«Tagesschau» über Bankenskandale war nicht suggestiv
Die «Tagesschau» vom 24. Januar 2022 ging der Frage nach, warum Schweizer Banken immer wieder für Skandale sorgen. Eine Beanstanderin und ein Beanstander erachten den betreffenden Beitrag als undifferenziert und verallgemeinernd. Es werde suggeriert, dass nur Menschen mit schlechten Eigenschaften in Banken arbeiteten. Die Ombudsleute können die Beanstandungen nicht unterstützen.
Anlass für den beanstandeten «Tagesschau»-Beitrag war der Prozessbeginn gegen den ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz. Die «Tagesschau» wollte wissen, warum die Finanzbranche anfällig für Skandale sei. Der Beitrag nannte verschiedene Beispiele für Skandale aus der Bankenwelt. Die gezeigten Personen waren ausnahmslos hochrangige Führungskräfte, die sich (mutmasslich) etwas zu Schulden haben kommen lassen, schreibt die «Tagesschau»-Redaktion in ihrer schriftlichen Stellungnahme. Es habe sich nicht um reguläre, unbescholtene Bankangestellte gehandelt.
Druck und Persönlichkeitsstruktur
Weiter wurden im Beitrag zwei Experten interviewt. Manuel Amman, Professor für Finanzmärke an der Universität St. Gallen, machte den hohen Druck in der Finanzbranche, hohe Erträge zu erwirtschaften, mitverantwortlich. Dafür sei man bereit, grosse Risiken einzugehen. Gemäss Wirtschaftspsychologe Christian Fichter hätten die Skandale auch mit der Persönlichkeitsstruktur zu tun, die in der Finanzwelt gefragt sei.
Hier stossen sich beide Beanstandende vor allem an den von Fichter genannten Merkmalen «Narzissmus», «Machiavellismus» und «subklinische Psychopathie» bzw. «Skrupellosigkeit». Sie erachten die Zuschreibungen als undifferenziert, zu generell und für die Bankangestellten diskriminierend.
Kritik am System – nicht an Einzelpersonen
Die «Tagesschau»-Redaktion relativiert: Die Kritik, welche in der Aussage der beiden Experten mitschwinge, betreffe weder einzelne Personen noch die regulären Bankangestellten, sondern das System an sich, welches die genannte Persönlichkeitsstruktur verlange. Das sei im Beitrag klar gemacht worden.
So sehen es auch die Ombudsleute. Sie können keine Suggestion im Beitrag feststellen, dass nur Menschen mit schlechten Eigenschaften in Banken arbeiten würden. Das «Durchschnittspublikum» der «Tagesschau» ordne Fichters Charakterisierung zweifelsfrei nicht der breiten Belegschaft, sondern den Verantwortlichen für die Skandale zu, sind die Ombudsleute überzeugt. Diese unterstützen die Beanstandungen nicht.
Die Redaktion weist schliesslich darauf hin, dass ein kurzer «Tagesschau»-Beitrag ein Thema nicht umfassend abdecken könne. Am selben Abend befasste sich auch «Eco Talk» während rund 40 Minuten mit den Bankenskandalen und ihren Hintergründen.
Kommentar