Online-Artikel über «kulturelle Aneignung» beanstandet

«Kulturelle Aneignung» in der westlichen Mode und Popmusik ist das Thema eines Onlineartikels von «SRF Kultur» vom 25. März 2022. Ein Beanstander kritisiert den Artikel als unausgewogen. Nebst der Vertreterin des Vereins «Diversum» hätte er sich eine Gegenstimme sowie eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema gewünscht. Die Ombudsstelle sieht keinen Verstoss gegen programmrechtliche Bestimmungen.

Unter «Kultureller Aneignung» wird die Übernahme eines Bestandteils einer Kultur von Träger:innen einer anderen Kultur bezeichnet. Aktueller Aufhänger für den Online-Artikel – und den dazugehörigen Radiobeitrag von «Kultur-Aktualität» vom 24. März 2022 – war das «M4Music»-Festival, das am 24. und 25. März 2022 in Zürich stattgefunden hat. An diesem leitete Melanie Zwahlen, Sozialarbeiterin und Mitglied von «Diversum – Verein für rassismuskritisches Denken» einen Workshop zum Thema kulturelle Aneignung. Zur gleichen Zeit sagte «Friday for Future» ein Konzert der deutschen Musikerin Ronja Maltzahn wegen ihrer Dreadlocks ab.

Beanstander kritisiert «Cancel Culture»

Der beanstandete Artikel sei eindimensional dem Opfernarrativ verpflichtet, moniert der Beanstander. Er findet es problematisch, dass Untaten aus der Vergangenheit herangezogen und individuelle Handlungen im Hier und Jetzt moralisch und inquisitorisch beurteilt würden. Anstelle die ideologisch motivierte «Cancel Culture» kritisch zu hinterfragen, habe man eine einseitige und parteiische Expertin zum Thema zu Wort kommen lassen.

Verschiedene Facetten in verschiedenen Beiträgen

Für die verantwortliche Redaktion ist das Thema «Kulturelle Aneignung» nebst der Debatte um Musikerin Ronja Maltzahn besonders aktuell, weil sich zurzeit Kunsthäuser und ethnologische Museen in ganz Europa Fragen zur Dekolonialisierung stellten. Die Redaktion habe sich entschieden, auf das schweizweit relevante Festival «M4Music» hinzuweisen. Der Fokus der Beiträge habe auf der Vorschau auf das Festival und dem Workshop gelegen. Deshalb habe man die Co-Leiterin des Workshops zu Wort kommen lassen. Der Online-Beitrag erkläre mit aktuellen und historischen Beispielen aus Mode und Musik, was «Kulturelle Aneignung» bedeute. Anschliessend stelle Melanie Zwahlen der «Kulturellen Aneignung» das Konzept der «Kulturellen Wertschätzung» gegenüber. Dieses bejahe den kulturellen Austausch unter Rücksichtnahme auf Minderheiten.

Der Redaktion sei bewusst, dass kulturelle Aneignung ein komplexes und kontrovers diskutiertes Thema sei. SRF bemühe sich, das Thema insgesamt ausgewogen und in allen Facetten darzustellen. Dazu verweist die Redaktion auf frühere Beiträge von SRF zum Thema.

Ausgewogenheit in der Gesamtheit der Beiträge erforderlich

Die Ombudsleute stellen fest, dass der beanstandete Beitrag nicht neutral, sondern aus einer kritisch hinterfragenden Perspektive gegenüber dem Konzept der kulturellen Aneignung gehalten sei. Seit Jahren würden Kulturressorts nicht mehr reine Berichterstattungen produzieren, sondern oft gesellschaftliche Diskussionen über politische Entwicklungen, soziale Probleme oder kulturelle Veränderungen aufnehmen.

So habe der kritisierte Beitrag nicht einfach über das Festival berichtet, sondern den Workshop zum Anlass genommen, um über die nicht unumstrittene «Kulturelle Aneignung» zu berichten. Dass dabei die befürwortende Perspektive eingenommen worden sei, erachten die Ombudsleute in einer Kultursendung bzw. in einem Kulturbeitrag als legitim. SRF habe in anderen Beiträgen bereits die gegnerische Seite beleuchtet.

Beiträge müssten nur vor Abstimmungen und Wahlen in sich ausgewogen sein, erklären die Ombudsleute. In allen anderen Fällen erlaube die Programmfreiheit, einmal diesen und einmal einen anderen Aspekt zu betonen. Die Ombudsleute sehen daher keinen Verstoss gegen das Radio- und Fernsehgesetz RTVG.

Text: SRG.D/dl

Bild: SRG.D/Illustration Cleverclip

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