«Kontext» über Patricia Highsmiths Tagebücher zu Recht kritisiert

Thema des Podcasts «Kontext» vom 29. Oktober 2021 war die Veröffentlichung von Tage- und Notizbüchern der US-amerikanischen Schriftstellerin Patricia Highsmith durch deren Lektorin Anna von Planta. Ein Beanstander moniert, dass in der Sendung Highsmiths Antisemitismus unwidersprochen beschönigt und entschuldigt werde.

Antisemitische Aussagen von Patricia Highsmith seien keine einzelnen, verbalen Ausrutscher gewesen, legt der Beanstander dar. Die Schriftstellerin habe sich wiederholt antisemitisch geäussert, sich selbst als «Judenhasserin» bezeichnet sowie Holocaust-Opfer verhöhnt. Deren Lektorin Anna von Planta habe bei der Edition der Tage- und Notizbücher antisemitische Äusserungen von Highsmith unterschlagen oder verharmlost.

Antisemitismus wurde thematisiert

Die verantwortliche Redaktion erklärt in ihrer schriftlichen Stellungnahme, dass der Fokus des Podcasts auf Anna von Planta gelegen habe. Sie ist die Herausgeberin der Tage- und Notizbücher und war langjährige Lektorin der Schriftstellerin. In der Sendung sei es hauptsächlich um die erste Begegnung von Plantas mit Patricia Highsmith gegangen, die Zusammenarbeit mit der Autorin, die Suche nach den Tagebüchern und um allfällig neue Einsichten in Leben und Werk. Eine kritische Auseinandersetzung mit der Edition und Editionsarbeit der Tage- und Notizbücher sei nicht im Zentrum gestanden.

Allerdings seien auch der unbestrittene Antisemitismus und Rassismus sowie die Misanthropie der Schriftstellerin thematisiert worden. Dabei sei Highsmiths Antisemitismus von den Sendungsmacherinnen und -machern weder verharmlost noch entschuldigt worden. Rückblickend hätte man jedoch Anna von Plantas Bemerkung, Highsmith sei nicht judenfeindlich gewesen, präzisieren und nicht so stehenlassen sollen, räumen die SRF-Verantwortlichen ein.

Problematischer Aussage nicht widersprochen

Für die Ombudsleute ist nicht entscheidend, welchen Anteil der Podcast-Sendezeit dem Thema Antisemitismus gewidmet wird. Entscheidend sei vielmehr, dass der Antisemitismus festgestellt werde. Dies hätten die Sendungsmacher:innen getan mit dem Hinweis auf ausfällige rassistische und antisemitische Äusserungen der Schriftstellerin. Auf die Frage, wie die Herausgeberin damit umgegangen sei, verweisen die Sendungsmacher:innen auf das Vorwort der Edition, dass Anna von Planta der Schriftstellerin die Bühne für ihre Ausfälligkeiten verweigert habe. Anschliessend kommt von Planta im O-Ton zu Wort und erklärt, Highsmith sei nicht judenfeindlich gewesen.

Die Ombudsleute weisen darauf hin, dass diese Worte der Lektorin im Podcast unwidersprochen geblieben seien. Das sei eine Unterlassung gewesen. Bei der breiten Zuhörerschaft entstehe dadurch nämlich der Eindruck, Patricia Highsmith sei nicht antisemitisch gewesen. In diesem Punkt sehen die Ombudsleute das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt und unterstützen die Beanstandung.

Text: SRG.D/dl

Bild: SRG.D/Illustration Cleverclip

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