Zu viele Emotionen in der «Rundschau» über Windräder?
Die «Rundschau» vom 12. Oktober 2022 beschäftigte sich mit dem Widerstand gegen Windräder. Zehn Beanstander:innen sehen im Beitrag die Sachgerechtigkeit verletzt. Es hätten wesentliche Informationen gefehlt, das Publikum habe sich kein differenziertes Bild verschaffen können. Die Ombudsleute hingegen sehen keinen Verstoss gegen das Radio- und Fernsehgesetz.
Die meisten der Beanstander:innen kritisieren dasselbe: Der «Rundschau»-Beitrag sei einseitig, oberflächlich und lückenhaft gewesen. Kritiker seien im Beitrag pauschal als «Verhinderer» von Windkraftanlagen dargestellt worden. Wesentliche sachliche Argumente aus der Informationsveranstaltung in der Thurgauer Gemeinde Amlikon-Bissegg hätten gefehlt. So zum Beispiel der Hinweis, dass die Gemeinde eine Petition an den Regierungsrat eingereicht habe, um über die drei geplanten Windturbinen an ihrer Gemeindegrenze abstimmen zu können. Von der Informationsveranstaltung habe man jedoch nur emotionale Wortmeldungen aus dem Publikum gezeigt. Hingegen habe man aus dem Dorf La Peuchapatte nur positive Stimmen aus der Bevölkerung gebracht. Die Zuschauer:innen hätten sich so kein differenziertes Bild verschaffen können.
Emotionalen Diskurs aufgezeigt
Windkraftprojekte würden fast überall jahrelang durch Einsprachen verzögert, schreibt die «Rundschau»-Redaktion in ihrer Stellungnahme. In der Herbstsession hätten Parlamentarier:innen deshalb darüber diskutiert, wie man die langwierigen Verfahren beschleunigen könnte. Darum habe man im Beitrag den Fokus auf eine Organisation gelegt, die landesweit den Widerstand gegen Windkraftprojekte unterstützt.
Der «Rundschau»-Beitrag solle mit einem Streifzug durch die Schweiz aufzeigen, wie emotionalisiert das Thema Windenergie in der Schweiz sei und wie sich Windturbinen-Gegner:innen organisierten, erklärt die Redaktion. Der Hauptfokus habe nicht auf den Windanlagen an der Gemeindegrenze zu Amlikon-Bissegg gelegen. Auch sei es nicht um Details der dort geplanten Windturbinen gegangen. Andere Sendungen, etwa «Schweiz aktuell» vom 5. Oktober 2022, hätten ausführlich über das Projekt «Windpark Thundorf» und das Pro und Contra berichtet.
Die Gemeinde Amlikon-Bissegg sei im «Rundschau»-Beitrag lediglich als Beispiel für die emotionale Debatte rund um Windturbinen in der Schweiz gezeigt worden, so die Redaktion. Bei ihrem Besuch in der Gemeinde La Peuchapatte hätten die Journalist:innen keine Person interviewen können, die sich negativ zu den im Dorf existierenden Windturbinen geäussert habe. Allerdings habe eine Strassenumfrage keinen Anspruch auf Vollständigkeit, räumt die Redaktion ein. Sie zeige in diesem Fall lediglich, dass einige Anwohner:innen offenbar gut mit den Turbinen lebten. Die beiden gewählten Dörfer seien Beispiele, sie deckten nicht das gesamte Meinungsspektrum in der Schweiz ab, hält die «Rundschau»-Redaktion fest. Die Redaktion ist überzeugt, einen sachgerechten Beitrag für die anstehenden Debatten geliefert zu haben.
Verkürzungen sind legitim
Die Beanstandungen zeigten exemplarisch, wie emotional das Thema Windenergie in der Schweiz aufgefasst werde, schreiben die Ombudsleute in ihrem Schlussbericht. Die «Rundschau» habe keinen Beitrag über das Thema Windkraft an sich gedreht, sondern die Emotionalität dazu zum Thema gemacht. Dafür habe man Statements von Betroffenen in zwei verschiedenen Gemeinden eingeholt. Man hätte sicher auch in der Thurgauer Gemeinde Amlikon-Bissegg positive Stimmen und in der Jurassischen Gemeinde Le Peuchapatte negative Stimmen finden können, sind die Ombudsleute überzeugt. Es sei jedoch legitim, die Schattierungen in den beiden Gemeinden nicht vorzunehmen. Denn es sei im Stimmungsbericht der «Rundschau» darum gegangen, die negative bzw. positive Stimmung vor und nach dem Bau einer Windkraftanlage zu zeigen. Auch die verkürzende Darstellung der Petition der Gemeinde Amlikon-Bissegg ist nach Ansicht der Ombudsleute zulässig. Die Unterschriftensammlung verfolge letztlich das Ziel, die Windturbinen nahe der Gemeinde zu verhindern.
Umstrittene Visualisierungen
Nicht als einzelne Betroffenheitsstimme, sondern als Organisation kommt der Verband «Freie Landschaft Schweiz» im Beitrag zu Wort. Eine Windenergiebefürworterin wirft ihm im Beitrag vor, Stimmung gegen die Windräder zu machen. Dagegen wehrten sich Vertreter der Organisation mit Beanstandungen. Allerdings räumt die Organisation im Beitrag selbst ein, dass sie «spekulative Visualisierungen» von Windparks benutze. Zum Beispiel auf der Albiskette, auf der gemäss dem Züricher Energiedirektor gar kein Windkraftstandort geplant ist. Auch wenn der Verband sich bei anderen Windparkprojekten auf realistische Visualisierungen stütze, dürfe man ihm deshalb zu Recht «Stimmungsmache» gegen Windturbinen vorwerfen.
Die Ombudsleute kommen zum Schluss, der «Rundschau»-Beitrag sei sachgerecht gewesen. Entscheidend für die Sachgerechtigkeit sei, dass sich das Publikum eine eigene Meinung bilden könne. Dies sei im beanstandeten Beitrag eingehalten worden.
«Rundschau» vom 12. Oktober 2022:
«Rundschau» vom 12. Oktober 2022:
Beitrag «Kampf um Windräder: Gegner machen mobil» (Timecode 37:02)
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