Suizidszenen in Krimiserie «Wilder» beanstandet

Anfangs 2022 strahlte SRF die 4. und letzte Staffel ihrer Krimiserie «Wilder» aus. Darin werden zwei Suizidszenen gezeigt. Zwei Beanstandende lehnen diese ab. Sie befürchten einen Nachahmungseffekt. Zudem sehen sie darin eine Verharmlosung von Gewalt sowie eine Gefährdung des Jugendschutzes. Sie plädieren dafür, dass auch Filmschaffende für die Suizidprävention sensibilisiert werden. Die Ombudsleute sehen keinen Verstoss gegen die geltenden Bestimmungen des Radio- und Fernsehgesetzes.

In beiden Beanstandungen wird die Befürchtung geäussert, die Darstellung von Suizid-Szenen könne gefährdete Menschen zu Imitationshandlungen animieren («Werther-Effekt»). Die Triggerwarnungen zu Beginn der Episoden und den Hinweis auf Hilfsangebote bei Suizidgedanken erachten beide Beanstandende als ungenügend bis kontraproduktiv.

Eine der Beanstanderinnen, eine Privatperson, verweist auf die Pflichten von Journalistinnen und Journalisten im Umgang mit «Schockbildern», wie sie in den Richtlinien des Schweizer Presserats festgehalten sind (Ziffer 8.5). Diese Verhaltensregeln betreffend Suizid sind mit den entsprechenden Bestimmungen der Publizistischen Leitlinien, die für SRF-Medienschaffende gelten, vergleichbar. Punkt 5.2 enthält Anweisungen im Umgang mit Tötungsdelikten und Suiziden. Während über Tötungsdelikte zurückhaltend berichtet werden soll, berichtet SRF in der Regel nicht über Suizide.

Unterschied zwischen News und Fiktion

Die Ombudsleute machen jedoch darauf aufmerksam, dass für die Berichterstattung über Suizide im Alltag und für die Darstellung von Suiziden in der Fiktion unterschiedliche Kriterien gelten. So sind die genannten Bestimmungen des Presserats sowie der Publizistischen Leitlinien von SRF für die «Information» (redaktionelle Beiträge mit Informationsgehalt) anwendbar und nicht für die Darstellung in Spielfilmen.

Die Ombudsstellen haben bei der Beurteilung von Beanstandungen festzustellen, ob die gesetzlichen Bestimmungen gemäss Art. 4 und 5 des Radio- und Fernsehgesetzes (RTVG) eingehalten werden. So dürfen Sendungen weder Gewalt verherrlichen noch verharmlosen. Ausserdem dürfen sie die körperliche, geistig-seelische, sittliche oder soziale Entwicklung von Jugendlichen nicht gefährden.

Bewusster Umgang mit Suizidszenen

Im Film sind menschliche Abgründe, Krieg, Folter, das Töten wie die Selbsttötung keine Tabus. Die für «Wilder» verantwortliche SRF-Redaktion ist sich bewusst, dass ein Suizid in einem Film heikel ist. Man habe bei «Wilder» bereits auf Drehbuchebene sehr intensiv darüber diskutiert. Der Suizid werde in den beanstandeten Episoden nicht verharmlost. Er werde auch nicht als «verführerische ‹Lösung›» dargestellt, ist SRF überzeugt. Vielmehr stünden die Auswirkungen der beiden Suizide auf Zeugen und Hinterbliebene im Zentrum.

Die Redaktion erwähnt, sie sei mit der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der Universität Zürich in Kontakt gestanden. Zudem habe man sich gegenüber Organisationen, die sich für die Suizidprävention einsetzen, gesprächsbereit gezeigt. Die Triggerwarnung und die Hinweistafeln habe man auf Empfehlung der internen Jugendschutzbeauftragten und der Präventionsstelle der Universität Zürich zur Sendung hinzugefügt.

Richtlinien für Fiktion verlangt

Der Suizid wird in den beanstandeten Szenen weder voyeuristisch noch verherrlichend dargestellt, kommen die Ombudsleute zum Schluss. Die entsprechenden Szenen würden aus Distanz gefilmt, der Aufprall bei den Stürzen werde nicht gezeigt. Weiter sehen die Ombudsleute auch keinen Verstoss gegen den Jugendschutz. «Wilder» sei im Abendprogramm nach 20 Uhr ausgestrahlt worden. Zu dieser Zeit richtet sich das Programm an ein mündiges oder beaufsichtigtes Publikum ab 12 Jahren. Es können dann auch Szenen mit heiklen Inhalten vorkommen.

Eine der Beanstanderinnen, die Schweizerische Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (SGPP), verlangt, dass auch für fiktionale Inhalte Richtlinien wie sie die Information kennt, ausgearbeitet werden. Da die Ombudsleute lediglich die Einhaltung der Bestimmungen gemäss RTVG zu prüfen haben und über keine Weisungsbefugnis verfügen, regen sie gegenüber der Beanstanderin an, den Diskurs mit der «ganzen» Filmbranche zu führen.

Text: SRG.D/dl

Bild: SRG.D/Illustration Cleverclip

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