizistisch mehr Verantwortung und es gibt eine neue Koordination für die TV-Newssendungen. Ziel der Reorganisation sind einfachere Abläufe und eine bessere Verzahnung von Broadcast und Digital.
Bereits Ende Juni 2021 informierte SRF über das Projekt, das nun in Abstimmung mit der Chefredaktion und den Vorgaben des Transformationsprojekt «SRF 2024» per Ende März 2022 umgesetzt werden soll. Dabei gingen die Chefredaktionen Video und News Digital neue Wege bei der Partizipation der Mitarbeitenden.
Neue publizistische Schlüsselrollen
Mit der Reorganisation werden gewisse Funktionen im Newsroom aufgelöst, andere werden gestärkt, wie etwa die Themenplanerinnen und -planer. Sie haben neu eine publizistische Schlüsselrolle, indem sie Hintergrundinhalte ganzheitlich für Digital und Broadcast planen und umsetzen.
Die Rolle der Themenplanung Inland übernehmen unter anderem Pasquale Ferrara sowie Daniel Foppa. Sie werden abwechselnd unterstützt von Annik Ott, Fabian Bucher und Biljana Gogic. Die Regionalplanung wird unter anderem von Anna Gossenreiter und Katharina Schorer verantwortet. Für die Auslandberichterstattung sind mitunter der frühere US-Korrespondent Thomas von Grünigen sowie Pascal Kraus und Wasiliki Goutziomitros zuständig. Und die Wirtschaftsberichterstattung verantworten Matthias Pfander und Andreas Lüscher. Keine Veränderung gibt es bei der Bundeshausredaktion in Bern unter der Leitung von Urs Leuthard.
In der Tagesaktualität werden die sogenannten «CvDs» (Chefin oder Chef vom Dienst) sowie die Produzentinnen und Produzenten der Sendungen, der «SRF News»-App und der Social-Media-Kanäle gestärkt. Sie verantworten zusammen mit den Redaktorinnen und Redaktoren die publizistischen Storys im Tag. Die verantwortlichen CvDs verteilen sich auf fünf Personen mit Digital- und Broadcast-Hintergrund, die abwechslungsweise diese wichtige Rolle übernehmen: Sabina Hübner, Beat Giger, Michael Perricone, Stefan Reinhart und Benedikt Widmer.
Eine Broadcast-Koordinatorin statt drei Sendungsleitende
Andere Funktionen wie Fachredaktions- sowie Sendungsleiterinnen und -leiter werden hingegen gestrichen. Dies soll die Abläufe weiter vereinfachen und mehr Ressourcen für die Inhaltsproduktion freispielen. So wird es anstelle der heutigen drei Sendungsleitenden von «Schweiz aktuell», «Tagesschau» und «10 vor 10» die neue Funktion Broadcast-Koordinatorin geben, die von einer Person übernommen wird. In Zukunft ist die bisherige «Tagesschau»-Chefin Regula Messerli für das Profil und die Ausrichtung der verschiedenen TV-Newsformate «Schweiz aktuell», «Tagesschau» und «10 vor 10» verantwortlich.
Interview zum Thema
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Interview mit Ursula Gabathuler, Leiterin News Digital, und Tristan Brenn, Chefredaktor CR Video
Wie kann man den Kern der Neuorganisation kurz und knapp zusammenfassen?
Tristan Brenn: Wir wollen die Strukturen im Newsroom vereinfachen. Weniger Koordinationsaufwand, einfachere Abläufe, mehr Verantwortung an der Front. Dafür haben wir die Arbeitsstrukturen auf Führungs- und Koordinationsebene verschlankt. Genau das haben sich die Mitarbeitenden gewünscht. Und das versuchen wir jetzt umzusetzen.
Ursula Gabathuler: Damit setzen wir auch eine wichtige Leitlinie von SRF 2024 um, nämlich die Entwicklung hin zu flacheren Hierarchien innerhalb unseres Unternehmens. Weiter soll die Struktur auch einen Kulturwandel hin zur Selbstorganisation bewirken.
Selbstorganisation im Newsroom? Wie funktioniert das?
Ursula Gabathuler: Wir arbeiten bewusst mit einem flexiblen Rollenmodell und nicht mit fixen Positionen. Die Mitarbeitenden nehmen eine definierte Rolle ein mit den entsprechenden Kompetenzen. Sie sollen mehr Verantwortung übernehmen können, weil sie die jeweiligen Herausforderungen am besten einschätzen können. Also: Dort, wo die Probleme auftreten, sollen die Betroffenen die Lösung selbst entwickeln.
Es gibt also keine Chefinnen und Chefs mehr oder anders gesagt, alle sind ihre eigenen Chefinnen und Chefs?
Tristan Brenn: Führung braucht es auch weiterhin. Doch im neuen Newsroom leistet diese Führungsarbeit nicht mehr «die Position der Chefin oder des Chefs» – stattdessen ist sie auf verschiedene Rollen verteilt, die im System Newsroom arbeiten. Das ist keine Kritik an die bisherigen Führungsleute, im Gegenteil. Sie haben alle einen grossartigen Job gemacht. Und ihre Arbeit löst sich auch nicht in Luft auf. Aber wir organisieren sie anders.
Mit der Reorganisation werden gewisse Funktionen gestrichen. Werden damit auch Stellen abgebaut?
Tristan Brenn: Wie bereits kommuniziert, muss meine Abteilung CR Video bis Ende 2022 nochmals rund 5 Vollzeitstellen abbauen - bezogen auf 200 Vollzeitstellen. Auch unser Newsroom-Projekt wird einen Anteil an diesem Sparauftrag leisten müssen.
Digital und Broadcast soll ganzheitlich geplant werden. Müsste das nicht schon längst eine Selbstverständlichkeit sein?
Ursula Gabathuler: Digital und Broadcast arbeiten selbstverständlich aktuell schon eng zusammen. Ein Beispiel dafür ist unser «Fakecheck»-Format, das wir sowohl auf der App, auf den Social-Kanälen und in der Sendung «10 vor 10» publizieren. Dies wollen wir in Zukunft noch konsequenter tun. Und das heisst eben, dass wir unsere Inhalte von Anfang an gleichzeitig für die digitalen Kanäle und für die Fernsehberichterstattung planen.
Die Veränderungen sind einschneidend. Wie schafft man diesen Kulturwandel?
Tristan Brenn: Uns ist völlig bewusst, dass das nicht auf Knopfdruck geht. Und es kann auch nicht verordnet werden. Im Idealfall entsteht ein neues «Wir»-Gefühl von selbst, über die gemeinsame Arbeit, über den Erfolg, den die gleichen Inhalte sowohl in einem «10 vor 10» wie in einem Instagram-Stück haben. Da sind wir schon heute im Vergleich zu vor zwei oder drei Jahren enorm viel weiter.
Ursula Gabathuler: Der neue Newsroom soll künftig «Heimat» sein und Identifikation über Inhalte ermöglichen, unabhängig organisatorischer Strukturen und redaktioneller Grenzen. Das ist unser Ziel. Jetzt machen wir uns gemeinsam auf den Weg.
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