«Reporter» über russisches Geld mit Breitenwirkung

«Reporter» vom 23. März 2022 ging auf Spurensuche nach russischem Geld in der Schweiz. Gemeinde- und Tourismusvertreter von St. Moritz reichten eine Beanstandung gegen die Sendung ein. Es würden Klischees gezeigt und C-Promis zu wichtigen Fragen interviewt. Zudem fehlten Quellen- und Zeitangaben bei verwendeten Archivaufnahmen. Die Ombudsleute unterstützen die Beanstandung mehrheitlich nicht. Bei der Kritik der ungenügenden Kennzeichnung des verwendeten Archivmaterials geben sie den Beanstandern hingegen recht.

Nach den verhängten Sanktionen gegen russische Firmen und Oligarchen, die auch von der Schweiz mitgetragen werden, ging SRF in «Reporter» vom 23. März 2022 dem in der Schweiz gelagerten Geld von Russen nach. Unter anderem auch in St. Moritz.

Gemeinde- und Tourismusvertreter von St. Moritz beanstandeten den Beitrag bei der Ombudsstelle. Sie sorgen sich um das Image ihrer Gemeinde. Sie kritisieren die Sendung als boulevardesk. Man habe Klischees verwendet, um St. Moritz in eine gewisse Ecke zu drängen. SRF habe die wichtigen Fragen im Beitrag von Personen aus der C-Promi-Welt beantworten lassen. Zudem seien bei der Verwendung von Archivaufnahmen Informationen und Quellenangaben weggelassen worden. Aussagen von schon längst nicht mehr im Amt stehenden Personen hätten einen missverständlichen Eindruck erweckt . So zum Beispiel die Äusserungen einer seit über fünf Jahren nicht mehr im Amt stehenden Tourismuschefin. Sie hatte vor über fünf Jahren gesagt, Russen in St. Moritz seien sehr «wertschöpfungsintensiv».

Russen und Russinnen in St. Moritz

Reiche Russinnen und Russen würden mit St. Moritz assoziiert und umgekehrt, so die «Reporter»-Redaktion. Das sei für die Gemeinde bisher kein Problem gewesen. Sie habe in der Vergangenheit selbst Bilder von St. Moritz als Ort der Cüplis und Russinnen in Pelzmänteln in die Welt hinausgeschickt, gibt die Redaktion zu bedenken. Obwohl der Anteil der russischen Gäste an der Anzahl der übrigen Gäste in St. Moritz relativ klein ist, seien die Aussagen der ehemaligen Tourismuschefin über die «wertschöpfungsintensiven» Russen in St. Moritz immer noch gültig. Denn gemäss «HotellerieSuisse» gäben die russischen Gäste in der Schweiz, verglichen mit den europäischen Gästen, pro Tag am meisten aus: nämlich rund 250 CHF.

Wurden die richtigen Leute interviewt?

Den Vorwurf, «Reporter» habe die wichtigen Fragen von Personen aus der C-Promi-Welt beantworten lassen, weist die Redaktion zurück. Aus ihrer Sicht würden die wichtigen Fragen durch Behördenvertreter, einen Geldwäschereiexperten sowie einen Korrespondenten der «Financial Times» beantwortet. Der Gemeindepräsident von St. Moritz hätte mehrmals Gelegenheit gehabt, die ihm wichtigen Fragen persönlich zu beantworten. Das «Reporter»-Team habe mehrfach – allerdings vergeblich – versucht, ihn zu einem Interview vor der Kamera zu bewegen. Ausser einer kurzen schriftlichen Stellungnahme des Gemeindepräsidenten habe sich niemand aus der Gemeinde oder der Tourismusbranche für ein Interview zur Verfügung gestellt.

Was die Kritik an den Archivaufnahmen betreffe, sei der Ein- und Ausstieg aus der Archiv-Sequenz durch Schwarzblende markiert worden, so die Redaktion. Zu Beginn der Sequenz werde das genaue Datum und Jahr der Bilder rund fünf Sekunden lang angezeigt. Danach traue man dem Publikum zu, die weiteren Bilder und Aussagen als Teil der Archiv-Sequenz zu verstehen. Das sei gängige Praxis.

Insgesamt aufschlussreiche Sendung

Gemäss der verantwortlichen Redaktion hat die beanstandete Sendung «Reporter» bisher Unbekanntes aufgezeigt: Das Seco setze auf eine allgemeine «Meldepflicht». Diese würden kantonale Behörden entweder nicht beachten oder die Behörden scheiterten an den unklaren Vorgaben des Bundes. Der Film habe dazu beigetragen, die Debatte anzustossen, sich ernsthaft mit der Umsetzung der Verordnung auseinanderzusetzen und Klarheit zu schaffen.

Dies anerkennen auch die Ombudsleute, welche die Sendung insgesamt als ausgezeichnet werten. Vor allem das sich Zuschieben der Verantwortung zwischen dem Seco und den Kantonen bzw. Gemeinden sei bisher nirgends so deutlich ausrecherchiert und wiedergegeben worden wie in dieser Sendung. Die Auswahl der Protagonistinnen und Protagonisten war für die Ombudsleute nachvollziehbar und aufschlussreich. Ebenso erklärbar sei auch, dass St. Moritz genau ins Auge gefasst worden sei. Die Ombudsleute verstehen, dass angesichts der aktuellen heiklen Situation praktisch keine amtierende Persönlichkeit in St. Moritz vor die Kamera treten wollte. Dies dürfe aber nicht den Verantwortlichen von «Reporter» zum Vorwurf gemacht werden.

Den Vorwurf der fehlenden Quellen- und Zeitangaben heissen die Ombudsleute hingegen gut. Die Passage über die feiernden Russen und Russinnen und die darauffolgenden Interviews von Personen, die schon längst nicht mehr im Amt stehen, so unter anderem die damalige Tourismusdirektorin, seien ungenügend markiert gewesen und hätten dadurch nicht nur zu Verwirrung, sondern auch zu einer falschen Meinungsbildung beigetragen. Bei den interviewten Personen aus dem Archivmaterial wäre gemäss Einschätzung der Ombudsleute ein klar zuzuordnendes Merkmal (z.B. Einblender des Jahres, in dem die Interviews geführt worden waren) nötig gewesen. Alle anderen Kritikpunkte der Beanstander an der Sendung unterstützen die Ombudsleute nicht.

Der beanstandete Beitrag im Video

«Reporter» vom 23. März 2022

Text: SRG.D/dl

Bild: SRG.D/Illustration Cleverclip

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