«Rundschau» über den Fall Morges war ausgewogen

Zwei Monate nach der Tötung eines Mannes durch einen Polizisten beim Bahnhof Morges nahm die «Rundschau» am 3. November 2021 den Fall wieder auf. Vier Beanstanderinnen und Beanstander kritisieren, der Beitrag sei einseitig und nicht sachlich gewesen. Der in die Tötung involvierte Polizist sei vorverurteilt worden. Die Ombudsleute unterstützen die Beanstandungen nicht.

Mehrere Beanstandende monieren, die reale Bedrohung durch den mit einem Messer bewaffneten Mann am Bahnhof von Morges sei nur am Rande beleuchtet worden. Weiter hätten der Pfarrer und die Schwester des Getöteten überdimensional viel Redezeit erhalten. Die Anschuldigungen der Familie seien zudem unkommentiert geblieben. Im Gegensatz dazu dürfe der Vorgesetzte der Polizei in einem laufenden Verfahren fast nichts sagen. Auch sei die Polizei als Täter dargestellt worden und der Schütze der Polizei vorverurteilt worden.

Fakten gezeigt

Nach Ansicht der Ombudsleute berichtete die «Rundschau» faktengetreu darüber, was sich am 30. August 2021 am Bahnhof von Morges abgespielt habe. Die «Rundschau» erwähne wörtlich, dass der Mann auf dem Bahnperron unberechenbar gewesen sei und offenbar ein Messer auf sich getragen habe. Die Reportage von SRF verwende ausserdem ein Amateurvideo, welches den Tathergang auch visuell zeige und den Wortwechsel wiedergebe. Man könne sehen, dass der Mann weiterhin drohend auf die Beamten zugegangen sei. Die reale Bedrohung werde also durchaus gezeigt, so die Ombudsleute.

Hinterfragen ist legitim

Ungeachtet der Hintergründe sei es legitim, dass man die Angehörigen zu Wort kommen lasse. Es sei ebenfalls legitim, dass man die Frage nach der Verhältnismässigkeit stelle.

Die Schwester des Getöteten werfe diejenigen Fragen auf, die sich in der gezeigten Situation jedermann stelle: Warum es vier ausgebildete und erfahrene Polizisten nicht schaffen würden, den Mann zu bodigen, ohne ihn zu erschiessen und warum es so lange gedauert habe, bis Hilfe für den Angeschossenen gekommen sei.

Sicht der Polizei dargestellt

Aber auch die andere Seite kommt in den Augen der Ombudsleute ausführlich zu Wort. Die «Rundschau» erwähne eine Aussage des Schützen der Polizei und interviewe seinen Vorgesetzten, den Kommandanten der Regionalpolizei in Morges. Dieser sage unter anderem, dass die Untersuchung der Staatsanwaltschaft erst zeigen werde, ob der Einsatz verhältnismässig gewesen sei.

Massgebend für die Einhaltung des Sachgerechtigkeitsgebots sei, ob die Fernsehzuschauerinnen und -zuschauer sich aufgrund der Ausführungen eine eigene Meinung bilden können, so die Ombudsleute. Es stehe Aussage gegen Aussage: Die Angehörigen und der Pfarrer stellen die Verhältnismässigkeit in Frage, der betroffene Polizist und der Polizeikommandant sind der Meinung, der getätigte Schusswaffeneinsatz hätte nicht vermieden werden können. Das Publikum könne sich also aufgrund des Gesagten seine Meinung bilden.

Die Ombudsleute sehen deshalb keine Verletzung des Sachgerechtigkeitsgebots.

Text: SRG.D/dl

Bild: SRG.D/Illustration Cleverclip

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